Die Internationale Union zur Bewahrung der Natur führt die Posidonia oceanica seit vielen Jahren auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, wenn auch nur unter der geringsten Gefährdungsstufe. Im Bericht „Informe Mar Balear” der Stiftung Marilles wiederum heißt es: „Die Seegraswiesen der Posidonia befinden sich im gesamten Mittelmeer in einem alarmierenden Rückgang.” Dabei beruft sie sich allerdings auf Studien, die bereits etwas älter sind.
Zustand der Vorkommen "grundsätzlich gut"
Um den tatsächlichen Zustand der Posidonia-Seegraswiesen auf den Balearen beurteilen zu können, muss man differenzieren. Das tut zum Beispiel Marcial Bardolet, der beim balearischen Umweltministerium für die Kontrollen ankernder Boote zuständig ist, die als eine der Hauptgefahren für das Neptungras gelten. „Grundsätzlich ist der Zustand der Posidonia-Vorkommen gut”, sagt er. „Allerdings gibt es Ausnahmen.” Dazu gehöre die Bucht von Palma. Hier spielten vor allem die Wasserverschmutzung durch den Hafen und die Einleitung von Abwasser eine Rolle. Sorge bereitet ihm allerdings vor allem der Klimawandel.
Das sieht auch Raquel Vaquer-Sunyer so, die Koordinatorin des Berichtes „Informe Mar Balear” der Stiftung Marilles. „Der Anstieg der Meerestemperatur ist die derzeit größte Bedrohung für die Posidonia-Vorkommen.” Studien hätten mittlerweile gezeigt, dass der Klimawandel direkte Auswirkungen hat. So kam es in den vergangenen, besonders heißen Sommern zu intensiven Blütephasen der Posidonia. Die steigenden Meerestemperaturen führten aber auch dazu, dass sich andere Arten, die ursprünglich nicht im Mittelmeer heimisch sind und höhere Temperaturen besser vertragen, leichter ausbreiten können. Auch die Bauaktivität an der Küste trage zum Rückgang der Posidonia-Vorkommen bei, sagt sie. Dabei seien insbesondere Hafenerweiterungen zu nennen.
Auf europäischer Ebene stehen die Posidonia-Wiesen als sogenannter „prioritärer Lebensraum” unter Schutz. Auch der spanische Staat schützt die Neptungras-Vorkommen per Gesetz. Dazu kommt das balearische Posidonia-Dekret von 2018, das unter anderem das Ankern von Booten, die Schleppnetzfischerei, die Einleitung von Schmutzwasser und Bauprojekte an der Küste als Faktoren nennt, die den Erhalt des empfindlichen Neptungrases gefährden.
Auch Meeresforscher zufrieden
Neben dem Meeresforschungsinstitut Imedea befasst man sich auch beim Ozeanografischen Institut mit dem Zustand der Posidonia-Seegraswiesen. Dort fasst man die Lage folgendermaßen zusammen: „Nach den vorliegenden Informationen befinden sich auf den Balearen weite Teile des Lebensraums der Posidonia in einem guten Entwicklungs- und Erhaltungszustand, aber in den Gebieten, in denen sich die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten häufen, wurden erhebliche Veränderungen des Erhaltungszustands festgestellt, die sich in einer Verringerung der vom Lebensraum eingenommenen Fläche des Meeresbodens niederschlagen.”
Auf den Balearen gebe es mehrere Ursachen für diese Verschlechterung. Zu nennen seien vor allem die Einleitung von Abwässern, das Ankern von Schiffen und Hafeninfrastrukturen. „Es ist zu bedenken, dass die Verschlechterung und der Verlust dieses wichtigen Lebensraums das Funktionieren des marinen Küstenökosystems, seine Ressourcen und seine Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel beeinträchtigen. Es ist daher wichtig, dass die verschiedenen Verwaltungen und sozioökonomischen Sektoren ihre Bemühungen auf die Verringerung oder Beseitigung dieser Belastungen konzentrieren, um die Erholung der Seegraswiesen und ihrer Ökosystemleistungen zu fördern.”
Und auch der Jahresbericht des balearischen Umweltministeriums liest sich schon gar nicht mehr so uneingeschränkt positiv, wenn man ihn sich nur etwas genauer ansieht. 26 der überwachten Posidonia-Vorkommen befänden sich in einem mangelhaften oder schlechten Zustand (39 Prozent), heißt es dort. 40 dagegen in einem mäßigen bis sehr guten Erhaltungszustand (61 Prozent). Für Entwarnung ist es also ganz gewiss zu früh.
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