Das Amtsgericht Palma de Mallorca hat am Donnerstag ein Verfahren gegen den Präsidenten des balearischen Parlaments, Gabriel Le Senne, eröffnet. Ihm wird ein Hassdelikt gegen Opfer der Franco-Diktatur vorgeworfen. Das Gericht ordnete eine Kaution von 40.000 Euro an, die binnen eines Tages zu hinterlegen sei. Damit sollen etwaige Entschädigungszahlungen an Opferverbände und Angehörige sichergestellt sein, so die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora".
Auslöser des Verfahrens ist ein Vorfall während einer Parlamentsdebatte über die Abschaffung des balearischen Gedenkgesetzes (Ley de Memoria de Balears) im Juni 2024. Le Senne hatte dabei demonstrativ ein Foto der bekannten Widerstandskämpferin Aurora Picornell und der Schwestern Pascual, bekannt als die "Rotjes del Molinar", zerrissen. Vier Organisationen, darunter die Gedenkinitiative "Memòria Mallorca" und die kommunistische Partei, hatten daraufhin Strafanzeige gestellt. Sie fordern Haftstrafen zwischen 16 Monaten und vier Jahren.
Die Staatsanwaltschaft hingegen sieht der Zeitung zufolge in dem Vorfall keine strafrechtliche Relevanz. In ihrer Einschätzung handele es sich um einen "Wutausbruch" Le Sennes, nachdem zwei sozialedemokratische Abgeordnete sich geweigert hatten, die Bilder zu entfernen. Die Staatsanwaltschaft verwies zudem auf den Umstand, das Le Senne nicht gegen weitere Bilder vorgegangen sei, die andere linksgerichtete Abgeordnete zeigten.
"Ich habe bereits um Entschuldigung gebeten für das unangemessene Zerreißen der Fotos, aber ich stehe zu meiner Auslegung der Geschäftsordnung", verteidigte sich Le Senne vor dem Untersuchungsrichter. Gegenüber der Staatsanwaltschaft betonte er, er hätte in gleicher Weise "ein Bild von Franco" zerrissen. Er habe ohne ideologische Motive und ohne die Absicht gehandelt, "irgendjemanden zu demütigen", so der Parlamentspräsident.
Le Senne, der von seiner Rechtsaußen-Partei Vox uneingeschränkte Unterstützung erhält, denkt nicht an Rücktritt. In einer offiziellen Mitteilung verwies er auf die Unschuldsvermutung und seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Justiz, "um jeden Zweifel auszuräumen, dass keine Straftat vorliegt". Zudem sei sein Einspruch gegen die Verfahrenseröffnung noch anhängig. Die Staatsanwaltschaft hat sich diesem Einspruch angeschlossen und fordert die Einstellung des Verfahrens.
Die Opferorganisation "Memòria Mallorca" begrüßte hingegen die Eröffnung des Hauptverfahrens. Sie besteht auf einem Rücktritt Le Sennes und fordert für den Fall seiner Weigerung die Einleitung parlamentarischer Schritte zu seiner Amtsenthebung. Das Gericht lehnte es derweil ab, Le Sennes Partei Vox als Mitverantwortliche zu belangen. Der Parlamentspräsident habe als Inhaber eines institutionellen Amtes und nicht als Parteifunktionär gehandelt.
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