Die Teilnehmer der Plattform Menys turisme, més vida (Weniger Tourismus, mehr Lebensqualität) trauten der konservativ geführten Landesregierung schlicht nicht über den Weg, zitierte am Dienstag die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" Ramis. Diese hatte nach der Mai-Demonstration kleinlaut eingestanden, dass die Inselgruppe in Sachen Tourismus an ihre Grenzen gestoßen sei. Wenige Wochen später setzte Regierungschefin Marga Prohens (Volkspartei PP) diverse Expertengremien in Gang, die Vorschläge zur Neuausrichtung der Urlaubsindustrie ausarbeiten sollen.
Seither spricht die balearischen Landesregierung gerne von einem "großen Sozialpakt", an dem nicht nur Politiker und Wirtschaftsbosse beteiligt sein sollen, sondern auch Kulturschaffende und Gewerkschaften. Prohens wiederholte am Dienstag, dass es mit ihr keine "überstürzten Sofortmaßnahmen" geben werde. Vielmehr setze sie auf "eine seriöse Bestandsaufnahme", die aus Ausgangspunkt für alle weiteren Maßnahmen dienen soll. Sie sei sich durchaus bewusst, dass die Masse an Touristen bei vielen Menschen auf wenig Gegenliebe stoße, sagte Prohens.
Bei den Aktivisten wittert man indes eine gezielte, von der Landesregierung gesteuerte Kampagne, die zum Ziel habe, den Demonstranten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dem eingesetzten runden Tisch für einen Nachhaltigkeitspakt schenke man "null Vertrauen", sagte GOB-Sprecherin Ramis. Stattdessen fordern die teilnehmenden Gruppierungen, die übergeordnete Plattform Menys turisme, més vida spricht von bis zu 80 Organisationen und Initiativen, sofortige Maßnahmen, mit denen der Overtourism langfristig in geordnete Bahnen geleitet werden könne. "Aber wir ahnen schon, wohin der Zug gehen soll", äußerte sich Ramis skeptisch.
Rückblickend auf den vergangenen Sonntag zeigte sich die GOB-Aktivistin zufrieden. Mehrere der gesteckten Ziele, die mit der Großdemonstration angestrebt worden seien, hätte man erreicht. Dazu zählten das immense Medieninteresse aus dem In- und Ausland. Ramis zufolge habe man zahllose Interviews mit Pressevertretern aus aller Welt geführt. "Eine deutsche Journalistin hat uns gefragt, was wir uns von den Urlaubern aus Deutschland wünschen", so Ramis. Worauf sie geantwortet habe: "Dass sie unser Anliegen auf Mallorca verstehen."
Vonseiten der Wirtschaft wird den Aktivisten gerne vorgeworfen, leichtfertig mit tausenden von Arbeitsplätzen zu spielen. Schließlich stamme ein großer Anteil des erwirtschafteten Bruttosozialprodukts aus der Urlaubsbranche. Dies wollte ein Sprecher der spanischen Großgewerkschaft CCOO am Dienstag so nicht stehen lassen. "Immer wieder neue Rekorde bei den Fluggastzahlen und Übernachtungen spiegeln sich nicht in besseren Arbeitsbedingungen oder gar einer höheren Lebensqualität der Angestellten wider", sagte ein Gewerkschaftssprecher gegenüber der MM-Schwesterzeitung.
Im Gegenteil, stetig steigende Mieten und Lebenshaltungskosten auf Mallorca führten mittlerweile zu einem akuten Arbeitskräftemangel in der Urlaubsindustrie. Arbeitswillige vom spanischen Festland, aber auch aus nordeuropäischen Ländern würden es sich zweimal überlegen, einen Job auf den Inseln anzunehmen. Die Leidtragenden des Mangels an Arbeitnehmern seien die Mitarbeiter in Hotels und Gastronomie, so der CCOO-Sprecher: zahlreiche Überstunden, zumeist unbezahlt, und eine damit einhergehende höhere Wahrscheinlichkeit, aufgrund von Übermüdung und fehlender Pausen einen Arbeitsunfall zu erleiden.
4 Kommentare
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wenn 3/4 der 16-24 jährigen dennoch kommen wollen muss man sich fragen, ob dass die Zielgruppe ist , die man sich wünscht. Die 50% der 25-35 jährige. täten da schon eher weh , dass sind größtenteils die Leute die mehr Geld ausleben und seltener wegen schlechtem Benehmen auffallen. Um den Blick auch einmal in die andere Richtung zu lenken es gibt auch viele jugendliche Festland Spanier, die für 30-40 Euro am WE zum Party machen auf die Insel fliegen. Auch diese Gruppen fallen oft negativ auf, ich erinnere hier an die Botellones besonders während und nach der Pandemie. Es sind nicht immer die Deutschen und Engländer, jedenfalls nicht nur
Nochwas = Da wird beklagt, dass es keine Wohnungen gibt. Die Presse und Medien in DE nehmen das leider genaus so auf. Aber WER findet denn keine Wohnung? -->> Das betrifft "doch nur Arbeitskräfte", die gar keine Mallorquiner sind. Denn die Einheimischen wohnen ja immer schon auf der Insel und haben kein Problem. Einige haben viel Geld mit dem Verkauf von Grundstücken verdient. Absolut Scheinheilig wäre es, wenn sie an der Demo teilnehmen. Denn ihre ehem. Grundstücke sind ja längst bebaut und Teil und Ursache des Problems. Ebenso sind die Residenten aus aller Herren Länder, auch Spanien, Teil des Problems. Sie begreifen es nur nicht, dass sie auch zur "Masse" gehören, die z.B. auch mit ihren Autos ebenso Palma fluten, im Stau stehen wie die Mietwagen. Denn viele wohnen ja auserhalb der Stadt, Dörfer und Märkte.
Presse Fundsache, Zitat auszugsweise = "Aber wie stehen eigentlich die betroffenen Urlauber zu den Demonstrationen? Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Versicherungsunternehmens HanseMerkur, das in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Appinio rund 1.000 Deutsche zu diesem Thema befragt hat. Demnach überlegt ein Drittel der Befragten, von Massentourismus betroffene Reiseziele künftig zu meiden, wie es in der Pressemitteilung von HanseMerkur heißt. Ein weiteres Drittel habe zumindest ein "mulmiges Gefühl" bei Reisen in die Gebiete. Besonders bei den 25- bis 34-jährigen Teilnehmern der Umfrage scheint ein Bewusstsein für die Folgen des Massentourismus eingesetzt zu haben. Von dieser Gruppe gab mit 47,7 Prozent fast die Hälfte an, wegen der Proteste künftig andere Urlaubsziele in Betracht ziehen zu wollen. Bei den 16- bis 24-Jährigen war es hingegen nur ein Viertel." Quelle t-online = Nach Protesten Massentourismus-Frust: Urlaub mit mulmigem Gefühl? Von t-online, Aktualisiert am 21.07.2024 - 07:34 Uhr
Wenn "The Telegraph" in GB Mallorca als die touristenfeindlichste Destination ausweist will das schon was heißen. Je mehr ich mich mit der Thematik beschäftige desto mehr bekomme ich den Eindruck, dass gar nicht die "Urlauberströme" verantwortlich für die Misere sind. Ein Mindestlohn von 37,80 Euro (pro Tag!)...ich bin zeitweise sprachlos. So gesehen ist der erhöhte Druck jetzt sicherlich gerechtfertigt aber er sollte sich in erster Linie an die Politik und nicht an die Touristen richten. Und noch was: es könnte sein, dass durch die immer heftigeren Temperaturen die Monate Juli/August ohnehin in wenigen Jahren deutlich weniger Touristen anreisen werden. Sorgfältiges Abwägen der Maßnahmen in die richtige Richtung sollte die "Marschrichtung" vorgeben!