Zweimal am Tag fährt Tomeu Torres hinaus auf seinen Acker und füttert seine Schweineherde. | Jonas Martiny

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Kaum biegt Tomeu Torres mit seinem gelben Lieferwagen um die Ecke, da setzt sich die ganze Schweineherde in Bewegung. Selbst die fettesten Säue galoppieren sogleich in Richtung Zufahrt, die noch spindeldürren Ferkel hintendrein. Etwa 20 schwarze Schweine leben auf dem von Trockensteinmauern eingefassten Acker bei Sineu – in Freilandhaltung unter Mandelbäumen. Tomeu Torres kommt an diesem Nachmittag vorbei, um ihnen eine ihrer zwei täglichen Rationen Hafer und Saubohnen zu bringen. Während er die ersten Eimer aus dem Kofferraum lädt, reibt sich eine dicke Sau genüsslich an der Stoßstange, sodass der Wagen bedenklich hin und her wankt.

„Es sind wirklich gutmütige Tiere”, sagt Torres. Zum Beweis greift er sich eines der Ferkel, das gleich laut zu quieken anfängt. Die Muttersau aber blickt nur einmal kurz auf und wühlt dann weiter genüsslich mit ihrem Rüssel im Morast. „Mich hat noch nie eines der Schweine gebissen”, sagt Torres. Und das will etwas heißen. Denn der 71-jährige Ehrenpräsident der Bauerngewerkschaft Unió de Pagesos hat sein Leben lang mit Schweinen zu tun gehabt. Viele Jahre lang war er als Verwalter auf einem Landgut in Lloret de Vistalegre tätig. Vor allem aber ist es in erster Linie ihm zu verdanken, dass es heute überhaupt noch schwarze Schweine gibt auf Mallorca: In den frühen 1990er Jahren gründete er den Züchterverband Ramaders de Porc Negre, dessen Vorsitzender er bis heute ist.

Der 71-jährige Schweinzüchter Tomeu Torres mit Ferkel.
Der Schweinezüchter Tomeu Torres mit Ferkel. Foto: jm

„Damals waren nur noch vier oder fünf Bauern übrig, die schwarze Schweine hielten”, sagt er. Etwa 200 Säue gab es noch, verteilt auf eine Vielzahl kleiner Betriebe. „Die Gefahr, dass irgendwann überhaupt keine Tiere mehr übrig sein würden, war damals sehr real”, sagt er. Auf Mallorcas Nachbarinseln beispielsweise ist das schwarze Schwein vollständig ausgestorben. Der Grund war zum einen der Wandel in den Essgewohnheiten, nicht nur in Spanien, sondern in ganz Europa: Schweineschmalz kam aus der Mode und wurde zunehmend durch pflanzliche Öle ersetzt. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach Schweinefleisch. Da das mallorquinische schwarze Schwein jedoch vor allem Fett und relativ wenig Fleisch produziert, setzten immer mehr Züchter auf andere Rassen. Dazu kam auch noch die afrikanische Schweinepest, wegen der auf der Insel Hunderte Tiere notgeschlachtet werden mussten.

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„Das schwarze Schwein hat den Vorteil, dass es perfekt an die auf der Insel herrschenden Gegebenheiten angepasst ist”, sagt Torres. „Im Laufe von Jahrtausenden hat sich die Rasse an die klimatischen Bedingungen Mallorcas gewöhnt.” Außerdem geben sich die Tiere damit zufrieden, was die Natur hervorbringt: Traditionell fressen sie vor allem Feigen und Kaktusfeigen – Früchte also, die es auf jedem mallorquinischen Bauernhof im Überfluss gibt. Auch Johannisbrot galt lange als Schweinefraß, auch wenn dieses zum Mästen nicht tauge, wie Torres sagt. Im Gegensatz zu Mastschweinen in der Massentierhaltung ist kein Kraftfutter nötig. Die Ferkel behält Torres bis sie knapp vier Monate alt sind. Dann haben sie die richtige Größe, um als Spanferkel im Ofen zu enden. Die Säue werden bis zu fünf Jahre alt. Dann sind sie nicht mehr rentabel.

Die charakteristischen Eigenschaften des mallorquinischen Porc Negre sind die schwarze Farbe, die nach vorne hängenden Schlappohren und die beiden Hautlappen am Hals. Der erwähnte Hang zur Fettleibigkeit führt dazu, dass das Fleisch von Fett durchzogen und besonders saftig ist. „Es war dennoch schwierig, den Leuten zu vermitteln, dass die Rasse besser ist als das normale Hausschwein.” Denn dieses pflanze sich schneller fort, wachse rascher und sei damit besser für die Massentierhaltung geeignet. Mallorcas Porc Negre dagegen wird bis heute ausschließlich in Freilandhaltung gezüchtet. Für intensive Zucht lohnt sich das schwarze Schwein nicht, die Säue werfen lediglich zweimal im Jahr bis zu acht Ferkel – deutlich weniger als andere Rassen. „Es war ein langer Kampf”, sagt Torres, der jahrelang auf den Bauernmärkten der Insel unterwegs gewesen ist, um dort die Vorzüge der mallorquinischen Schweine bekannter zu machen. Generationen von Mallorquinern konnten dort als Kinder zum ersten Mal ein lebendes Ferkel auf den Arm nehmen.

Heute bemüht sich auch die Balearen-Regierung um das schwarze Schwein. So gibt es seit dem Jahr 2012 ein Programm zur Bewahrung und Verbesserung der Rasse des Porc Negre. Dieses schreibt die Zuchtregeln vor, die bis zu dreimal im Jahr von Kontrolleuren überwacht werden. Zu dem Zweck trägt jedes Tier eine Nummer im Ohr. Im Stammbuch sind alle Zuchteber und -säue eingetragen, was die Einhaltung der Kreuzungsregeln ermöglicht. Ziel ist es, die genetische Variabilität zu erhöhen und die Blutsverwandtschaft zu reduzieren. So sollen etwa pro Jahr maximal zwei Ferkel pro Geschlecht und Sau am Leben bleiben. Außerdem wird der Austausch von Ebern zwischen den einzelnen Zuchtbetrieben gefördert.

Die Bemühungen zeigen Wirkung. Von den etwa 9000 Zuchtsäuen auf den Inseln gehören heute 1300 zur mallorquinischen Rasse. Die Zahl der Zuchtbetriebe ist mit knapp 60 seit Jahren stabil. Der Höhepunkt für jeden mallorquinischen Schweinezüchter ist übrigens der große Herbstmarkt in Inca, der Dijous Bo. Dann wird stets das schönste schwarze Schwein des Jahres gekürt. Auch dort sind die Tiere von Tomeu Torres meist ganz vorne mit dabei.