Diese Steinstele ist ein Statement: 1200 Kilo wiegt der Felsblock, der den vermeintlichen Mittelpunkt der Insel markiert. | Foto: jm

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Eines gleich vorneweg: Zu spüren ist da nichts, auf dem gepflasterten Rondell mitten im Wald. Keine Energie, die einem plötzlich in die Knochen fährt, keine unsichtbare Kraft, die einem ein flaues Gefühl in der Magengegend verschafft, rein gar nichts. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass dies gar nicht das wahre Zentrum der Insel ist. Denn die Frage, wo sich dieses eigentlich befindet, ist seit jeher umstritten. Gleich sechs Gemeinden beanspruchen diesen Ort für sich: Lloret de Vistalegre, Costitx, Sineu, Sencelles, Sant Joan.

Legenden ranken sich um dieses Thema, unzählige Zeitungsartikel sind über diese Frage schon geschrieben worden, ja, ganze Bücher sogar. Forscher haben sich den Kopf über die beste Methode zerbrochen, um den einen, definitiven Mittelpunkt Mallorcas zu bestimmen. Errechnet man den Schwerpunkt der Insel, oder doch besser den Schnittpunkt der Nord-Süd-Achse mit der Ost-West-Achse? Und wo verlaufen diese? Bezieht man die vorgelagerten Inseln mit in die Berechnung ein und wenn ja, welche? Und wofür ist das Ganze eigentlich gut?

Wofür auch immer – die Bewohner von Lloret de Vistalegre jedenfalls legen besonderen Eifer an den Tag, wenn es darum geht, das Zentrum der Insel für sich zu reklamieren. Nachdem das nationale geografische Informationszentrum vor einigen Jahren den Mittelpunkt Mallorcas im Gemeindeforst etwas außerhalb des Dorfes verortet hatte, stellten ein paar engagierte Bürger an der Stelle kurzerhand einen Felsblock auf und versahen ihn mit der Aufschrift „Centre de Mallorca”. Die Stelle ist 1,74 Meter hoch und wiegt 1200 Kilogramm – was die so kess aufgestellte Behauptung ziemlich unverrückbar macht.

Zu finden ist der Monolith mitten in der Comuna de Lloret, dem Gemeindeforst, durch den ein bequemer Spazierweg führt – was denn auch viele Bewohner des Dorfes nutzen. Gleich gegenüber vom Friedhof und neben dem Fußballplatz, auf dem sonst der Siebtligist UE Lloret kickt, befindet sich der Haupteingang zu dem mehr als 130 Hektar großen Gelände, das vollständig umzäunt ist. Riesige Kiefern wachsen hier, dazwischen wilde Olivenbäume und dichtes Buschwerk. Schmetterlinge tänzeln in der Sonne und auf einer grünen Wiese grast eine Schafherde.

Mehrere Gemeinden der Insel verfügen über eine sogenannte Comuna, ein Grundstück – Wald in der Regel –, das im Besitz der Allgemeinheit ist. Der Gemeindeforst von Lloret ist besonders alt und befand sich historischen Unterlagen zufolge schon im Jahr 1767 im Besitz der öffentlichen Hand. Traditionell wurde die Comuna zur Holzgewinnung genutzt. Heute vergibt die Gemeinde noch Konzessionen an Viehzüchter und Jäger, die das Gelände nutzen. Während der Jagdsaison zwischen Mitte August und Ende Januar ist der Zugang für Ausflügler beschränkt. Im Unterholz findet man denn auch reichlich leere Patronenhülsen. Von den Kaninchen dagegen, die hier leben sollen – keine Spur.

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Ganz in der Nähe vom Mittelpunkt Mallorcas liegt die Cova d’en Dainat, eine Grabhöhle, die zwischen 1700 und 1100 vor Christus von den damaligen Bewohnern der Gegend genutzt wurde und als die am besten erhaltene der bronzezeitlichen Höhlen gilt, die es in Lloret noch gibt. Ein schmaler Gang führt hinunter in das finstere Loch.

Die Cova d’en Dainat diente in der Bronzezeit als
Begräbnisstätte. Foto: jm

Außerdem gibt es auf dem Gelände auch eine der Muttergottes gewidmete kleine Kapelle aus dem Jahr 1993, sowie eine Jägerhütte und eine Zisterne, die früher zum Tränken der Tiere diente. Ein paar Schautafeln erklären Flora und Fauna der Comuna.

Die Kapelle zu Ehren der Muttergottes stammt von 1993. Gleich daneben befinden sich eine Zisterne und eine Jägerhütte. Foto: jm

Ob sich das einzig wahre Zentrum der Insel nun tatsächlich hier befindet, muss derweil offen bleiben. Der kartografische Dienst der Balearen-Regierung Sitibsa erklärt dazu: „Wo genau sich das Zentrum der Insel befindet, ist von jeher ein Enigma, das großes Interesse geweckt hat.” Den geografischen Mittelpunkt eines ungleichmäßigen Bereiches auf der Erdoberfläche zu bestimmen sei jedoch sehr kompliziert, da es verschiedene Messtechniken gebe, die infrage kommen. „Es gibt nicht die eine, definitive Methode, um diesen Punkt exakt zu lokalisieren. Jede Technik ergibt ein anderes Resultat, das je nach dem Standpunkt des Einzelnen als mehr oder weniger befriedigend angesehen werden kann.” Vielleicht muss man ja einfach nur ganz fest daran glauben, dass der Felsblock tatsächlich den richtigen Punkt markiert.

Anfahrt & Parken:Lloret de Vistalegre liegt etwas abseits der alten Landstraße von Palma nach Sineu in Mallorcas Zentralebene. Der Gemeindeforst befindet sich westlich des Dorfes. Parkplätze gibt es am Friedhof oder am Fußballplatz.

Dauer & Schwierigkeit:Der Rundweg durch die Comuna de Lloret ist etwa sechs Kilometer lang und in eineinhalb Stunden gut zu schaffen. Man kann aber auch eine kürzere oder längere Route wählen. Die Strecke ist einfach zu laufen und komplett eben.

Tipp: Am Haupteingang zum Gemeindeforst gibt es einen Grillplatz mit Feuerstellen, Tischen und Sitzgelegenheiten. An Wochenenden sind diese meist frühzeitig belegt. Nicht nur durch den Haupteingang gelangt man in die Comuna, in regelmäßigen Abständen gibt es ringsherum auch Übersteige.