Seit 2016 muss auf Mallorca die Urlaubersteuer "Ecotasa" gazahlt werden. | P. Lozano

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So richtig glücklich ist mit der Übernachtungssteuer auf Mallorca niemand: Die Oppositionsparteien wettern regelmäßig gegen die Abgabe, die Hoteliers sowieso. Selbst Umweltschützer sparen nicht mit heftiger Kritik. Und auch die Regierungsparteien, die die Steuer einst einführten, waren zuletzt keineswegs mehr einer Meinung. So nutzten die beiden kleineren Koalitionspartner der Sozialisten, Unidas Podemos und Més per Mallorca, Ende vergangenen Jahres die Debatte im Balearen-Parlament über den Haushaltsplan 2023 dazu, eine deutliche Anhebung der Steuer zu fordern. Während Més ein Plus in Höhe von zehn Prozent vorschlug, das in den beiden Hauptferienmonaten Juli und August greifen sollte, ging Unidas Podemos noch einen Schritt weiter und forderte kurzerhand die Verdoppelung der Steuer. Beides wurde zwar schlussendlich nicht umgesetzt, die Debatte zeigte aber wieder einmal, dass die Abgabe auch sieben Jahre nach ihrer Einführung umstritten ist.

Opposition, Hoteliersverbände und Umweltschützer arbeiten sich ohnehin regelmäßig an der Steuer ab. Die konservative PP hat ihre grundsätzliche Ablehnung mittlerweile allerdings aufgegeben. Marga Prohens, die PP-Spitzenkandidatin bei der im Mai anstehenden Regionalwahl, sagte kürzlich im MM-Interview, sie werde die Steuer im Falle eines Sieges an den Urnen beibehalten. Die Einnahmen aus der Steuer müssten für die Sanierung des Abwasser- und Trinkwassernetzes genutzt werden. Eine PP-Sprecherin fügt nun hinzu: "Keinesfalls darf das Geld einfach so in den allgemeinen Haushalt fließen, wie zuletzt geschehen."

Tatsächlich hatte die Balearen-Regierung das übliche Prozedere zur Verteilung der Steuermillionen in den vergangenen Jahren mit Hinweis auf die durch die Corona-Pandemie verursachte außerordentlich angespannte Finanzlage außer Kraft gesetzt. Das Geld wurde also anderweitig investiert – ein Umstand, den auch der Hoteliersverband FEHM immer wieder angeprangert hat. "Die Haushaltsdefizite ausgleichen zu wollen, indem Urlauber bestraft werden, die in legalen Unterkünften absteigen, kann nicht die Lösung sein", sagt FEHM-Vizepräsidentin María José Aguiló.

Dass Hoteliers und Umweltschützer einer Meinung sind, kommt auf Mallorca selten vor. Was die Verwendung der Übernachtungssteuer angeht, ist aber genau das der Fall. Vor allem die Umweltschutzgruppe GOB kritisiert die Verteilung der Steuermillionen seit Jahren scharf und fordert eine "echte" Ökosteuer. Tatsächlich hat die Balearen-Regierung die Kriterien, nach denen die mit dem Geld zu finanzierenden Projekte ausgewählt werden, so weit gefasst, dass nunmehr praktisch alle Bereiche abgedeckt sind.

Urlauber müssen die Übernachtungssteuer in der Regel gleich bei der Ankunft im Hotel zahlen.

Das zeigt sich zum Beispiel an den Investitionen, die für das Jahr 2023 geplant sind. Demnach sollen 138,3 Millionen Euro in 27 Projekte fließen. Der mit Abstand größte Posten sind die 30 Millionen, die für die Wiederinbetriebnahme der Eisenbahn von Manacor nach Artà reserviert wurden. Desweiteren sind der Bau eines weiteren Universitätsgebäudes (13,4 Millionen Euro), die Ausbesserung der Trinkwasserkanalisation (20 Millionen Euro), der Kauf des Castell d’Alaró (1,1 Millionen Euro) und der Bau von 53 Sozialwohnungen (13,1 Millionen Euro) vorgesehen.

Die Kritik an der Verwendung des Geldes aus der Übernachtungssteuer beruht allerdings auf einem Missverständnis: Denn bei der im Jahr 2016 beschlossenen Abgabe handelt es sich ausdrücklich nicht um eine "Ökosteuer" – auch wenn sie im Volksmund weiterhin meist schlicht "Ecotasa" heißt. Tatsächlich lautet ihr voller Name "Impost del Turisme Sostenible" – "Steuer für nachhaltigen Tourismus".

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Das Gesetz, mit dem die Übernachtungssteuer Ende März 2016 eingeführt wurde, trägt den etwas umständlichen Titel "Llei del’impost sobre estades turístiques a les Illes Balears i de mesures d’impuls del turisme sostenible" – „Gesetz über die Besteuerung touristischer Aufenthalte auf den Baleareninseln und über Maßnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus.” Laut der Präambel des Gesetzes ist die Steuer als „Entschädigung” für die negativen Folgen des Tourismus gedacht, für Umweltschäden, sozialeVerwerfungen und prekäre Arbeitsverhältnisse. Auf der anderen Seite soll sie dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit des balearischen Tourismussektors durch mehr Nachhaltigkeit und qualitativ hochwertigere Angebote zu verbessern. Die Steuer solle von denjenigen bezahlt werden, die ihren Urlaub in touristischen Unterkünften verbringen, und „direkt oder indirekt das natürliche Gleichgewicht stören, was Folgen für die Gesamtheit der Gesellschaft hat”.

Zwar ist laut Gesetz die Verwendung des eingenommenen Geldes für den „Schutz, die Bewahrung, die Modernisierung und die Wiederherstellung der Natur, des ländlichen und landwirtschaftlich genutzten Raumes sowie des Meeres” vorgesehen. Allerdings soll das Geld ausdrücklich auch in anderen Bereichen investiert werden. So etwa zugunsten der „Verringerung der Saisonabhängigkeit”, zur „Schaffung und Aktivierung touristischer Nebensaison-Produkte”, zur „Förderung des nachhaltigen Tourismus”. Dazu kommen die „Rückgewinnung und Rehabilitation des historischen und kulturellen Erbes”, die „Förderung von Projekten der wissenschaftlichen Forschung, Entwicklung und Innovation, die zur Diversifizierung der Wirtschaft beitragen, zum Kampf gegen den Klimawandel oder mit dem Tourismus zu tun haben”. Auch die „Verbesserung der Ausbildung und der Qualität der Beschäftigungsverhältnisse”, sowie die „Förderung des Nebensaison-Arbeitsmarktes” sind laut Gesetz Verwendungszwecke.

Aber nicht nur die Tatsache, dass das eingenommene Geld in allen möglichen Bereichen eingesetzt wird, die weder direkt mit dem Tourismus, noch mit der Umwelt zu tun haben, ruft Kritik hervor. Das Verfahren, das die Balearen-Regierung geschaffen hat, um zu entscheiden, welche Projekte letztendlich finanziert werden, ist zudem wenig transparent und auch nicht besonders demokratisch – wie Kritiker bemängeln.

Die Entscheidung über die Verwendung der Steuer-Millionen obliegt einer eigens geschaffenen Kommission, der neben Vertretern der Balearen-Regierung auch Vertreter der Inselräte, der Stadt Palma, des Gemeindeverbandes, der Gewerkschaften, der Unternehmerverbände und Vertreter von Umweltverbänden angehören. Was zunächst einmal nach Entgegenkommen klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen allerdings als Augenwischerei: Das Votum der Balearen-Regierung entspricht nämlich laut Gesetz in jedem Fall 50 Prozent der Stimmen.

Was die Auswirkungen der Übernachtungssteuer angeht, gibt es nahezu keine objektiven Daten. Laut den nackten Zahlen hat die Abgabe keine bedeutenden Auswirkungen auf die Entscheidung der Urlauber: Die jährliche Zahl der touristischen Übernachtungen lag balearenweit seit Einführung der Steuer immer relativ stabil bei nahezu 110 Millionen (mit Ausnahme der Corona-Jahre 2020 und 2021). Schon 2016 waren Forscher der Balearen-Universität der Frage nachgegangen, welchen Effekt die Steuer auf die Urlauberzahl haben werde und kamen zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen auf die Zahl der Übernachtungen verschwindend gering seien – die Reduzierung werde zwischen 0,4 und 0,8 Prozent liegen, so die damalige Prognose. Hoteliers verweisen nichtsdestotrotz immer wieder darauf, dass es sich bei der Abgabe um einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Tourismusdestinationen handelt. Hinweise darauf gibt es allerdings nicht – zumal Mallorcas Hoteliers ihrerseits die Preise für die diesjährige Saison um durchschnittlich zehn Prozent angehoben haben, wie Inselmedien berichten.

Dass es keine aktuellen Daten zu den Auswirkungen der Übernachtungssteuer gibt, liegt an einem weiteren Versäumnis der Balearen-Regierung. Denn obwohl das Gesetz, mit dem die Abgabe eingeführt wurde, einen in regelmäßigen Abständen anzufertigenden Bericht vorsieht, der sich mit genau dieser Frage befassen soll, ist ein solcher bisher nicht vorgelegt worden. Auch das trägt nicht dazu bei, den Dauerstreit um die Abgabe zu befrieden.