TW
0

Wer's nicht weiß, fährt vorbei. Ein klitzekleines Schild zeigt die Abfahrt an der Straße von Campos nach Es Trenc an: "Km 10 - Salinas de Levante". Schon nach wenigen Metern glitzern weiße Salzberge in der Sonne. Davor stehen die weiß getünchten Gebäude der Salzfabrik, wo ein Café mit buntem Blumenschmuck zum Anhalten einlädt. Viermal am Tag gibt es Besichtigungstouren. Heute führt die Biologin Andrea Schrimpf.

140 Salzbecken, alle mit regulierbaren Rohren verbunden, erstrecken sich über 150 Hektar, das sind 1,5 Quadratkilometer. Die Biologin geht auf den schmalen Stegen zwischen den Becken voran und erklärt erst einmal die Salzgewinnung: Ab März/ April, wenn die Temperaturen steigen, wird Wasser vom drei Kilometer entfernten Meer zum höchsten Punkt der Salinen gepumpt.

Von dort fließt es durch die Rohre von einem Becken ins andere. Dabei verdunstet immer mehr Wasser, Salzlaugen bilden sich, bis sich schließlich das Salz auskristallisiert. Dieser Prozess dauert bis Ende August/September. Dann werden die Becken geschlossen. Das restliche Wasser verdunstet, bis eine zirka zwölf Zentimeter dicke, steinharte Salzkruste übrig bleibt. Nun beginnt die Ernte.

Jeder Teilnehmer der Führungen erhält ein Fernglas, denn der 90-minütige Rundgang ist auch Naturerlebnis. Bald verstummen alle Autogeräusche. Ein leichter Geruch nach Schwefel liegt in der Luft. Der weiche Boden federt unter den Füßen. An den Rändern der Teiche, manche sind an die 100 Quadratmeter groß, wachsen Binsen, Schilfrohr und Büsche mit fleischigen, verzweigten Stängeln. "Das sind Queller. Die kann man essen", erklärt die Biologin und bricht einen Stängel ab. Er schmeckt salzig und leicht bitter. "Sie werden mit Fisch angedünstet oder in Salate gegeben."

Einige Teiche sind tiefrot gefärbt. Das kommt von winzigen Krebsen, weiß die Salinen-Führerin und zeigt auf das Wasser, wo es vor kleinen Tierchen wimmelt. "Das sind Urzeit-Krebse. Sie gehören zu den ältesten Organismen der Erde und können in sauerstoffarmem, salzigem Wasser überleben, weil sie ganz viel Hämoglobin herstellen. Das ist der Blutfarbstoff, der sie - und das Wasser - rot färbt."

Durch die Teiche waten Stelzenläufer, ihre dürren roten Beine beim Gehen weit nach oben ziehend. Seidenreiher zwitschern in der Luft. Mit einem Mal erhebt sich ein ganzer Schwarm Flamingos und fliegt in einem großen Bogen elegant zu einem hinteren Becken. Die sind ja gar nicht rosa! "Das sind Jungtiere", erklärt Andrea Schimpf. Flamingos müssen sich erst rot fressen. In den planktonischen Algen, die sie aus dem Wasser filtern, sind Carotinoide enthalten. Das sind rote Farbstoffe, die die Leber der Flamingos in Pigmente umwandelt, was ihre Federn dann rosa färbt.

Die Salinen stellen ein kostbares Ökosystem dar. Allein 170 Vogelarten leben hier, viele davon sind Zugvögel wie die Flamingos. Sie machen auf ihrem Flug von oder nach Süden in den Salinen Station, ruhen sich hier ein paar Tage aus und fressen sich satt. Weltweit gibt es immer weniger Feuchtgebiete. Ohne diese Rastgebiete können die Zugvögel nicht genug Energie aufladen, um zu ihrem Ziel zu gelangen.

Die Salinen von Es Trenc sind freilich nicht aus ökologischen Gründen entstanden. Vielmehr bietet der Südosten Mallorcas ideale Bedingungen zur Salzgewinnung: einen steten Wind, geringe Luftfeuchtigkeit, Wärme und ein flaches Gelände, in das das Meer hereinfließen kann. Schon zu Zeiten der Römer und Phönizier wurde im Levante Salz gewonnen. Die kleineren Salinen von Colònia de Sant Jordi ein paar Kilometer weiter gehören zu den ältesten im Mittelmeerraum, entstanden im 4. Jahrhundert v. Chr..

In der Antike stellte Salz ein begehrtes Handelsgut dar. Den Römern war Salz so wertvoll, dass sie ihre Armeen zum Teil mit Salzrationen besoldeten. Das Wort "Salär", lateinisch "salarium", hat hier seinen Ursprung. Salz diente in erster Linie zur Konservierung. Als Würzmittel war Salz bis zum 16. Jahrhundert ein Privileg der Fürsten, während sich die einfachen Leute mit Pflanzenasche begnügen mussten.

Die Salzernte ist mit viel Aufwand verbunden, erklärt die Biologin am Ende der Führung. Wenn die Salzkruste in den Teichen hart ist, muss sie erst aufgebrochen werden, bevor die Kristalle gesammelt werden können. Bis in die 70-er Jahre war das eine Knochenarbeit von Männern und Maultieren unter sengender Sonne. Heute pflügen Maschinen das Salz um und transportieren es zu den Salzhügeln, wo es gereinigt, dann geschleudert, gemahlen und getrocknet wird.

Ein Liter Wasser ergibt nur zirka 33 Gramm Salz. 7000 bis 10.000 Tonnen Salz produziert die Saline pro Jahr (Feuchtgewicht). Davon verarbeitet sie 80 Prozent zu Industrieprodukten und 20 Prozent zu Speisesalz. Im Innenhof der Saline stehen große Säcke mit Salztabletten für Entkalkungsmaschinen.

Die großen Salinen auf dem Festland produzieren das Zehnfache, meint Sion Lladó, der seit 40 Jahren in der Saline arbeitet. "Aber die müssen das Salz mit Schiffen hertransportieren. Das ist teuer. Nur deshalb können wir im Wettbewerb mithalten. Das Meer rettet uns."

FÜHRUNGEN IN DEN SALINEN

Salinas d´Es Trenc
Ctra. Campos nach Colònia de Sant Jordi, km 8,5; nachfolgend die Führungszeiten von 11. März bis Mitte November (je nach Wetterlage):

Montag bis Samstag: 10, 11.30, 13, 15.30, 16.30 und 17.30 Uhr

Sonntag: 10, 11.30, 13, 15.30 und 17 Uhr.

Dauer: 45 Minuten
Eintritt: Erwachsene 8 Euro, Kinder ab 8 Jahren 7 Euro, Kinder unter 8 Jahren gratis, Pensionisten 4 Euro. Für Gruppen ab 10 Personen 7 Euro pro Person (unbedingt reservieren unter Telefon 673-433456)
www.salinasdestrenc.com

Salinas de S´Avall
Auch in den kleineren Salinen von Colònia de Sant Jordi gibt es täglich Führungen: Öffnungszeiten sin von MO bis FR von 8.30 bis 14.30 Uhr. Mehr Infos hier.

Aktualisiert am 27. Mai 2019.