Pauschalurlauber am Flughafen von Mallorca. | Ruiz Collado | PALMA

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Der EuGH stärkt die Hoffnung von Verbrauchern, in bestimmten Fällen Geld nach der Insolvenz ihres Reiseveranstalters zurückzubekommen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied, dass eine Absicherung gegen die Insolvenz eines Veranstalters auch dann greifen kann, wenn der Verbraucher aufgrund "unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände von seiner Reise zurücktritt und der Reiseveranstalter nach diesem Rücktritt insolvent wird".

Es gebe keinen Grund, Reisende, deren Urlaub abgesagt wird, weil der Veranstalter pleite ist, anders zu behandeln als Reisende, die wegen "unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände" von ihrer Reise zurückgetreten seien. EU-Recht sehe vor, dass ein Verbraucher, der seine Pauschalreise wegen "unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände" nicht antritt, Anspruch auf volle Erstattung hat.

Fälle aus Österreich und Belgien

Hintergrund des Urteils sind Fälle aus Belgien und aus Österreich - in beiden waren die Betroffenen wegen der Covid-Pandemie von ihren für 2020 geplanten Reisen zurückgetreten. Kurz darauf ging der Reiseveranstalter insolvent. Im österreichischen Fall klagten die Verbraucher daraufhin gegen HDI, den Versicherer des Reiseveranstalters. HDI wandte laut Gerichtshof ein, nichts erstatten zu müssen, weil die Reise wegen Corona und nicht wegen der Insolvenz abgesagt worden sei. Dieser Argumentation folgte der EuGH nicht. Zum aktuellen Urteil äußerte sich HDI bisher nicht.

In beiden Fällen müssen nun nationale Gerichte eine finale Entscheidung treffen und dabei das Urteil des EuGH beachten. Laut EU-Recht sollen die Mitgliedsstaaten gewährleisten, dass Pauschalreisende in vollem Umfang vor der Insolvenz des Veranstalters geschützt sind.

Erst jüngst Hunderttausende von Pleite betroffen

Wenn ein Reiseveranstalter sein Geschäft vor die Wand fährt, ist das für zahlreiche Verbraucherinnen und Verbraucher ein Problem. Jüngst hatte etwa die Pleite des Münchener Reiseveranstalters FTI die Branche erschüttert. Der bisher drittgrößte deutsche Veranstalter nach Tui und DER Touristik, hatte Anfang Juni Insolvenz angemeldet und kurz danach alle bereits gebuchten Reisen storniert.

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Anders als in den nun vor dem EuGH verhandelten Fällen waren Pauschalreisende hier über den 2021 gestarteten Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) abgesichert. "Bis zum Herbst soll die Mehrzahl der Erstattungen geleistet sein", hatte eine Sprecherin Anfang Juni angekündigt.

Betroffen waren bei FTI nach Angaben des DRSF insgesamt 250.000 Pauschalreisen, die storniert wurden. Hinzu kämen 60.000 Pauschalreisende, die bei der Insolvenz bereits mit FTI im Urlaub waren. Zahlungen, die Betroffene vor Ort leisten mussten, um bereits begonnene Reisen fortzusetzen, könnten nun ebenfalls erstattet werden. Zur Höhe der insgesamt fälligen Entschädigungssumme machte der Fonds bisher keine Angaben.

Der Reisesicherungsfonds hatte nach der FTI-Pleite andere Veranstalter wie Tui und DER Touristik beauftragt, gestrandete FTI-Urlauber zu betreuen, damit sie ihren Urlaub fortsetzen können. Die überwiegende Zahl der Reisenden habe ihre Reise dadurch wie geplant zu Ende führen können, hieß es. Die dafür fälligen Kosten überweise der Fonds direkt an den jeweiligen Veranstalter.

Bei Thomas-Cook-Insolvenz nur Bruchteil ersetzt

Über den DRSF sind bei Pauschalreisen bereits geleistete Zahlungen gegen eine Insolvenz des Veranstalters abgesichert. Der Schutz gilt nicht für einzeln gebuchte Reisebausteine wie reine Hotelbuchungen. Auch für einzeln gebuchte Flüge oder Mietwagen gibt es keine Erstattung aus dem Fonds.

Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigte Fonds war als Reaktion auf die Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 ins Leben gerufen worden und nahm 2021 seine Arbeit auf.

Zuvor waren Reisende in Deutschland nur über eine Versicherung, die die Veranstalter abschlossen, gegen Insolvenzausfälle abgesichert. Bei der Pleite von Thomas Cook zeigte sich dann aber, dass dieser Schutz nicht ausreichte. Die Versicherung hatte wegen der Haftungsbeschränkung auf 110 Millionen Euro damals nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein. Der DRSF wurde dagegen auf 750 Millionen Euro angelegt und speist sich aus Einzahlungen der Veranstalter.