Dass die Landwirtschaft noch immer die treibende Kraft ist in der Gemeinde im Norden der Insel, erkennt man auf Anhieb, wenn man den Ort nicht links liegen lässt, wie es die meisten Touristen tun. Sehenswürdigkeiten sucht man vergebens in Sa Pobla, dafür reichen die Äcker bis an die Landstraße, auf der die Traktoren breite Lehmspuren hinterlassen haben. Mannshoher Mais versperrt die Sicht über das hier platte, und dadurch für die Landwirtschaft gut geeignete Land. Vor einer riesigen Lagerhalle türmen sich die Holzpaletten.
Etwa 50 Landwirte gibt es noch in Sa Pobla, die meisten von ihnen widmen sich im großen Stil dem Anbau von Kartoffeln. Und das vor allem aus einem Grund: Der Export der Knollen ist ein gutes Geschäft. Das belegt die offizielle Statistik. Derzufolge ist die Kartoffel eines der erfolgreichsten Exportgüter Mallorcas. Fast zwölf Millionen Euro betrug der Wert der im Jahr 2019 exportierten Menge – nur wenige Einzelposten weisen eine noch höhere Summe aus.
„Die Kartoffel gehört ganz klar zu den Top-Produkten der mallorquinischen Bauern”, sagt Joan Simonet, Vorsitzender des hiesigen Landwirteverbandes. Lediglich Wein und Olivenöl würde er noch etwas höher ansiedeln in ihrer Bedeutung für den Agrarsektor der Insel. Dass dieser Erfolgsgeschichten schreibt, kommt nicht allzu oft vor. Zu prekär ist die Lage vieler Landwirte angesichts hoher Kosten und niedriger Preise. Da dann auch noch der Klimawandel und immer neue bürokratische Hürden dazukommen, ist die Branche eigentlich in der Dauerkrise.
Insbesondere die hohen Produktionskosten, die die Insellage mit sich bringt, erschweren die Situation der Landwirte. Der begrenzte Grund und Boden sowie der Transport übers Meer verteuern die Erzeugnisse. Dass dennoch auf Mallorca ansässige Produzenten im internationalen Wettbewerb mithalten können, wie es den mallorquinischen Kartoffelbauern seit vielen Jahren gelingt, ist eher die Ausnahme.
Das Geschäft mit den Kartoffeln kennt kaum jemand so gut, wie Joan Mateu, Geschäftsführer des Unternehmens Mateu Export. Ein Laster nach dem anderen rollt in diesen Tagen vollbeladen mit Kartoffeln von dem Gelände der etwas außerhalb Sa Poblas gelegenen Firma, die sich dem Export von Kartoffeln widmet. Kaum einmal steht Mateus Telefon still: Ganz nebenbei wickelt er einen Deal nach dem anderen ab – in nahezu perfektem Englisch.
„Seit 1978 bin ich in diesem Geschäft”, sagt Mateu, der einer alteingesessenen Bauernfamilie entstammt. Sein Großvater hatte die Mitgliedsnummer 1 der örtlichen Agrarkooperative, sagt er, ohne seinen Stolz zu verhehlen. Als
22-Jähriger begann Mateu Ende der 1970er Jahre bei einer Exportfirma zu arbeiten. Zehn Jahre lang verbrachte er in jedem Sommer zwei Monate in London – daher seine Sprachkenntnisse, die im mallorquinischen Agrarsektor weitgehend einzigartig sein dürften.
Etwa ein Dutzend Kartoffelsorten werden derzeit in Sa Pobla angebaut, sagt er – von mehlig bis festkochend. Sie tragen so klangvolle Namen wie Lady Christl, Maris Peer, Soprano und Daifla. Allein die in der in Sa Pobla ansässigen Kooperative Esplet zusammengeschlossenen Landwirte bauen Kartoffeln auf einer Fläche von 400 Hektar an. Laut dem balearischen Landwirtschaftsministerium lag die Gesamt-ernte in den Jahren vor Corona bei jeweils etwa 50.000 Tonnen.
Die Pandemie traf den Sektor dann schwer – im Jahr 2021 vernichteten die Landwirte gar 3200 Tonnen Kartoffeln, die nicht exportiert werden konnten. Die Nachfrage auf dem heimischen Markt reichte nicht aus, um die produzierte Menge zu vernünftigen Preisen verkaufen zu können. Tatsächlich gehört die Kartoffel zu den beiden landwirtschaftlichen Erzeugnissen Mallorcas, bei denen die Nachfrage auf der Insel ohne Importe gedeckt werden könnte, wie eine Studie des balearischen Landwirtschaftsministeriums kürzlich ergab (das andere: Trockenfrüchte).
„Bis vor 20 Jahren noch gingen 100 Prozent unserer Exporte nach Großbritannien”, sagt Mateu. Seitdem hat sich der Sektor diversifiziert. Derzeit mache der Export ins Vereinigte Königreich noch 25 Prozent aus. Der Rest gehe nach Skandinavien, Osteuropa, in die Benelux-Staaten und nach Deutschland. Der Tatsache, dass man nun breiter aufgestellt und nicht mehr allein vom britischen Markt abhängig ist, ist es auch zu verdanken, dass Mallorcas Kartoffelbauern den Brexit einigermaßen unbeschadet überstanden haben. Anfangs habe es zwar durchaus Probleme gegeben und die Abwicklung der Transporte erfordere nach wie vor großen logistischen Aufwand. Letztendlich aber habe der Sektor diese Phase heil überstanden.
Ganz im Gegensatz zu dem schweren Wintersturm Juliette Ende Februar, der Teile der Kartoffelernte zerstört hat. Wie sich das auf das diesjährige Gesamtergebnis auswirke, sei noch nicht genau zu beziffern, sagt Mateu. Unstrittig aber ist, dass die zunehmenden Extremwetterereignisse auch die Kartoffelbauern vor Probleme stellen. „Der Klimawandel bedeutet aber auch neue Chancen”, sagt er. So ermöglichten etwa die steigenden Temperaturen einen immer früheren Beginn der Ernte. Während diese ursprünglich Anfang Mai losging, startet sie mittlerweile schon am 1. März. Die Landwirte forcierten diesen Wandel noch, indem sie eigens neue Sorten besonders früher Kartoffeln einführten.
Und das hat einen Grund: Die mallorquinischen Knollen sind in Nord- und Mitteleuropa so gefragt, weil diese früher reif sind, als alle anderen in der EU, wie Bauernpräsident Joan Simonet erklärt: „Unsere Kartoffeln sind die ersten des Jahres.” Wenn in Großbritannien also die Vorräte aus dem Vorjahr zur Neige gehen, können Mallorcas Landwirte bereits neue Kartoffeln anbieten. Damit auch ja kein Brite ohne Fish&Chips auskommen muss.
1 Kommentar
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Also super und Klasse. -->> Solange nämlich statt Kartoffeln KEINE PV-Platten angebaut werden und die Insel dann umgekehrt Kortoffeln von weiß der Teufel woher importieren muss. Wetten, dass die Profiteure längst verlockende Angebote und ihre Pläne fertig in der Schublade haben? Ist zu hoffen, dass sich die neue Regierung hier nicht hinter die Fichte führen lässt, wenn es um Genehmigungen geht?? Merke und Fakt = Mallorca braucht das alles nicht, denn vom Festland werden die Inseln ausreichend mit grünem Strom aus Wasserkraft über das Seekabel versorgt. Ein Zweites kann doch auch verlegt werden, um das Image nicht durch Propeller zu verschandeln. dto, eine Gaspipeline Nr. 2. Fazit = Diese Alternativen sind wahrscheinlich auch nicht teurer und vor allem umweltgerecht. Die Einnahmen fliessen dann in die Staatskasse und die Profiteure gehen dann leer aus. Drum prüfe wer sich ewig bindet. Gelle ??