Karñ-Heinz Bruns hat die Schlange an seiner Hauswand in Capdepera entdeckt. | Karl-Heinz Bruns

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Lange Schlangen sind auf Mallorca nichts Neues, aber normalerweise trifft man sie am Flughafen oder vor Eisdielen. Die lange Schlange, die Karl-Heinz Bruns vergangene Woche entdeckt hat, ist hingegen nicht nur nervig, sie jagt einem Angst ein: "Joa, knapp zwei Meter lang war die schon."

Das Reptil hatte sich an die Hauswand seiner Finca in Capdepera verirrt: "Da erschrickt man ganz schön." Und dabei handelt es sich längst nicht um die erste Schlange, die auf Mallorca in jüngster Zeit gesehen wurde.

"Seit April wurden 200 Schlangen auf der Insel eingefangen. Auf Formentera 600 seit November", sagt Dr. Samuel Piña Fernández, Professor an der Balearen-Universität UIB. Seine Abteilung untersucht die Kadaver der eingefangenen Tiere, um Näheres über das Verhalten, die Lebensweise und ihre Ausbreitung zu erfahren.

Fünf Schlangenarten sind auf den Balearen bekannt, zwei davon, die Kapuzennatter und die Vipernatter, waren quasi schon immer hier, drei sind neu und keine davon ist für den Menschen gefährlich. Es handelt sich dabei um die Eidechsennatter, die Treppennatter und die Hufeisennatter. Letztere macht seit Monaten Schlagzeilen: Immer häufiger melden Anwohner, dass ihnen Exemplare dieser Schlangenart im Garten oder auf Feldwegen begegnet sind, es ist bereits die Rede von einer "Schlangen-Plage", zumindest im Nordosten.

Vor allem in Artà hat sich die Situation verschärft, viele Anwohner hätten so viel Angst vor den Schlangen, dass einige nicht mehr zu ihrem Zweitdomizil aufs Land fahren, sagt Joan Lliteras, Sprecher der Volkspartei PP von Artà: "Es wurden Schlangen von bis zu zwei Meter Länge gesehen", so Lliteras. Weil die Schlangen sich in den vergangenen Jahren so stark vermehrt haben, hat das balearische Umweltministerium eine Kampagne auf den Weg gebracht. Zum Beispiel sind auf der Website des Ministeriums (siehe Infokasten) zahlreiche Informationsdokumente zum Thema Schlangen sowie Adressen zu finden, an die man sich wenden kann.

In einer Pressemitteilung heißt es, verschiedene Schlangenarten seien versehentlich beim Import von Pflanzen auf die Inseln gelangt. Rund 200 Fallen hat die Behörde auf Mallorca aufstellen lassen. Die gefangenen Tiere werden eingeschläfert und an der Balearen-Universität von Dr. Piña und seinem Team untersucht: "Unser Ziel ist es, die Tiere genau zu studieren und zu lokalisieren, um dann besser gegen die Ausbreitung angehen zu können", so der Professor. "Mittlerweile haben die Reptilien sich fast überall auf der Insel verbreitet." Mit den Aktionen zur Eindämmung sei man ziemlich spät dran: "Seit 14 Jahren werden die Tiere eingeschleppt. Die hatten genügend Zeit, sich zu vermehren." Schließlich habe die Schlange keine natürlichen Feinde auf den Balearen.

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Aber bevor der Schlangen-Experte die Natter untersuchen kann, muss sie ja erst einmal gefangen werden. In Artà können sich Bewohner im Rathaus eine Falle gegen eine Pfandgebühr ausleihen, um sie auf dem eigenen Grundstück aufzustellen. In anderen Gemeinden ist das nicht der Fall, bestätigt Karl-Heinz Bruns. Der Mann aus Capdepera hat lange nach einer Anlaufstelle suchen müssen: "Ich war auch beim Rathaus, bei der Touristen-Info, sogar bei einem Tierarzt", sagt er. "Aber keiner konnte mir weiterhelfen." Später bekam er die Handynummer eines Schlangenjägers: "Aber da geht keiner ran."

Das Umweltministerium hat die Dringlichkeit erkannt und schreibt in einer Mitteilung: "Wir können nicht jedem Menschen, der zu uns kommt, eine eigene Falle aushändigen." Deswegen hat die Behörde eine Anleitung zum Fallen-Basteln als Download zur Verfügung gestellt (siehe Infokasten).

Es gibt auch Fallen zu kaufen, zum Beispiel bei Rafael Binimelis, Chef der Firma "Control Especies Animales". Dort kosten sie ab 50 Euro. "Man darf aber nicht vergessen, dass dann noch ein Köder fehlt, also ein Kleintier, ein Nager zum Beispiel. Ohne Futter geht die Schlange sicher nicht freiwillig in den Käfig", so Binimelis.

Karl-Heinz Bruns hat sich zuletzt direkt bei einer Kammerjäger-Firma informiert. "Der Kostenvoranschlag liegt bei 1028,50 Euro. Und die Firma wollte nur das Haus mit Chemikalien einschmieren, um die Schlange fernzuhalten." Er hat sich jetzt bei einem Gartenbaubetrieb zwei Fallen für je 49 Euro gekauft. Der Köder wird täglich gefüttert: "Um die kleine Maus tut es mir wirklich leid." Für 25 Euro kriegt man eine Schlangenfalle bei der gemeinnützigen Organisation Aproscom. "Für viele Privatunternehmen sind die Sorgen der Bürger ein lukratives Geschäft", sagt Dr. Piña von der Uni. Er empfiehlt, sich eine Falle bei dem Verein zu kaufen und die Schlange dann bei einem Tierarzt oder einem anderen Experten einschläfern zu lassen. "Momentan gibt es noch keine andere Lösung, wir können sie nirgendwo hinbringen." Man arbeite aber daran.

Ganz wichtig sei es, so Piña, die Einfuhrbestimmungen an Häfen und Flughäfen zu ändern, damit importierte Ware wie etwa Pflanzen stärker nach blinden Passagieren untersucht werden. Außerdem muss den Bewohnern klar sein, dass die Tiere für Menschen nicht gefährlich sind, sie aber dennoch zuschnappen können, wenn sie sich bedroht fühlen: "Gerade im Käfig. Aber Katzen können auch zuschnappen, wenn ihnen unwohl ist. Trotzdem sollte man nicht versuchen, die Schlangen anzufassen."

WEITERE INFOS IM NETZ. Wer eine Schlange auf seinem Grundstück entdeckt, kann sich auf der Website der Balearen-Regierung wichtiges Informationsmaterial herunterladen. Auch eine Anleitung zum Fallen-Basteln ist dort zu finden. Hier der Link. (mh)