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Nach oben scheinen keine Grenzen gesetzt. Eine besonders spektakuläre Stromrechnung erhielt im vergangenen Jahr der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in Port d’Andratx. Über 4200 Euro buchte das hiesige Energieunternehmen Endesa von seinem Konto ab – und das nur für den gemeinschaftlichen Verbrauch wie etwa die Hausflurbeleuchtung. Doch auch bei weniger drastischen „Ausrutschern” nach oben kann man als Kunde aktiv werden.

Das sagt Endesa: „Bei Rechnungsproblemen hilft das Servicebüro in der Avinguda d’Alemanya in Palma weiter”, sagt Pressesprecher Joan Maians. Termine lassen sich kurzfristig online vereinbaren und sind in der Regel hilfreicher als ein Anruf bei der wenig enthusiastischen Hotline. Oft sei eine zu hoch angesetzte Potencia (das ist die gesamte Strom- oder Gasmenge, die man pro Monat einkauft) der Grund für eine hohe Rechnung, erklärt Maians weiter. „Die Potencia macht rund 50 Prozent der Gesamtkosten aus und kann leicht abgeändert werden”, ergänzt er. Ansonsten hätten Probleme mit Stromrechnungen aufgrund der Digitalisierung der Zähler in jüngerer Zeit deutlich nachgelassen. Mehr Problempotenzial sieht Maians beim Gas. Es wird zusammen mit den Zählern vom Zulieferer Redexis bereitgestellt. „Die Gaszähler sind aber noch nicht digitalisiert, sondern werden per Hand abgelesen”, erklärt der Endesa-Sprecher und dort liegt auch die Crux begraben. Denn laut Gesetz sind die Mitarbeiter lediglich verpflichtet, mindestens zweimal jährlich die Werte abzulesen. „Wer auf einer abgelegenen Finca wohnt, oder wessen Zählerkasten schwer zugänglich ist, hat schlechte Karten”, berichtet auch eine Mitarbeiterin im Endesa-Servicebüro in Palma. Dann wird die Rechnung häufig nur anhand geschätzter Werte (lectura estimada) erstellt. Und selbst, wenn auf der Rechnung von einer realen Ablesung (lectura real) die Rede ist, muss dies nicht unbedingt stimmen, ergänzt sie. Maians zieht dennoch eine zufriedenstellende Bilanz: „Wir verzeichnen auch bei Gasrechnungen keine ungewöhnlich hohe Zahl an Beschwerden”, betont er.

Das sagen die Verbraucherschützer: Aus Sicht der spanischen Verbraucherorganisation Facua sieht die Angelegenheit weniger entspannt aus. „Im letzten Trimester richteten sich 7,7 Prozent aller Beschwerden gegen Energieunternehmen”, berichtet Facua-Sprecher Jordi Castillo. Endesa habe als größter Energieversorger Spaniens einen wichtigen Anteil daran. Das Unternehmen stand nicht nur wegen fehlerhafter Rechnungen, sondern auch wegen ebensolcher Vertragsabschlüsse in der Kritik. Castillo moniert vor allem die gängige Zählerablesung. „Der gesetzliche Mindestwert von zweimal im Jahr ist als Ausnahme gedacht. Im Regelfall sollte der Zähler alle zwei Monate, das heißt für jeden Rechnungszeitraum, ausgelesen werden”, fordert er.

Den Verbrauchern rät er, im Problemfall den Zähler selber zu kontrollieren und mit der Rechnung zu vergleichen. Fällt letztere zu den eigenen Ungunsten aus, empfiehlt Facua, Endesa ein Zählerfoto vorzulegen und eine Rechnungskorrektur einzufordern. Für den Fall, dass es zwar keine Auffälligkeiten beim Zählerstand gibt, der berechnete Verbrauch aber dennoch zu hoch erscheint, empfiehlt er, den Zähler überprüfen zu lassen. Für den Stromzähler wendet man sich an Endesa, für Gas ist Redexis zuständig, das Unternehmen untersucht auch mögliche Leitungslecks.

Können sich Kunde und Unternehmen am Ende dennoch nicht einigen, bleibt als weitere Lösungsmöglichkeit ein Schiedsverfahren, das IB Consum, die Verbaucherschutzorganisation der Balearen-Regierung, kostenlos anbietet. Vertreter aus Politik, Unternehmen und Verbraucherschützer entscheiden in einer Jury dann gemeinsam über den Streitfall. Die Nachfrage nach diesen Verfahren steigt. Bei der Schlichtungsstelle, die in diesem Jahr 25 Jahre alt wird, gingen im vergangenen Jahr 1705 Anträge ein, deutlich mehr als 2017 mit 1123 Anfragen. Ärger mit Strom- und Gasversorgern lag dabei direkt hinter Problemen mit Telekommunikationsunternehmen auf Platz zwei. Auf den Balearen führten ungelöste Probleme mit den Energielieferanten 2018 zu 115 Anträgen auf ein Schiedsverfahren, 98 davon wurden allein auf Mallorca gestellt. Zum Vergleich: 2017 wurden lediglich drei Anträge eingereicht. Die Unzufriedenheit der Verbraucher stieg in dieser Branche somit am stärksten an. Das hört sich doch ziemlich anders an als von Endesa behauptet.