Es ist eine Entwicklung, die manch einer nicht vorausgesehen haben dürfte – erst recht nicht auf überschaubaren Inseln wie den Balearen: Der Verkauf von Elektroautos ist im vergangenen Jahr laut der Verkehrsbehörde DGT um 20 Prozent zurückgegangen, und außerdem funktioniert ein Drittel aller Ladestationen nicht. Dies ist eine Situation, die in Gesamt-Spanien nicht im selben Ausmaß zu beobachten ist: Die Anmeldung von E-Autos reduzierte sich zwar ebenfalls, wenn auch lediglich um drei Prozent. Bei den Ladestationen sieht es auf dem Festland ebenfalls besser aus als auf den Inseln: Spanienweit sind 22 Prozent dieser privat und von Behörden betriebenen Orte laut einer Studie über-E-Mobilität des Verbandes der Autohersteller „Anfac” nicht funktionstüchtig, in Zahlen sind das 11.446 von 50.171. Auf den Inseln sind es dagegen sage und schreibe 35 Prozent, 631 von 1771. Dabei sind Inseln Orte, die sich wegen ihrer kurzen Distanzen ideal für die kontinuierliche Optimierung der E-Mobilität eignen.
Viele Ladestationen nicht am Stromnetz
Dass Ladestationen nicht betriebstüchtig sind, liegt zum einen daran, dass viele aus Nachlässigkeit schlicht und einfach nicht ans Stromnetz angeschlossen wurden. Andere sind teils schon seit längerer Zeit defekt, wurden aber bislang nicht auf Vordermann gebracht.
Die Baisse in der E-Mobilität hat nach Ansicht des Unternehmensverbandes der Autoverkäufer auf den Balearen „Aseda” vor allem mit der Tatsache zu tun, dass solche Fahrzeuge momentan noch zu teuer seien. „Das sind Autos der oberen Mittel- und Oberklasse”, so der Vorsitzende Lluis Pol gegenüber MM. Erst im Verlauf des neuen Jahres würden Zug um Zug günstigere Modelle auf den Markt kommen, was die Situation entspannen dürfte. Die Unlust auf E-Mobilität werde auch durch die Tatsache befördert, dass das staatliche Hilfsprogramm „Move III” sehr langsam sei. „Die Leute bekommen ihr Geld nicht schnell genug.” Und wie es nach Juni weitergeht, sei völlig unklar: Dann nämlich laufe das aktuelle „Move III”-Programm aus.
Wer sich in Spanien ein E-Fahrzeug zulegt, dem greift der Staat mit derzeit 4500 Euro unter die Arme. Hinzu kommen ein Rabatt von 1000 durch den jeweiligen Autohersteller und 2500 Euro extra, wenn man ein über sieben Jahre altes Auto verschrotten will. Wohnt man in einem Dorf mit weniger als 5000 Einwohnern, gibt’s auf die 4500 Euro noch zehn Prozent drauf.
Sechs bis sieben Apps sind nötig
Neben den hohen Preisen und der bürokratiebedingt langsamen Auszahlung der Hilfen gibt es laut Lluis Pol noch ein weiteres Problem, das die Menschen davon abhält, voll und ganz auf E-Mobilität zu setzen: „Es wird ihnen schwer gemacht, die Ladestationen zu finden.” Diese würden von unterschiedlichen Anbietern betrieben, die wiederum verschiedene Apps unterhalten. „Man benötigt auf den Inseln sechs bis sieben Apps, um alle Ladestationen zu entdecken”, so Lluis Pol. Woanders wie etwa in Portugal sei man in dieser Hinsicht deutlich weiter: „Dort braucht man nur eine App.” Hinzu komme, dass beim Laden alles noch viel zu lange dauere. „Schnelle Stationen, wo man sein Auto in lediglich 15 bis 20 Minuten voll bekommen kann, gibt es noch quasi gar nicht auf den Balearen.” In anderen Gegenden wie etwa der Region Navarra in Nordspanien sehe das erheblich besser aus.
Auch der balearische Autovermieterverband Aevab sieht nicht funktionierende und in gewissen Gegenden einfach kaum vorhandene Ladestationen als großes Problem. „In Touristenzonen gibt es manchmal nur eine davon”, so der Chef Ramón Reus gegenüber MM. Vieles, was versprochen worden sei, sei nicht eingehalten worden. „Einige Gemeinden haben überhaupt keine Ladestationen errichtet.” Dass die Firmen unter der 2023 an die Macht gekommenen konservativen Regionalregierung weiterhin eine E-Auto-Quote einhalten müssten, sei ihm nicht bekannt. „Die Politiker haben uns bislang überhaupt nichts kommuniziert”, so Ramón Reus. Im Jahr 2023, als zeitweise noch eine sozialistisch geführte Verwaltung am Ruder gewesen war, hatte die Quote emissionsfreier Fahrzeuge neun Prozent betragen.
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