Der Strand an der Cala Estellencs ist steinig und unwegsam, aber malerisch. Die liebliche Landschaft zwischen dem Dorf und der Küste ist saftig grün. | Ingo Thor

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Es ist die Gnade der späten Tageszeit, die den MM-Emissär wohl vor dem Schlimmsten schützt: Der Schatten, den am Montagnachmittag, 17. Juli, die zahllosen Kiefern bei schätzungsweise 37 Grad auf dem Weg zur vielgelobten Cala Estellencs spenden, ist ein Labsal auf den immerhin 1,7 Kilometern ab dem Dorfkern. Dennoch: Ist ein halber Liter Wasser in 30 Sekunden getrunken, dringt dieses in kürzerer Zeit wieder als Schweiß aus den Poren. Zusammen mit dem penetranten und dennoch angenehmen Geräusch der Zikaden und dem wunderbar mediterranen Daherkommen der saftig-grünen Landschaft inklusive wohlgeformter Palmen versetzt die Extremhitze den Ortsbegeher im Nullkommanichts in einen Zustand entrückter Berauschtheit.

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Von der Küstenbar "Sa Punteta" aus hat man einen Traumblick auf das Meer. Fotos: it

Als endlich die Küstenbar "Sa Punteta" oberhalb des tiefblauen Meers hervorsticht, potenzieren zwei in markantem amerikanischen Slang sprechende Frauen in langen Sommergewändern den Schwebezustand des Wanderers. "It’s so chaaaarming", ruft eine am Ende, die eben einem Mietwagen entstiegen ist, während der Reporter – inzwischen am Lokal angekommen – die Karte in Augenschein nimmt, sich dann einen Stuhl sucht und lustvoll ein Bier bestellt. Das Meeresrauschen hat das Zikadengeräusch abgelöst, das Gefühl der Entrücktheit bleibt bestehen.

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Es sind wenige, die sich hier in der Bar und am sonnengefluteten Steinstrand neben dem idyllisch gelegenen Fischerhafen aufhalten. Was nicht verwundert, denn der winzige 336-Seelenort Estellencs befindet sich noch ablegener als das benachbarte größere dorf Banyalbufar hinter den Tramuntanabergen. Erreichen kann man ihn nur auf der zwar gut ausgebauten, aber ausgesprochen kurvigen Gebirgs-Transversale Ma-10.

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Das Zentrum des Dorfes kommt ausnehmend urig und authentisch daher. Foto: it

Im "Sa Punteta" liegen die Preise zur Freude des Ortsbegehers im erträglichen Bereich, der zur salzhaltigen Luft passende Tintenfisch kostet unter 20 Euro. An einem Nebentisch sitzt der Österreicher Peter Doskozil zusammen mit einer Begleiterin. "Es ist so friedlich und ruhig hier", schwärmt der Urlauber im unverwechselbaren Wiener Dialekt von der Gegend. "Hier vergisst man den überlaufenen Rest der Insel." Der Feriengast nippt mit Hingabe an einem undefinierbaren Kaltgetränk und gibt sich genauso wie der Reporter dem eher leisen, aber dennoch einlullenden Meeresrauschen hin.

Es kostet denn auch Überwindung, die Rückkehr zum oben liegenden Dorf zu beginnen. Nach einer halben Stunde ist der Weiler wieder erreicht: der Kramladen "Un poc de tot" („von allem etwas”), das bestens besuchte und durchaus gediegene Hotel Maristel, wo Touristen am Pool den Fernblick aufs Meer und den sich in der diesigen Luft verlaufenden Horizont genießen, die im 17. Jahrhundert auf Basis eines mittelalterlichen Wehrturms geschaffene Johannes-der-Täufer-Kirche. Auf der überdachten Terrasse der "Cafetería Vall Hermós" (Tapas ab 6,60 Euro, Grappa 3,50 Euro) lassen hitzebedingt lethargische Gäste mit Schweißperlen auf der Stirn den Nachmittag ausklingen. Estellencs ist halt relaxtes Dasein in einem stillen Winkel.