Mallorca-Resident Dominik Schenk Graf von Stauffenberg lebt seit über zwei Jahrzehnten auf der Insel. | Patricia Lozano

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Schenk von Stauffenberg ist ein Name, der in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Und einer von den 200 noch lebenden Namensträger des Adelsgeschlechts wohnt auf Mallorca: Dominik Schenk Graf von Stauffenberg fühlt sich seit 23 Jahren auf der Insel zu Hause. Er lebt in Palmas Stadtteil Son Armadams, arbeitet als Innendesigner.

Sein Großvater war ein Cousin von Claus Schenk von Stauffenberg – des Mannes, der am 20. Juli 1944 die Bombe zündete, um Adolf Hitler zu töten. „Das war zeitlich gesehen das letzte Attentat. Es war aus der unmittelbaren Umgebung des „Führers” und hat ihn auch verletzt”, so der 58-jährige Mallorca-Resident. Die Stauffenbergs, von denen zahlreiche in den USA, London, Paris, Madrid und Deutschland leben, treffen sich einmal im Jahr zu einem Familientag. Dabei sei die Geschichte jedoch kein Thema, das immer wieder aufgegriffen werde.

Auf seinen Namen werde Graf von Stauffenberg auch auf Mallorca angesprochen. Vor allem seit dem Film „Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat” mit Tom Cruise im Jahr 2008 wollen viele wissen, was historisch tatsächlich geschehen sei, so der deutsche Blaublüter. Dem Adeligen zufolge hätte es jedoch andere Verfilmungen des Hitler-Attentats gegeben, die die historischen Gegebenheiten besser und wahrheitsgetreuer wiedergegeben hätten – allen voran die deutsch-österreichische Produktion „Stauffenberg” aus dem Jahr 2004 mit Sebastian Koch in der Hauptrolle. Nicht nur im Freundeskreis oder bei seinen Kunden sorge seine Herkunft und der Name ab und an für Gesprächsstoff, so Graf von Stauffenberg. Auch die spanische Presse zeigte Interesse an seiner Person, und in der Öffentlichkeit wurde er zu Veranstaltungen geladen – so zu einer Diskussion mit Bürgern in Vilafranca oder zu einem Vortrag am Internat Lluc.

Graf von Stauffenberg zufolge hätte man in Deutschland die Geschichte gut aufgearbeitet. Doch momentan müsse viel mehr Aufklärung geleistet werden, da es vor allem im Schulunterricht immer mehr Defizite gebe. „Die Geschichte kann sich wiederholen. Denn Menschen vergessen sehr schnell und sind dann leicht manipulierbar”, mahnt der Adelige. Ihm zufolge sei es wichtig, sich umfassend zu informieren und verschiedene Positionen tief zu durchdenken, um sich eine eigene Meinung zu bilden. „Heute ist die Beeinflussung durch die sozialen Medien sehr stark. Und Zeitungen werden kaum noch gelesen, höchstens nur noch die Überschriften, was ein gefährlicher Trend ist.” Nicht nur in Deutschland erhielten derzeit rechtspopulistische Parteien wie die AfD viel Zuspruch, auch in Spanien sei dies der Fall mit Vox. Besorgniserregend sei auch der russisch-ukrainische Krieg und das Gebaren des Machthabers Wladimir Putin. „In Russland wurde die Geschichte nie aufgearbeitet. Dabei waren die Gulags in der Sowjetunion wie die Konzentrationslager in Deutschland.”

Hollywood-Star spielte den Hitler-Attentäter Stauffenberg im Film "Walküren"
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Graf von Stauffenberg wolle nicht mit erhobenen Zeigefinder mahnen, jedoch durch das Vermächtnis seiner Familie an die Vergangenheit erinnern: „Politiker können, wie sich zeigt, auch heutzutage lügen, was anfänglich schwer zu durchschauen ist.” Die im Zusammenhang stehenden Ereignisse mit dem Hitler-Attentat habe er von klein auf mitbekommen. So habe er Nina, die Frau von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, sehr gut gekannt: „Sie hat nie viel über die Vorfälle gesprochen. Sie wusste bis zum Schluss nicht von der Verschwörung gegen Hitler, hat es aber geahnt. Claus hatte ihr nichts gesagt. Das war eine Schutzmaßnahme für den Fall, dass sie gefangengenommen werden würde.”

Nach dem gescheiterten Umsturzversuch plante der SS-Reichsführer Himmler, die Familien der Verschwörer zu ermorden. Dominik Graf von Stauffenberg erklärt diesbezüglich: „Im Rahmen dieser Idee der Sippenhaftung sollten alle unsere Familienmitglieder beseitigt und eliminiert werden. Mein Vater wurde, als er 14 Jahre alt war, von Zuhause abgeholt und in ein Gefängnis nach Nördlingen gebracht. Vor dort ist er zunächst in das KZ Buchenwald gekommen und danach ins Konzentrationslager Dachau deportiert worden.”

Schwer abzuschätzen sei es für Dominik Graf Stauffenberg, was passiert wäre, wenn das geplante Attentat auf Adolf Hitler geglückt wäre: „Damals wurde auch viel gelogen, wie bei den Radiosendungen aus dem ,Volksempfänger’ deutlich wurde. Es hieß, das Dritte Reich stünde kurz vor dem Sieg, doch sind letztendlich Bombenangriffe der Alliierten geflogen worden.” Dem Adeligen zufolge herrschte ein komplett anderer Zeitgeist, und sich in Claus Schenk Graf von Stauffenberg hineinzuversetzen sei schwierig: „Er hat Geschehnisse vorausgesehen und wollte dieses Land vom Leid befreien. Das Risiko war ihm sicherlich klar. Letztendlich war es sein Wille, dem Bösen ein Ende zu setzen.”

Und ferner erklärt er: „Der ,Führer’ hatte für die Deutschen einen gottgleichen Status. Hätte es Claus geschafft, ihn umzubringen, wäre es für das Volk ein Schock gewesen. Definitiv wären die schlimmsten Jahre des Krieges zu Ende gewesen.” Eine Forschung aus Kanada sei zudem zum Ergebnis gekommen, dass zwei Millionen Menschenleben hätten gerettet werden können.