Wie kaum etwas anderes symbolisiert das Auto
den Wohlstand einer Gesellschaft: Individuelle Mobilität als
höchster Ausdruck der Moderne. Das gilt auch auf Mallorca, wo das
Auto den radikalen Strukturwandel der Inselgesellschaft in den
vergangenen Jahrzehnten verbildlicht.
Erlebten Mallorca-Urlauber in den 50er und 60er Jahren
vielerorten noch eine von Eselskarren geprägte Gemächlichkeit,
steht die Insel heute in der Hochsaison regelmäßig vor dem
Verkehrskollaps – wenn neben den Einheimischen auch noch
Zehntausende Touristen in Urlaubergeschwindigkeit auf den Straßen
unterwegs sind. Die Balearen sind eine der Weltregionen mit der
höchsten Autodichte, Statistiken zufolge kommt auf jeden
Inselbewohner mehr als ein Fahrzeug.
Die sichtbarste Folge der individuellen Mobilität ist der stetig
zunehmende Verkehr. Aber nicht nur das: Während andernorts die
Regelungswut der Behörden wenig Raum für Interpretationen lässt,
ist auf Mallorcas Straßen vieles Abwägungssache. Plötzliche und
unangekündigte Spurwechsel etwa sind auf Mallorca ein beliebtes
Mittel zur Richtungsänderung und mögen Ausdruck südländischer
Kurzentschlossenheit sein.
Berüchtigt sind die vielerorts anzutreffenden
Fahrbahnmarkierungen, die zwangsläufig ins Verderben führen –
Fahrstreifen, die ohne Vorwarnung zu Abbiegespuren werden oder
schlicht und einfach enden. Autobahnabfahrten, die erst im letzten
Moment angekündigt werden, Einbahnstraßen, die nicht als solche zu
erkennen sind, Rechtsüberholer, Parken in der zweiten Reihe –
Verkehrsvorschriften sind hierzulande häufig keine ehernen Gesetze,
sondern immer wieder Gegenstand erneuter Auslegung. Wie es eben
gerade passt.
Sogar die Verkehrsbehörde höchstselbst kam kürzlich bei einer
Untersuchung der Beschilderung auf Spaniens Straßen zu einem wenig
schmeichelhaften Ergebnis: „Nicht bestanden”, lautete das
eindeutige Fazit. Mehr als die Hälfte der Fahrer seien wegen
schlechter Markierungen oder Beschilderungen schon einmal in eine
gefährliche Situation geraten.
Und dennoch: In den vergangenen Jahren hat sich viel getan. Vor
allem konnte die extrem hohe Zahl der Verkehrstoten in Spanien
deutlich reduziert werden. Im Jahr 1989 kamen in Spanien sage und
schreibe 5940 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben – ein Wert,
der damals nur von Italien übertroffen wurde. Noch 2003 lag Spanien
bei den Verkehrstoten weit über dem EU-Durchschnitt. Seitdem hat
sich das Blatt aber gewendet: 2009 dagegen starben auf Spaniens
Straßen noch 1897 Menschen (38 davon auf den Balearen).
Damit liegt Spanien EU-weit in der Spitzengruppe. Nur auf Malta,
in Schweden Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland, Irland
und Finnland kommen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung weniger
Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Die Gründe für diesen
Wandel sind eindeutig: Zum einen zeigt die Einführung des
Punkteführerscheins Wirkung, zum anderen die Verschärfung der
Gesetze und vor allem das strengere Vorgehen der Polizei bei
Alkohol am Steuer.
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