In einem Dorf, in dem traditionell darauf gewartet wurde, dass Meerwasser zu Salz verdampft, ist das Zeitempfinden ein anderes. Wohl aus diesem Grund verwundert es niemanden, dass in der Bar Estarellas im Februar noch immer die Weihnachtsdeko an der Wand prangt.

Zwei Häuser weiter befindet sich die Casa Manolo, ein seit Jahrzehnten beliebtes Fischlokal. Auch in diesem Gourmettempel der frittierten Tintenfischringe will die Zeit scheinbar nicht vergehen. Die Wände sind tapeziert mit vergilbten Fotos. Wer Stammgast in dem Laden war, wird auf diese Weise verewigt.

Eine Hauptstraße, zwei, drei Nebenstraßen, Häuserreihen aus Sandstein, der ebenso vergilbt wirkt wie die Fotos; das ist das ganze Dorf. Der Name rührt von den Salinen her, in denen an der Küste Meersalz gewonnen wird, seitdem die Punier dort auf dem Inselchen „Na Guardis” beim heutigen Colònia de Sant Jordi eine Handelsstation gründeten. Sie waren die ersten Fremden, die sich dort zeitweise niederließen. Später kamen Römer, Mauren, Katalonier und - Italiener. Letztere waren als Fliegerstaffel im Spanischen Bürgerkrieg mit einer eigenen Einheit auf der Juan-March-Finca Sa Vall auf dem Feld Camp Simó direkt bei Ses Salines stationiert. Danach kamen vor allem Schweizer, die sich bevorzugt in Colònia niederließen.

Doch selbst in Ses Salines gibt es Wandel: Das neue Kulturzentrum zeigt, dass man auch aus Sandstein modernste Architektur erstellen kann. Und die Bar-Bodega Llum de Sal, in der Salz und Wein verkauft werden, ist von ihrem Designer-Ambiente her der krasse Gegensatz zur Casa Manolo.

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