Die Kapelle der Einsiedelei stammt aus dem 19. Jahrhundert und ist tagsüber in der Regel zu besichtigen. | jm

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Nein, versehentlich gerät wohl niemand in diese entlegene Ecke Mallorcas. Die Landstraße Ma-3331 ist eine Sackgasse. Viel weiter entfernt von Palma als diese 80 Kilometer kann man auf der Insel kaum sein. Die westliche Küste der Levante-Halbinsel, die zu Artà gehört, ist eine der schroffen, nur dünn besiedelten Gegenden Mallorcas. Die Küste ist überwiegend felsig, die Orte Colònia de Sant Pere sowie die Urbanisationen Betlem, Montferrutx und S’Estanyol sind jetzt im Winter weitgehend ausgestorben. Im Osten, zum Greifen nah, erheben sich die Berge des Levante-Naturparks.

Dort hinauf führt die kleine Wanderung, die bei Kilometer 7,5 der Landstraße Ma-3331 kurz vor Betlem beginnt. Die drei Kilometer lange Strecke ist komplett ausgeschildert, sich zu verlaufen ist praktisch unmöglich. Das ist dem Umstand zu verdanken, dass sich das 150 Hektar große Landgut Es Canons seit 2018 im Besitz der öffentlichen Hand befindet. Die Balearen-Regierung gab seinerzeit 6,75 Millionen Euro dafür aus – finanziert wurde der Kauf mit Geld aus der Übernachtungssteuer, die jeder Mallorca-Urlauber pro Nacht entrichten muss.

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Zunächst führt ein bequemer Schotterweg durch die karg von Zwergpalmen, Aleppo-Kiefern und wilden Oliven bewachsene Küstenlandschaft. Etwa 300 Meter nach dem Start befinden sich beiderseits des Weges die Ruinen einer ehemaligen Militär-Kaserne sowie das Haupthaus des Landgutes. Wenig später gelangt man zu einem Abzweig, linkerhand geht es nun auf einem schmaler werdenden Pfad zunehmend steil den Berg hinauf. 50 Minuten sind es von hier aus laut Wegweiser bis hinauf zur Ermita de Betlem, dem Ziel der Wanderung. Wer gut zu Fuß ist, schafft es auch schneller. Hin und wieder gilt es, über groben Fels zu steigen. Die Aussicht über die Bucht von Alcúdia wird zunehmend spektakulärer. Nach etwa einem Drittel der gesamten Wegstrecke führt der Pfad oberhalb einer Staumauer vorbei, die rechterhand nicht zu übersehen ist. Es wird jetzt steiler, Serpentinen winden sich den Berghang hinauf. Wenn etwa zweieinhalb Kilometer des Weges geschafft sind, nähert sich dieser der bereits vor vielen Jahrhunderten besiedelten, fruchtbaren Hoch-ebene. Felder und Obstbäume zeugen davon. Die unter hohen Platanen gelegene Quelle Font de s’Ermita eignet sich gut für eine Rast. Dort befindet sich auch eine kleine, in den Felsen gebaute Kapelle. Bis zur Einsiedelei sind es nur noch wenige hundert Meter über einen bequemen Fahrweg.

Bereits zu Zeiten der muslimischen Herrschaft über die Insel wurde hier Landwirtschaft betrieben. Aufgrund der einsamen Lage aber waren die Bewohner des damals Binialgorfa genannten Landgutes den Piratenangriffen weitgehend schutzlos ausgeliefert. Mönche aus Randa und Valldemossa ließen sich dann im 19. Jahrhundert hier nieder und errichteten ihre Einsiedelei auf den Ruinen des alten Weilers. Im Jahr 2010 mussten sie dann mangels Nachwuchses ihrerseits aufgeben. Heute zeugt noch die hübsche kleine Kapelle von ihrem Wirken. Die übrigen Gebäude ringsherum verfallen zusehends. Zurück geht es über denselben Weg wieder hinunter in Richtung Küste.