Die Welt hat, was die Vermittlung von Besatzungen für Luxusyachten anbelangt, zwei konkurrenzlose Hotspots: Der erste ist schon seit fast ewigen Zeiten Fort Lauderdale im US-Sonnenstaat Florida, der zweite ist – man reibt sich fast die Augen - Palma de Mallorca.
Letzteres sei vor wenigen Jahren noch nicht der Fall gewesen, sagt Leticia Van Allen, Gründerin und Chefin einer seit 20 Jahren existierenden Spezialagentur. Doch dann strich die konservative Regierung in Madrid im Jahr 2013 eine Steuer auf Mietyachten, und später beschloss die französische Regierung, dass die Arbeitgeber der dort eingesetzten Besatzungsmitglieder Sozialabgaben an den Staat liefern müssen, sofern sie für mehr als drei Monate verpflichtet wurden. Womit das Yacht-Eldorado Antibes an der Cote d’Azur auf einmal nicht mehr so wichtig war wie früher. „Und außerdem wurde Barcelona wegen der vielen Separatisten dort mit der Zeit immer uninteressanter”, so die Agenturinhaberin.
Leticia Van Allen war vor 30 Jahren aus Argentinien nach Spanien eingewandert. Bevor sie ihre Firma gründen sollte, arbeitete sie auf Yachten wie etwa der famosen „Trump Princess”, die dem heutigen US-Präsidenten gehörte. Die Job-Vermittlerin kann inzwischen für Einsätze aus etwa 25.000 Personen wählen, die sie in ihrer Datenbank gespeichert hat. Leticia Van Allen sieht sich in der Lage, die manchmal absonderlichen Vorlieben schwerreicher Yachtbesitzer aus arabischen Staaten und Russland spielend zu bedienen. Neuerdings kommen auch immer mehr Chinesen und Inder hinzu, doch „die sind noch relativ scheu”, so die Yacht-Expertin. Hat sie es mit Deutschen zu tun, so achtet sie, wie sie sagt, peinlich genau darauf, denen kein deutschsprachiges Personal zukommen zu lassen. „Die wollen in der Regel nicht, dass die Mannschaft mitbekommt, über was sie geschäftlich reden.”
Auch nicht ganz so betuchten Menschen, die sich eine Luxusyacht etwa für eine Woche leihen wollen, stellt die Crew-Vermittlerin schnell qualifiziertes Personal zur Verfügung. Dieses reicht vom Kapitän über den zweiten Kapitän, den Majordomus und den Bootsmännern bis hin zum Koch oder zur Köchin. „Acht bis neun Leute sind in der Regel auf jeder der weltweit etwa 4500 Yachten ab 50 Meter Länge im Einsatz”, sagt sie. Hinzu kommen allerhöchstens zwölf Fahrgäste, die auf so einem Schiff übernachten dürfen.
Die bekommen es mitunter mit Brenda Damphousse zu tun. Die Kanadierin ist eine Yachtköchin mit jahrzehntelanger Erfahrung. Zuweilen war sie elf Monate kreuz und quer auf den Ozeanen unterwegs. Wenn es etwa einen Eigner nach einem Nachtmahl um 4 Uhr gelüstet, muss die derzeit in Palma wohnhafte Boatwoman das Essen ohne Zeitverzug zubereiten. Und organisiert ein Besitzer oder Charterer eine Party für Dutzende Gäste, muss sie für genügend Speisen und Getränke sorgen. Dafür gibt’s aber ordentlich Geld: Kostet ein Yachtcharter pro Woche 200.000 Euro, sind darin 20.000 für die Besatzung allein als Trinkgelder enthalten. „Ich mache das seit dem Jahr 2000”, sagt die Mutter eines fünfjährigen Kindes, die ihren Ehemann - einen Kapitän - vor Jahren, na klar doch, auf einem Schiff kennengelernt hatte. Der tourt momentan auf einer brandneuen Superyacht, deren Namen Brenda Damphousse nicht genannt wissen will, durch die Weltmeere.
Die englischsprachige Yachtköchin bewegt sich in der Branche hauptsächlich unter ihresgleichen. „Das ist ein vor allem englischer und australischer Markt”, sagt Crew-Vermittlerin Van Allen. Sie wundert sich schon seit Jahren, dass spanischsprachige Menschen dort kaum vertreten sind. „Irgendwie springt der Funke nicht zu ihnen über”, sagt sie. Das dürfte an der in spanischsprachigen Regionen allgemein eher dürftigen Beherrschung des Englischen - der Yachtsprache schlechthin - liegen. Aber auch die gelinde gesagt beengten Wohnverhältnisse an Bord schrecken wohl viele ab. „Ein Viertel einer Yacht ist für die Besatzung, drei Viertel für den Besitzer”, bringt Leticia Van Allen die Zustände auf den Punkt.
Brenda Damphousse ist das einerlei. Sie habe auf Yachten in ihrem Metier und auch darüber hinaus sehr viel gelernt, sagt sie. Ihre Kochkünste konnte sie dank der gutbezahlten Meeres-Einsätze unter anderem bei Kursen in Paris vervollkommnen. Und würde sie nicht eine Boatwoman sein, hätte sie wohl kaum Massage-Therapien oder das Tauchen gelernt.
Davon, dass Palma für Yachtbesatzungen immer wichtiger wird, profitieren mehrere kleine „Satelliten-Industrien”, wie es Leticia Van Allen ausdrückt. Restaurants verkaufen ihre Produkte dort für viel mehr Geld, was auch für Blumenhändler gilt. Auch Uniformschneider profitieren auf der Insel laut der Vermittlerin von dem florierenden Business. „So eine Luxusyacht lässt täglich gut und gerne 600 Euro auf der Insel”, sagt sie. Das Business läuft halt bestens, zumal es, wie Leticia Van Allen sagt, „immer mehr Reiche” gibt.
(aus MM 24/2018)
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