Traumhafte Wohnungen zum Schnäppchenpreis, die sich als Betrug entpuppen. Vermieter, die sechs Monatsmieten im Voraus wollen. Experten geben Tipps, wie man die Tücken der Wohnungssuche auf Mallorcas umkämpftem Immobilienmarkt umschifft.
Eine 60-Quadratmeter-Wohnung, luxuriös eingerichtet und im Herzen Palmas gelegen, für 290 Euro im Monat: Mit schöner Regelmäßigkeit tauchen solche und ähnliche Anzeigen auf Online-Immobilienportalen auf. Tatsächlich stecken hinter vielversprechendem Wortgeklingel und glamourösen Hochglanzfotos meist Betrüger, die Wohnungssuchende zu Vorabzahlungen nötigen und ihnen das Geld aus der Tasche ziehen wollen.
Dass ihnen das immer wieder gelingt, liegt auch an der extrem schwierigen Wohnungssituation auf der Insel. Die meisten Spanier sind Immobilienbesitzer, das Angebot an Mietimmobilien ist daher traditionell knapp, die Nachfrage aber wächst.
Seit Jahren gibt es bei den Mietpreisen folglich nur einen Trend, und zwar nach oben. Allein im ersten Quartal dieses Jahres stiegen die Mieten auf den Balearen laut einer Studie des Immobilienportals idealista.com um 12,1 Prozent, das ist landesweiter Spitzenwert. Palma ist demzufolge nach Barcelona, Madrid und San Sebastián mit Quadratmeterpreisen von durchschnittlich 12,70 Euro die viertteuerste Stadt Spaniens.
Wer nach einer bezahlbaren Bleibe sucht, gerät vor allem nach Ankunft der Saisonarbeitskräfte im April unter enormen Druck. Abzocker haben dann leichteres Spiel. Ihre Maschen reichen vom altgedienten „Schlüsseltrick“, das heißt ein angeblicher Vermieter präsentiert dem Interessenten eine in Wirklichkeit bereits vergebene Wohnung, bis hin zu den bereits erwähnten „Schnäppchenwohnungen”. Wer bei so einem Angebot den Forderungen nach einer Anzahlung nachkommt, ist sein Geld erst einmal los. „In diesem Fall sollten Geschädigte aber in jedem Fall eine Betrugsanzeige aufgeben“, empfiehlt Manuel Stiff, Anwalt für Immobilienrecht in Palma. Auch wenn er die Hoffnung auf baldigen Schadenersatz dämpfen muss: „Spaniens Richter arbeiten langsam. Ein Verfahren kann bis zu seinem Abschluss leicht mehrere Jahre dauern.“
Wohnungsangebote von Privatpersonen sind auf Mallorca die Ausnahme, die meisten Immobilien werden von Maklern vermittelt. Auch hier tummeln sich schwarze Schafe. Sie sind allerdings relativ leicht zu identifizieren. „Vorsicht ist geboten, wenn der Kontakt nur per Mail und Telefon stattfindet und zum Treffen in ein Café, statt in ein Büro gebeten wird“, sagt Rainer Schanz von der Immobilienagentur Schanz & Kohne in Palma. Er rät Mietinteressenten dazu, sich nicht nur die Homepage eines Immobilienbüros genau anzusehen, sondern zusätzlich in sozialen Medien nach Informationen zu suchen. „Sinnvoll ist es beispielsweise, bei Facebook hereinzuschauen und Empfehlungen zu prüfen, indem man mit diesen Personen Kontakt aufnimmt.“
Der spanische Maklerverband API (Colegio de Agentes de la Propiedad Inmobiliaria) war ursprünglich eine sichere Bank für einen seriösen Immobilienvermittler. Bedingung für die Aufnahme war nämlich das Bestehen einer offiziellen Prüfung. „Später gab es allerdings ein Gerichtsurteil, demzufolge eine nachgewiesene erfolgreiche Maklertätigkeit für die Mitgliedschaft ausreicht“, erklärt Anwalt Stiff.
Ist die Traumwohnung, oder das, was ihr am nächsten kommt, dann doch gefunden, lauern auch beim Mietvertrag noch ein paar Tücken. „Die hiesigen Mietvertragsbestimmungen sind komplex, ein seriöser Vertrag besteht daher aus mindestens drei Seiten“, sagt Stiff. Sein dringlichster Ratschlag: „Als Ausländer sollte man keinen Vertrag ohne Anwalt abschließen.“ Ob das angesichts der Tatsache, dass Wohnungen im Turbotempo vergeben werden, immer machbar ist, sei allerdings dahingestellt. Makler Schanz bietet seinen Kunden zur Absicherung eine deutsche Übersetzung des spanischen Vertrags an.
Insgesamt beinhaltet das hiesige Mietrecht weniger Reglementierungen als das deutsche. Davon profitieren meist die Vermieter. So fordern manche aufgrund schlechter Erfahrungen mit der Zahlungsmoral vor Einzug sechs Monatsmieten vorab. „Das ist legal, man muss selber entscheiden, ob das moralisch vertretbar ist. Ich würde nicht mehr als drei Monatsmieten vor Einzug zahlen“, meint Stiff.
Auch ob eine sogenannte Reserva erhoben wird, das heißt eine Gebühr, die der Interessent dafür zahlt, dass er Anspruch auf den Abschluss eines Mietvertrags hat, oder das Ausmaß von Mieterhöhungen liegen im Ermessen des Vermieters. Und anders als in Deutschland gibt es bei bestehenden Wohnungsmängeln auch keine Möglichkeit zur Mietminderung. „Im Streitfall bleibt nur eine langwierige Klage auf Schadenersatz“, sagt Stiff. Kostengünstige Unterstützung durch Mieterschutzorganisationen fehlt hierzulande.
Angesichts von Gesetzeslücken und einer langsam arbeitenden Justiz braucht es also gesundes Misstrauen und vor allem vertrauenswürdige Empfehlungen für eine erfolgreiche Wohnungssuche auf der Insel. Leider garantiert das nicht immer ein Happy End. Anwalt Stiff weiß von „abenteuerlichen Kündigungen” zu berichten, bei denen Schlösser ausgetauscht und ganze Wohnungen leergeräumt wurden.
(aus MM 19/2018)
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