Im Imbisslokal "Las Muns" setzt man auch auf unterschiedliche Teigfarben und Aufdrucke mit den jeweiligen Geschmacksrichtungen. | Patricia Lozano

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Es empfiehlt sich, den Geschmack mit geschlossenen Augen wirken und dann die Bilder gedanklich kreisen zu lassen: Beißt man in eine klassische argentinische Salteña-Empanada mit Fleischfüllung, so fühlt man sich – wenn man es denn kennt – im Nu in das südamerikanische Land gebeamt. Dorthin, wo das Empanada-Essen neben dem Konsum von Rindfleisch in allen möglichen Variationen zum allgemeinen Lebensstil einfach dazugehört.

Nun werden Empanadas in Palma immer populärer. In den vergangenen Jahren haben im alten Zentrum gleich mehrere Lokale aufgemacht, die die gefüllten Teigtaschen als Schnellimbiss feilbieten – so, wie das bereits seit viel längerer Zeit mit Pizzastücken und Döner-Kebabs der Fall ist. Hat man zwischendurch Hunger, pfeift man sich halt im Vorbeigehen so etwas herein.

Das gilt jetzt also auch für diese Jahrhunderte alte argentinische Spezialität, die in deutschen Landen nicht allzu vielen Menschen bekannt ist, in den meisten spanischsprachigen Staaten aber sehr wohl. Gefüllte Teigtaschen, sogenannte Panades, gibt es auch auf Mallorca schon seit ewigen Zeiten, sie sehen nur anders aus als die argentinischen und sind mit anderen Ingredienzien wie etwa Erbsen gefüllt. Auf sowas verzichtet man in Südamerika eher, greift dafür aber nicht nur auf Fleischhack, sondern auch auf Schinken, Roquefort- oder anderen Käse, Hühner- oder Lammfleisch zurück.

Wobei man im Zentrum von Palma der Empanada neuerdings noch einen schicken Drall verpasst hat: Bei dem Imbiss „Don’t cry for me”, der seit gut zwei Jahren mit zwei Filialen in der Oms- und in der Sant-Miquel-Straße vertreten ist, kann man nicht nur – wie etwa in den schon viel älteren „MDQ”-Restaurants – die klassischen Empanadas erstehen, sondern sich auch mit kreativen bis absonderlichen Kreationen mästen: Erwerbbar sind dort etwa Pilz- und Trüffel-Empanadas und – gewagter geht es kaum – mit Mus aus Granny-Smith-Äpfeln und Zimt gefüllte Teigtaschen. Das gilt auch für die Nutella-Empanada, die ein Lokal namens „Jimmy Churri” anbot, das es in Palma gar nicht mehr gibt, das im Internet aber munter weiterexistiert. Das ebenfalls in der Oms-Fußgängerzone befindliche Etablissement „Las Muns” setzt mit einer Teigtasche, die mit der spanischen Nutella namens Nocilla und Bananenstücken gefüllt ist, noch mit Schmackes einen drauf. „Es ist eine Delikatesse”, so Betreiber Carlos.

Wobei, was die drei letztgenannten süßen kulinarischen Erzeugnisse anbelangt, bei einem Gelage in Buenos Aires oder woanders in Argentinien eher Sprachlosigkeit bis Entsetzen vorherrschen dürfte, wenn so etwas angeboten würde. Eine Empanada hat nun einmal salzig bis allenfalls viertelsüß zu schmecken. In diesem Bereich ist die Vielfalt der Ingredienzien aber groß. In jeder argentinischen Provinz gibt es besonders bevorzugte Geschmäcker: In der Weingegend Mendoza etwa mischt man auch Oliven in die Empanadas, in Córdoba Möhrenstückchen und – sehr zurückhaltend – Birnenmus, in Patagonien Fisch und Meeresfrüchte, im brandheißen Chaco-Gebiet hartgekochte Eier und Paprika und in der Andenprovinz Catamarca gekochte Kartoffeln.

Woher die Empanada genau kommt, ist nicht allzu klar: In Persien soll es so etwas Ähnliches bereits vor 2000 Jahren gegeben haben, es wird vermutet, dass die Mauren das Erzeugnis im achten Jahrhundert nach Spanien brachten. Klar beschrieben wurde die Empanada hierzulande erstmals in einem Kochbuch aus Toledo im Jahr 1525. Mit den Eroberern gelangte die Teigtasche auf den amerikanischen Kontinent, wo sie kulinarisch verfeinert wurde. In die argentinische Andenregion kam sie im 17. und 18. Jahrhundert wohl aus dem Norden des damaligen spanischen La-Plata-Vizekönigreichs. In der fast 5000 Meter hoch gelegenen Münzprägestadt Potosí – heute Bolivien – soll die klassische 20 Zentimeter breite Salteña von einer Frau namens Leonor de Flores ersonnen worden sein.

Bis zur Nocilla-Empanada war es dann ein weiter Weg. Wobei es möglich ist, authentische Traditions-Teigtaschen auch in Palma in nicht aufgeschickten Lokalen mit einem Glas Rotwein zu verputzen – etwa im Restaurant „El Viejo Vizcacha” in der Straße Jafuda Cresques 16 oder im einfachen Straßenlokal „Vos y Yo” in der Allee „31 de Diciembre”, wo man zwei Empanadas nebst Getränk für sechs Euro kredenzt bekommt.