Frühjahrsstürme wie dieser Tage auf Mallorca wirbeln nicht nur Staub und Blätter auf, sondern treiben auch jedes Jahr wieder die gefürchteten Haare der Prozessionsspinner-Raupen durch die Luft. Die hauchdünnen Härchen des gefräßigen Pinien-Schädlings enthalten ein Kontaktgift, das bei Berührungen mit der Haut zu unangenehmen allergieartigen Reaktionen führen kann. Von leichtem Juckreiz über Ausschlag und roten Quaddeln bis hin zu schweren, behandlungsbedürftigen Unverträglichkeiten ist sowohl bei Menschen auch als bei Tieren alles möglich.
Bisher, so scheint es, wüten die Prozessionsspinner zumindest in Palmas Waldgebiet am Castell de Bellver so schlimm wie nie. "Ich laufe mit einer Gruppe von Freunden regelmäßig in diesem Gebiet und wir haben noch vor einer Woche Unmengen der Prozessionsspinner gesehen", sagt Desiree Hasse. Die deutsche Mallorca-Residentin lebt in Palmas Stadtteil Son Armadans und hatte schon oft mit gesundheitlichen Problemen durch die Raupen-Härchen zu kämpfen. "Wir lassen deshalb schon seit Jahren die Pinien auf unserem Grundstück und in der Nähe selbst besprühen und haben dort nie wieder ein Nest gesehen." Die vom Umweltministerium angekündigte Sprühaktion in ihrer Straße, die in einer Oktobernacht 2014 stattfinden sollte, sei allerdings wegen eines schweren Sturmes ausgefallen. "Da hat letztes Jahr niemand gesprüht."
Aus dem Norden hört man hingegen andere Töne: Jürgen Spengler, der seit vielen Jahren seinen Urlaub in Son Servera und Artà verbringt, ist erleichtert: "Wir hatten immer 50 bis 60 Nester auf unserem Grundstück und die Raupen zogen in langen Prozessionen um unseren Pool. In diesem Jahr haben wir noch keine Raupe gesehen", schreibt der MM-Leser per Mail.
Ein Grund könnte tatsächlich die groß angelegte Schädlingsbekämpfungsaktion des balearischen Umweltministeriums vom Oktober und November vergangenen Jahres sein, bei dem das erste Mal seit 2009 wieder große Flächen der Insel aus der Luft mit einem Insektizid besprüht wurden. In den Jahren zuvor war die Raupenbekämpfung wegen Geldmangels ausgefallen. 2014 wurden dann 1,4 Millionen Euro bereitgestellt, um insgesamt 24.000 Hektar auf Mallorca zu behandeln. Am stärksten befallen und deshalb besonders intensiv besprüht wurden laut Ministerium die Gemeinden Llucmajor, Calvià und Manacor. "Wenn unsere heutige Situation auf die Sprühaktion im Herbst zurückzuführen ist, war sie auf jeden Fall ein voller Erfolg und verschafft uns große Erleichterung", schreibt Jürgen Spengler.
Die Aktion mit Flugzeugen und Hubschraubern führte allerdings auch zu massiven Protesten von Anwohnern, Imkern und Biobauern, die durch den Einsatz des Mittels "Dimilin" um ihre Gesundheit und die Qualität ihrer Produkte fürchteten. Der Direktor einer Grundschule in Bunyola forderte nach einem der umstrittenen Einsätze mit dem Insektizid in der Nähe seiner Einrichtung im Oktober gar den Rücktritt des Landwirtschafts- und Umweltministers Biel Company, da die Schule nicht vorab über die Sprühaktion informiert worden sei.
Der mallorquinische Umweltschutzverband GOB reichte derweil Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein. Die Umweltschützer hatten beklagt, dass 23 Schutzgebiete auf Mallorca von den Sprühaktionen betroffen waren, ohne dass die Folgen für andere Arten und die Pflanzen klar seien. Von Seiten des Umweltministeriums hingegen heißt es, dass der Wirkstoff "Diflubenzuron" sowohl für Menschen als auch für Pflanzen und andere Insektenarten unbedenklich sei. Das Mittel sei von der Europäischen Union zugelassen.
"Wir haben schon in der Vergangenheit erfolgreich mit den Insektizid-Einsätzen gearbeitet", so die Pressestelle des Umweltministeriums. Zwischen 2003 und 2006 habe man so die befallenen Gebiete auf Mallorca von 45.000 Hektar auf 20.000 Hektar verringern können. Durch die Unterbrechung von vier Jahren habe sich die Population der Raupen aber wieder besorgniserregend vergrößert, andere Maßnahmen wie die Aufstellung von Fallen oder der Abschuss der Nester habe daran nichts ändern können. "Wir sind zuversichtlich, dass die Sprühaktionen die Schädlinge nun erfolgreich bekämpft, es ist allerdings noch zu früh, um von konkreten Ergebnissen zu sprechen." Und das Problem sei sicherlich auch nicht in einem Jahr in den Griff zu bekommen.
Sollten also auch jetzt wieder die unangenehmen Härchen durch die Luft schwirren, gibt es laut Ärzten mehrere Möglichkeiten der Behandlung: "Bei leichtem Juckreiz hilft schon ein Gel wie Fenestil, bei stärkeren Reaktionen ist ein Anti-Histaminikum notwendig", erklärt Johannes Gessner. Der HNO-Arzt aus dem Internationalen Facharztzentrum Porto Pi in Palma hat allerdings auch schon Fälle gesehen, bei denen nur noch Kortison-Injektionen halfen: "Wir haben hier schon Patienten gehabt, die an einem warmen Frühlingstag nur mit Badehose bekleidet die Terrasse gefegt haben, oder versucht haben, die Nester selbst vom Baum zu holen. Durch die dabei aufgewirbelten Raupen-Härchen wiesen sie schwere allergieartige Reaktionen am ganzen Körper auf." Für sensible Personen sei es also auch ganz wichtig, bei möglichen Kontakten mit den Raupen langärmelige Kleidung zu tragen, rät Gessner.
(aus MM 9/2011)
1 Kommentar
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Ich gehe bzw. fahre täglich durch ein Waldgebiet wo die Grenze des Sprüheinstzes verlaufen ist. Dort wo gesprüht wurde ist keine Raupe zu finden - dort wo aber aufgrund von Pseudo Umweltschützern die Flugzeuge ihre Aktion einstellen mussten ist eine Raupenschlange nach der anderen !! Die die am lautesten protestierten wohnen gar nicht in diesem Gebiet, spüren gar nicht die gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Raupen. Hoffentlich bleibt die Regierung dabei und weitet die Sprühflüge und Einsätze auf alle betroffenen Regionen aus !! den Protestlern sollte man in ihren Stadtwohnungen mal die Raupen vor die Eingangstüre legen damit als erstes ihr Haustier zerfressen wird und dann sie selbst vor schmerzenden Hautreaktionen zu schreien beginnen - vielleicht denken dann auch sie anders !!