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Mit Kläranlagen ist es ein bisschen so wie mit Windrädern, Solarparks, Autobahnen oder Müllverbrennungsanlagen: Dass es sie geben muss, ist nahezu für jeden einsichtig. Nur vor der eigenen Haustür, da will man sie dann lieber doch nicht haben.

Einen solchen Fall gibt es jetzt auf Mallorca, genauer gesagt in Santa Margalida an der Nordküste. Dort soll für zwölf Millionen Euro eine neue Kläranlage entstehen. Der Hintergrund: Bislang teilen sich die Gemeinden Santa Margalida und Muro eine solche Anlage. Diese aber ist in den Sommermonaten, in denen in der Gegend Zehntausende Touristen ihren Urlaub verbringen, völlig überlastet. Die Abwassermenge ist dann dreimal so hoch wie im Winter. Ein Neubau macht also Sinn.

Der Haken an der Sache: Das geklärte Abwasser würde durch ein kilometerlanges Rohr direkt ins Meer geleitet - 3500 Meter von einem der beliebtesten Badestrände der Insel entfernt. Deshalb nimmt nun die Sorge zu, es könne zu Verschmutzungen durch nicht ausreichend geklärtes Wasser kommen - mit gravierenden Folgen für den Tourismus in der Gemeinde.

Jaume Ferriol bemüht sich, die Bedenken zu zerstreuen. Laut dem Geschäftsführer von Abaqua, des staatlichen Unternehmens, dem fast alle balearischen Kläranlagen gehören, ist das Genehmigungsverfahren vor dem Bau einer neuen Kläranlage streng. Das geklärte Abwasser dürfe nicht weniger als 500 Meter von der Küste entfernt ins Meer geleitet werden. 3,5 Kilometer, wie in Can Picafort vorgesehen, seien ein erheblicher Sicherheitsabstand. Außerdem gebe es in allen Kläranlagen regelmäßige Kontrollen der Wasserqualität.

67 dieser Anlagen gibt es derzeit auf Mallorca, bis auf elf sind sie im Besitz von Abaqua, die Anlagen in Palma (zwei), Calvià (vier), Manacor (zwei), Esporles, Alcúdia und Sant Llorenç gehören der jeweiligen Gemeinde. Das behandelte Abwasser wird zum Teil von Landwirten und Golfplatzbesitzern genutzt (gegen Bezahlung), zum Teil fürs Wässern in öffentlichen Grünanlagen eingesetzt. Ein Teil des Klärwassers wird in natürliche, unterirdische Reservoirs geleitet. Der überwiegende Teil aller Kläranlagen aber pumpt das behandelte Abwasser direkt ins Meer - entweder über ein nahegelegenes Flussbett (Torrente) oder eben über ein Rohr, das ins Meer führt.

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"Im Normalfall ist das auch überhaupt kein Problem", sagt Ferriol. Die europaweit einheitlichen Grenzwerte würden stets eingehalten. Lediglich zu Spitzenzeiten, im Hochsommer, wenn die eine oder andere Anlage mit der Abwassermenge einfach nicht fertig wird, oder wenn es technische Probleme gibt, könne es vorkommen, dass Dreckwasser ins Meer fließt.

Mallorca war in den frühen 80er Jahren Vorreiter, was die Installation von Kläranlagen angeht. "Die Balearen waren die erste spanische Region, die einen Abwasser-Plan hatte", sagt Ferriol. Die damaligen Entscheidungsträger hatten erkannt, dass sich eine Insel, die vom Tourismus lebt, kein dreckiges Meer erlauben kann. "Das Problem ist, dass die Kläranlagen dann nicht permanent modernisiert wurden", sagt Ferriol. Jährlich müssten 15 bis 20 Millionen Euro investiert werden, um die Anlagen nach und nach auf den neuesten Stand zu bringen.

Dass das Meerwasser rund um Mallorca alles in allem ziemlich sauber ist, belegen immer wieder Studien. Zuletzt stellte die Europäische Umweltagentur fest, dass das Wasser an fast allen Inselstränden ausgezeichnete Qualität hat.

INFO: DRECKWASSER VERBOTEN

Wer Abwasser ins Meer leiten darf und welche Qualität dieses haben muss, ist in der Europäischen Union einheitlich durch eine Richtlinie aus dem Jahr 1991 geregelt, die auch in Spanien längst in nationales Recht umgesetzt wurde. Diese Richtlinie legt unter anderem die Schadstoffgrenzwerte fest, die eingehalten werden müssen. Lange Zeit war es auf Mallorca üblich, Abwasser einfach ins Meer zu leiten. Das ist nicht mehr erlaubt. Wer Zugang zur Kanalisation hat, muss diese nutzen. In entlegenen Ecken müssen Hausbesitzer Klärgruben installieren, die dann bei Bedarf leergepumpt werden müssen. Bei Verstößen ist die jeweilige Gemeinde zuständig.

(aus MM 33/2014)