Eine feministische Demonstration in Madrid. | Reuters

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Die jüngste Verschärfung des auch auf Mallorca geltenden spanischen Sexualstrafrechts, das entgegen der Absicht des Gesetzgebers zu zahlreichen Strafmilderungen auch bereits verurteilter Täter geführt hat, sorgt weiter für Unruhe. Der Oberste Gerichtshof teilte am Mittwoch in der Begründung eines Urteils mit, die strafmildernde Anwendung des neuen Gesetzes sei "obligatorisch". Dies müsse aber in jedem Fall individuell geprüft werden. Die 152 Seiten lange Urteilsbegründung lag der Deutschen Presse-Agentur vor.

Das Gericht setzte gegen zwei Männer, die wegen sexueller Aggression gegen eine 16-Jährige von einem rangniederen Gericht zu relativ milden Strafen verurteilt worden waren, Gefängnisstrafen von jeweils neun Jahren und einem Tag fest. Den Antrag der Staatsanwaltschaft auf zehn Jahre Haft lehnten die Richter mit Hinweis auf den niedrigeren Strafrahmen des neuen Gesetzes "Nur Ja heißt Ja" ab. Die Anwendung dieses milderen Strafrahmens sei zwingend, weil auch rückwirkend immer das für einen Betroffenen günstigere Gesetz gelte.

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Die unerwarteten Folgen des "Nur Ja heißt Ja"-Gesetzes haben die linke Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez in Bedrängnis gebracht. Das im Oktober in Kraft getretene Regelwerk, das Frauen besser vor vielen Arten sexueller Gewalt und Einschüchterungen schützen soll, die bisher nicht strafbar waren, setzt zugleich zum Teil geringere Mindeststrafen für bestehende Straftatbestände fest. Deshalb erhielten seither Dutzende verurteilte Täter Strafmilderungen. Einige kamen sogar vorzeitig frei.

Gleichstellungsministerin Irene Montero, aus deren Haus das neue Gesetz stammt, hatte Richtern, die Strafmilderungen beschlossen, "Machismus" vorgeworfen. Die Regierung kündigte inzwischen an, sie wolle das Gesetz durch einen Passus über die Absichten der Gesetzesänderung ergänzen. Experten gingen aber davon aus, dass dies kaum Auswirkungen haben werde, wie die Zeitung "El País" berichtete.