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Sechs Männer waren am 1. Dezember 1973 zusammengekommen, um ihre Unterschriften unter die Gründungsurkunde eines Ornithologenvereins zu setzen. Es war die Geburtsstunde des "Grupo de Ornitología Balear", kurz: GOB. Hauptzweck des Vereins: Beobachtung und Erforschung der mallorquinischen Vogelwelt. Dass sich die Gruppe zum wichtigsten Wortführer der Umweltschutzbewegung der Insel entwickeln würde, ahnte damals vermutlich niemand.

Wer den Leuten vom GOB heute einen Besuch abstatten möchte, der trifft sie im Erdgeschoss und Hinterhof eines niedrigen Wohnhauses in Palmas Innenstadt, in dem es fürchterlich zieht und der Putz von den Wänden bröckelt. Der Wasserspender sieht aus, als sei er schon seit Monaten leer, die Kaffeemaschine daneben ist kalt. In den Regalen stehen Dutzende, wenn nicht Hunderte Aktenordner und zahllose VHS-Kassetten. An den Wänden hängen vergilbte Plakate vergangener Protestaktionen. "Sieg! Dragonera ist gerettet!", steht auf einem.

Der Kampf gegen die geplante Bebauung der "Dracheninsel" vor der Küste von Sant Elm in den 70er und 80er Jahren gilt gemeinhin als erster großer Erfolg des GOB. Tourismus- und Bauboom führten dazu, dass Mallorca die erste spanische Region war, in der sich eine starke Umweltbewegung entwickelte. Der GOB spielte dabei von Beginn an die Hauptrolle.

Schon bald nach seiner Gründung zeichnete sich ab, dass eine Beschränkung auf die Vogelkunde nicht der Realität standhalten würde. Bereits 1975 erfolgte dementsprechend die Umbenennung in "Grup d'Ornitologia Balear i Defensa de la Naturalesa", die bis heute gültig ist. Derzeit hat der GOB eigenen Angaben zufolge 5500 Mitglieder und dürfte damit einer der größten Vereine der Insel sein.

Wie tief der GOB in der mallorquinischen Gesellschaft verankert ist, zeigte sich zuletzt nach dem verheerenden Waldbrand, der im Sommer in der Tramuntana wütete und große Teile des Landguts La Trapa vernichtete, das dem GOB gehört. Man sei anschließend mit Hilfsangeboten nur so überschüttet worden, sagt GOB-Sprecherin Margalida Ramis.

Dennoch rufen die Umweltschützer auf Mallorca geteilte Meinungen hervor. Die Zahl der Widersacher ist groß. Immerhin hat sich der GOB in seiner nun 40-jährigen Geschichte mit vielen mächtigen Leuten angelegt. Die Umweltschützer haben Dutzende Prozesse geführt, Korruption und illegales Bauen angeprangert, Demonstrationen organisiert und immer wieder scharfe Kritik geäußert, die zunehmend auch in ausländischen Medien Resonanz findet.

Ins Visier der Umweltschützer geraten immer wieder vor allem Bauprojekte, geplante Hotels, Golfplätze, Hafenerweiterungen oder neue Straßen. Den Skandal um illegal erteilte Baugenehmigungen in Andratx brachte der GOB ins Rollen. Die Umweltschützer setzten sich ebenso unerbittlich für den Abriss mehrerer Wohnhäuser in Llucalcari ein, wie für den Abriss der Bauruinen von Ses Covetes. Der Landschaftsschutz ist zweifellos das beherrschende Thema des GOB, der sich eigenen Angaben zufolge allein aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert.

Allerdings beziehen Mallorcas Umweltschützer auch klar Stellung gegen die geplanten Müllimporte, sowie in den Bereichen Energie, Verkehr und Ressourcen. Und nicht zuletzt widmet sich der GOB auch nach wie vor der Vogelkunde - ganz so wie damals vor 40 Jahren.

INFO
Der GOB ist im Internet unter gobmallorca.com erreichbar. Dort gibt es Informationen auch in deutscher Sprache.

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ZITATE ZUM GOB

"Der GOB hat eine gute Arbeit gemacht. Er hat einen Beitrag zur Sensibilisierung für Umweltfragen geleistet. Ich habe die Arbeit des GOB immer geschätzt."

Álvaro Middelmann, langjähriger Air-Berlin-Direktor für Spanien und Portugal.

"Wenn es den GOB nicht gäbe, müsste man ihn erfinden. Er hat in vielen Situationen die Rolle des ausgleichenden Elements gespielt. Hin und wieder war er jedoch zu sehr politisiert."

Manuel Gómez, Direktor des mallorquinischen Bauunternehmerverbandes.

"Der GOB und wir haben gemeinsame Ziele: den Umweltschutz und die Begrenzung des Wachstums. Über den Weg, wie dies zu erreichen ist, sind wir allerdings nicht immer einer Meinung."

Inmaculada de Benito, Direktorin des mallorquinischen Hoteliersverbandes FEHM.

"Der GOB ist ohne Zweifel eine der wichtigsten und aktivsten Nichtregierungs-organisationen der Balearen. Man muss anerkennen, mit welcher Überzeugung er für seine Ziele eintritt."

Gabriel Company, balearischer Umweltminister.

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