Als Oriol Ducable nach der Schule Nautik studierte, da war das erstmal nicht verwunderlich - schließlich war schon sein Vater zur See gefahren. Der Sohn wollte in seine Fußstapfen treten. "Ich liebe das Meer und den Wind. Und ich liebe es, auf dem Wasser zu sein", erzählt Ducable. Dementsprechend groß war die Freude, als es endlich an den Praxisteil des Studiums ging. Den verbrachte er als junger Mann auf einem Containerschiff, das vor allem Thunfischkonserven von den Seychellen nach Galicien transportierte. "Das war dann doch nicht das, was ich wollte", erinnert er sich heute.
Die Stimmung an Bord sei kühl gewesen, es gab viel Arbeit und selbst nach einem Zusammenstoß mit einem anderen Schiff am 30. Dezember 2000, kurz vor Silvester, gönnte man der Crew keine Pause, sondern schickte Sie noch vor Neujahr wieder raus aufs Meer. Ein Jahr blieb Oriol Ducable auf dem Koloss, danach tauschte er das Containerschiff gegen ein Segelboot ein. Gleich fünf Mal überquerte er zusammen mit einer Gruppe Fremder und seinem Freund Antonio "Robinson" Doria den Atlantik. "Einmal sind wir mit acht Urlaubern von Mallorca aus in die Karibik gesegelt. 20 Tage nur das Boot, das Wasser und wir. Das war großartig", erinnert sich Ducable, zumal die Menschen so weit draußen auf dem Meer immer "echter" geworden seien, ihre Geschichten immer persönlicher.
Nach fünf Jahren wurde ihm das Leben auf dem Meer dennoch zu unruhig. Oriol Ducable sehnte sich nach mehr Stabilität und fand diese auf Mallorca. In Montuïri mietete er sich eine Finca, während er in Palma ökologische Landwirtschaft studierte. "Ich bin sehr naturverbunden und liebe die Elemente. Das Wasser und den Wind kannte ich schon, da wurde es Zeit, sich der Erde zu widmen", sagt er lächelnd. Wieder blieb er fünf Jahre, studierte, kümmerte sich um Hof und Tiere auf der Finca, auf der er lebte, und arbeitete in einer Kooperative für nachhaltige Landwirtschaft mit dem Ziel, die eigens hergestellten Produkte besser zu vermarkten.
Das Ende seiner damaligen Beziehung brachte fünf Jahre später den Aufbruch. Ohne Ziel, nur auf der Suche nach etwas, von dem er nicht wusste was es war, setzte sich Oriol Ducable ins Auto und fuhr los. Die Fahrt endete in Katalonien. Dort widmete er sich einer mehrtägigen buddhistischen Vipassana-Meditation. "Das bedeutet unterm Strich: zehn Tage lang jeden Tag zehn Stunden Meditation", erklärt er.
Die Erleuchtung blieb aus, Oriol Ducable suchte weiter. Und bekam eine E-Mail. "Das war Werbung für einen Brotbackkurs. Keine Ahnung, warum ich die bekommen habe. Vielleicht, weil ich in dieser Kooperative gearbeitet hatte", vermutet Ducable. Die Idee gefiel ihm, aber Geld für den Kurs hatte er nicht. So vereinbarte er mit dem Inhaber der Finca, auf der der Backkurs stattfinden sollte, einen Deal: "Hand gegen Brot". Ducable bot seine Arbeitskraft an und sollte im Gegenzug kostenlos an dem Backkurs teilnehmen können.
Die Idee war gut. Er fing an zu arbeiten - aber der Kurs wurde abgesagt. Außer ihm hatte sich kein weiterer Teilnehmer gefunden. Letztlich ist er trotzdem drei Monate auf der Finca geblieben. Hat gearbeitet, meditiert und zu Jesus gefunden. "Jesus Christus sagt: ,Ich bin das Brot des Lebens´. Somit habe ich auf dieser Finca zwar keinen Backkurs gemacht, aber dennoch Brot gefunden", erzählt Oriol Ducable. Ein braunes Holzkreuz baumelt an einer Kette um seinen Hals. Mit Jesus Christus an seiner Seite zog er schließlich weiter. Half in der Landwirtschaft auf verschiedenen Höfen auf Spaniens Festland und traf seine heutige Frau Rosana. "Sie arbeitete auf demselben Hof wie ich. Auch sie war auf der Suche. Wir haben Nächte lang nur geredet", erinnert er sich. Nach ein paar Tagen gingen sie wieder getrennte Wege, blieben aber in Kontakt und trafen sich zwei Jahre später auf Mallorca wieder.
Oriol Ducable hatte in Son Servera Arbeit im Agrotourismus gefunden, bei "Ses Cases de Fetget" kümmerte er sich um den Gemüsegarten. Auch Rosana bekam eine Anstellung in dem Agrokulturbetrieb. Die beiden wurden ein Paar und bekamen zwei Söhne. Nach sieben Jahren be i Fetget war er jedoch müde. Er hatte mit den Jahren immer mehr Aufgaben übernommen und wurde zunehmend unzufrieden.
Im April vergangen Jahres dann wieder ein Wendepunkt in seinem Leben: Ducable hatte einen Autounfall. Das Auto Schrott, er unversehrt, das sah er als Zeichen von oben, wieder etwas zu ändern. "Dann erwischte mich auch noch ein Virus und ich lag vier Wochen flach. Da wusste ich, dass es so wirklich nicht weitergehen kann", erzählt er. Nach überstandener Krankheit ging er noch eine Woche arbeiten und kündigte dann. Er wollte eine Bio-Bäckerei aufmachen, sich Zeit für Brot nehmen, in einem rastlosen Leben, da war er sich jetzt sicher.
Den Winter zuvor hatte er schon jede freie Minute mit Brotbacken verbracht, Neues probiert und an seinen Rezepten gefeilt. Ein Ladenlokal fand er schnell im Herzen von Colònia de Sant Pere und dankbare Abnehmer für sein ökologisches Brot auch. "Mein Brot ist 100 Prozent bio. Mit Mehl aus Manacor", erklärt er. Und es ist gut, sehr gut sogar, obwohl Oriol Ducable bis heute keinen Brotbackkurs gemacht hat.
Auch in Manacor kann man sein Brot kaufen, beim Ecomercat Herbasana und bei "Traful". In Artà ist sein Brot bei "Naturalia" erhältlich, ebenso auf dem Wochenmarkt samstags in Colònia de Sant Pere und natürlich in seinem Laden. "Damals auf der Finca habe ich Brot gesucht und Jesus Christus gefunden. Deswegen heißt meine Bäckerei jetzt auch ,Corpus´, also ,Körper´, wie der Leib Christi", erklärt er.
Glaube und Nächstenliebe sind Oriol Ducable wichtig. Deswegen hat er auch gleich zugestimmt, als ihn die Elterngemeinschaft aus Colònia de Sant Pere vor einigen Wochen fragte, ob man nicht Lebensmittel in seinem Laden bereitstellen könne, für Menschen die wegen der Coronakrise kaum noch Geld für Essen haben. Ducable unterstützt zudem die Initiative "Artà Solidari", indem er kostenloses Brot an Bedürftige ausgibt. "Das mach ich alles von Herzen gerne. Wir müssen in diesen schweren Zeiten zusammenhalten", sagt der Bäcker. Und er hofft, dass die Krise das Bewusstsein der Menschen dafür schärft, mehr regional zu kaufen und die kleinen Läden zu unterstützen.
Kleine Läden, wie auch seiner einer ist. In dem der Seemann von einst jetzt beinahe täglich steht und Brot backt. Das Brot des Lebens - im Glauben an Jesus Christus.
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