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Noch heute ist es häufig so, dass Entwicklungen auf dem Festland eine Weile benötigen, um nach Mallorca zu gelangen. Das war mit dem Spanischen Bürgerkrieg nicht anders. Während er auf dem Festland am 18. Juli 1936 ausbrach, begann er auf Mallorca einen Tag später - einem Sonntag, 19. Juli. Und anders als in Madrid oder Barcelona, wo es zu regelrechten Straßenkämpfen kam, blieben die Verhältnisse in Palma und in den anderen Orten der Insel vorerst weitgehend ruhig. Aber die Ruhe trog, und für die sogenannten "Verlierer" des Bürgerkrieges war sie nicht minder tödlich als an anderen Orten auf dem Festland.

Von wann bis wann dauerte der Spanische Bürgerkrieg?

Der Auslöser war der Militärputsch der Truppen auf den Kanaren und in Spanisch-Marokko am 17. Juli 1936 unter General Franco. Am 18. Juli erhoben sich auch die Garnisonen auf dem Festland gegen die gewählte Regierung der spanischen Republik. Nach einer ersten Patt-Situation der Kräfte kam es zu anhaltenden Kämpfen, die sich quer durch das geteilte Land drei Jahre hinzogen und mit dem Sieg Francos am 1. April 1939 endeten.

Warum kam es zum Bürgerkrieg?

Die spanische Gesellschaft war das gesamte 19. Jahrhundert hindurch weitgehend gespalten gewesen in liberale und konservative Strömungen. Hinzu kamen Spannungen zwischen den Randregionen wie Katalonien, Baskenland, Galicien und dem Machtzentrum Madrid. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts radikalisierten sich die politischen Strömungen zusehends, verschärft durch die soziale Frage. Die Landbevölkerung besaß kaum Agrarland, die Fabrikarbeiter keinerlei tarifliche Absicherung. Die Analphabetenquote war hoch, die Katholische Kirche an modernen Reformen desinteressiert. Anarchisten und Sozialisten setzten auf gewaltsame Umwälzung, die großbürgerliche Obrigkeit und das Militär ihrerseits auf gewaltsame Unterdrückung.

Was geschah in den Jahren vor dem Bürgerkrieg?

Die politischen Spannungen kosteten dem spanischen König Alfonso XIII. im April 1931 das Amt. Er dankte ab, die Republik wurde ausgerufen. Dieser Erfolg wurde für viele Kräfte auf der Linken als Auftakt gesehen, ihre sozialen Forderungen unmittelbar umzusetzen. Anarchisten fackelten in Katalonien weitgehend unbehelligt Kirchen und Klöster ab, in Andalusien besetzten Landarbeiter die Anwesen der Großgrundbesitzer, Guardia Civil und Militär schlugen die Aufstände blutig nieder, das galt auch insbesondere für den Bergarbeiterstreik in Asturien, bei dem mindestens 2000 Menschen getötet wurden. Spanienweit wandten sich viele enttäuscht von der Republik ab.

Warum putschte Franco gegen die Volksfront-Regierung?

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Die Republik wurde 1931 zwei Jahre von bürgerlichen und Linksparteien regiert, dann folgten zwei Jahre mit rechts-konservativen Regierungen. Im Februar 1936 entschied ein linkes Volksfrontbündnis die Wahlen für sich. Der Wandel wurde von den reaktionären Kräften aus Militär, Kirche, Monarchisten und Großbürgertum als Bedrohung wahrgenommen. Hinzu kamen politisch motivierte Morde auf beiden Seiten, die nahezu an der Tagesordnung waren. Die beiden gegnerischen Lager der "zwei Spanien" (so die literarische Umschreibung) waren so verfeindet, dass eine Bereitschaft für Kompromisse nicht mehr gegeben war. Die Furcht der Rechten vor separatistischen Unruhen und "bolschewistischer" Revolution war virulent, die Bereitschaft der Linken zu revolutionärem Kampf gegen die "Reaktion" war nicht minder ausgeprägt. Franco selbst sah sich als "Retter des Vaterlandes", als er gegen Madrid putschte.

Wie verlief der Bürgerkrieg auf Mallorca?

General Goded schlug sich am 19. Juli auf die Seite Francos und rief für die Insel das Kriegsrecht aus. Jeglicher Widerstand gegen die militärische Autorität "in Wort und Tat" würde "die Waffen passieren", sprich niedergeschossen werden. Das Militär und Mitglieder der rechtsextremen Partei Falange Española, die bewaffnet wurden, besetzten alle strategisch wichtigen Punkte der Insel. Vereinzelten bewaffneten Widerstand gab es dennoch in Manacor, Pollença, Sóller. Dort versuchten republiktreue Polizeieinheiten die Rathäuser zu schützen. Die Männer mussten sich nach ein, zwei Tagen ergeben. Das Militär hatte die Insel nahezu von Anfang an vollständig unter Kontrolle.

Was waren das dann für Kämpfe im Inselosten?

Truppen der spanischen Republik vom Festland unternahmen am 16. August 1936 den Versuch, Mallorca von dem aufständischen Franco-Militär zurückzuerobern. Bis zu 8000 Mann wurden bei Porto Cristo an Land gesetzt. Das Expeditionsheer drang jedoch nur wenige Kilometer Richtung Manacor vor. Es kam 20 Tage lang zu blutigen Kämpfen. Die Aufständischen erkauften sich unterdessen im faschistischen Italien militärische Hilfe in Form von Kampfflugzeugen samt Piloten. Diese brachten in Porto Cristo die Wende zugunsten der Franquisten. Daraufhin ordnete Madrid den Rückzug der Truppen an. Das Invasionsheer schiffte sich nachts ein und verließ Mallorca am 4. September.

Was bedeutete diese Entwicklung für Mallorca?

Die Anhänger der Republik - Linkspolitiker, fortschrittliche Liberale und Bürgerliche, Gewerkschafter, emanzipierte Frauen - sahen sich massiven Repressalien ausgesetzt. Tausende wurden inhaftiert, bis zu 2300 Menschen nachts in Straßengräben oder an Friedhofsmauern gewaltsam umgebracht. Insbesondere während der Invasionstage im Inselosten wurden Anhänger von Linksparteien grausam ermordet. Der Terror sollte eine Erhebung der Bevölkerung zugunsten der angelandeten Republikaner ausschließen. Selbst in den Monaten danach rissen die Bluttaten nicht ab, solange die Kämpfe auf dem Festland andauerten. Die Anhänger der Republik saßen auf Mallorca in der Falle. Nur den wenigsten glückte die Flucht nach "Rot-Spanien", wie der Machtbereich der republikanischen Regierung von den Franquisten bezeichnet wurde.

(Der Bericht ist Teil des Themas der Woche im neuen MM. Die vollständige Berichterstattung lesen Sie in der jüngsten Ausgabe (29/2016), erhältlich am Kiosk auf Mallorca, sowie an den Bahnhöfen und Flughäfen in Deutschland; oder auf E-Paper.)