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Der Umgang mit Emili Darder stellt das politische Establishment auf Mallorca regelmäßig vor unangenehme Situationen. Der Balanceakt zwischen Verschweigen und Erinnern wiederholt sich regelmäßig zum 24. Februar, jenem Datum, an dem Palmas letzter Bürgermeister der Spanischen Republik (1931 bis 1936) an der Friedhofsmauer durch ein Hinrichtungspeloton mit einer Gewehrsalve erschossen wurde. Der Arzt war damals nach einem Herzinfarkt so schwer krank, dass er nicht aus eigener Kraft stehen konnte. Er wurde auf einen Stein gesetzt - manche sprechen von einem Stuhl -, bevor ihn die Kugeln trafen.

An Darder erinnern heute eine nach ihm be-nannte Straße in Palma, eine Schule am Sa-Faixina-Park, die er als Bürgermeister hatte errichten lassen, eine unscheinbare Plakette, angebracht an der Hinrichtungsstätte.

Das Rathaus in Palma ernannte den einstigen Amtsherrn vor ein paar Jahren zum "Sohn der Stadt", ein Hinweis darauf findet sich aber im gepflegten Internet-Auftritt der Balearen-Metropole nicht. Anlässlich des Todestages, der sich nun zum 75. Mal jährt, ist kein nennenswertes offizielles Gedenken seitens der Repräsentanten der Stadt vorgesehen. Vielmehr sind es kleinere Körperschaften, wie ein Verein oder die Emili-Darder-Schule, die an den toten Bürgermeister erinnern. Neu war in diesem Jahr, dass Schüler im Rathaus eine Rede Darders inszenierten. Einem Medienbericht zufolge trugen sie zeitgenössische Kleidung; der Vortrag endete in einem gespielten Scharmützel zwischen Anhängern der Republik und Vertretern der neuen Ordnung: Militär, Polizei, Rechtsextremisten, Kirche.

Vereinnahmt wird das Hinrichtungsdatum von republikanischen Splittergruppen - Emili Darder gehörte der republikanischen Linken ERC an - die sich für ein aktives Erinnern an das düster Kapitel mallorquinischer Zeitgeschichte stark machen. Sie planen erstmals einen Fackelzug durch die Stadt, der an diesem Freitag, 24. Februar, um 20 Uhr vom Sa-Faixina-Park bis zur Friedhofsmauer führen soll.

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Gemeinsam mit Emili Darder waren an jenem frühen Morgen im Jahre 1937 drei weitere führende Anhänger der Spanischen Republik hingerichtet worden. Es handelte sich um den Ex-Bürgermeister von Inca, Antonio Mateu, den sozialistischen Ex-Parlamentsabgeordneten Alejandro Jaume und den Unternehmer Antonio Qués.

Darder und die drei anderen Genannten waren unmittelbar nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges auf Mallorca am 19. Juli 1936 festgenommen worden. Das Militär hatte sich auf dem Festland wie auch auf den Balearen gegen die verfassungsmäßige Ordnung erhoben, um einem angeblichen Revolutionsumsturz nach sowjetischem Muster zuvorzukommen. Nicht überall hatte der Putsch Erfolg. Auf dem Festland kam es zu massiven Kämpfen; auf Mallorca hatte das Militär jedoch vom ersten Moment an die Macht fest im Griff.

Darder wurde zunächst im Castillo de Bellver inhaftiert, anschließend machte man ihm vor einen Militärgericht den Prozess. Es war ein fingiertes Verfahren mit falschen Anschuldigungen, um ein Alibi-Urteil gegen Darder und seine Mitgefangenen zu erwirken. Diesen Eindruck gibt zumindest ein 2009 erschienenes Buch wieder, in dem MM-Mitarbeiter Josep Moll Marquès die Prozessakten veröffentlicht und kommentiert hatte.

"Sagt meiner Frau und meiner Tochter, dass ich sie liebe, und dass ich unschuldig bin", waren die letzten Worte des Bürgermeisters. Für die Familie brachen nach seiner Festnahme und Tötung schwere Jahre an. Ihnen wurde das Haus enteignet und dem Militär zugesprochen. Dort sind die Büros des Heeres bis heute untergebracht. Das ist republikanischen Parteien ein Dorn im Auge. Sie fordern die Rückgabe der Immobilie an die Nachkommen.