"Win-win-Situation": Cercle-Präsident Andreu Rotger Amengual, früher GESA-Chef auf den Balearen, setzt auf neue Impulse durch ausländische Mitglieder.

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"Die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, ist sehr interessant", meint Michael Blum. Der Journalist und Unternehmensberater ist eines der wenigen deutschen Mitglieder des "Cercle d'Economia de Mallorca". Jetzt will sich der Wirtschaftskreis weiter öffnen und wirbt auch unter den ausländischen Residenten um neue Mitglieder.

"Es ist eine klassische Win-win-Situation", verspricht der Präsident des Cercle, Andreu Rotger Amengual, in einem Pressegespräch. Der Wirtschaftskreis bekomme neuen Input, neue Impulse - und das ausländische Mitglied die Möglichkeit, in die als verschlossen geltende mallorquinische Gesellschaft vorzudringen.

Selbst für den Präsidenten ist es nicht ganz einfach, mit wenigen Worten das Wesen dieses Verbandes zu erklären. Der Cercle sei eine plurale Vereinigung von Fachleuten aus allen Sparten und aller Ideologien, die sich der wichtigen sozioökonomischen Fragen der Insel annehme. Es fallen Worte wie "Think tank" oder "Lobby für eine bessere Gesellschaft". Ganz wichtig: Der Wirtschaftskreis ist kein Unternehmerverband und politisch und wirtschaftlich unabhängig. Zuschüsse der öffentlichen Hand sind ebenso tabu wie Gegenleistungen für die Sponsoren aus der Wirtschaft.

Die praktische Arbeit des Wirtschaftsforums geschieht in Ausschüssen, in denen viel und kontrovers diskutiert wird. Sollte der Cercle intern zu einer tragfähigen Linie finden - wie das zum Beispiel in Sachen Ecotasa befürwortend geschehen ist -, wird diese auch nach außen kommuniziert. So hat sich der Kreis in den 23 Jahren seines Bestehens den Ruf als ernst zu nehmender "Wirtschaftsweiser" der Region erarbeitet. Als Ministerpräsidentin Francina Armengol kürzlich in Madrid ein neues Steuermodell für die Balearen aushandelte, wurde Andreu Rotger aus erster Hand über die Ergebnisse informiert.

Umfragen, öffentliche Vortragsveranstaltungen und auch gesellige Events runden das Aktionsspektrum ab.

Immer wiederkehrende Themen, zu denen der Cercle Stellung bezieht, sind die Finanzausstattung der Region durch Madrid, Bildung und Innovation, der Zustand der spanischen Demokratie oder das Wirtschaftsmodell der Balearen.

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Zu Letzterem beklagt das Forum nicht nur die Monokultur Tourismus auf der Insel, sondern auch die nachlassende Konkurrenzfähigkeit. Diese wiederum habe ihren Hauptgrund in der mangelnden Aus- und Weiterbildung - ein weiteres Brennpunktthema des Cercle, der die Regionalpolitik dazu bringen will, einen "Pakt für die Bildung" zu schmieden.

An alldem sollen vermehrt auch deutschsprachige Residenten teilhaben. So, wie sich der einstige "Club der Silberrücken" (Rotger) Frauen und Jüngeren geöffnet hat, werden jetzt auch Ausländer umworben. "Das ist keine Mode", versichert Präsident Rotger, "sondern das Bemühen, uns zu diversifizieren." Dass auch neue Beitragszahler vonnöten sind, verschweigt er nicht.

Die Mitgliedschaft kostet übrigens 35 Euro im Monat (25 Euro für unter 35-Jährige). Mitbringen müssen Interessenten außerdem viel Toleranz: "Sie müssen akzeptieren, dass alle Meinungen erlaubt sind, solange sie respektvoll vorgetragen werden", so Rotger. Damit sich die Neuen in den Versammlungen, die teils auf Mallorquin, teils auf Spanisch gehalten werden, gut einfinden, werden ihnen je zwei Paten zur Seite gestellt.

Eigentlich sehen die Statuten noch vor, dass jedes Neumitglied zwei Mitglieder als Bürgen benötigt. Dieses Aufnahmeritual wird allerdings nicht ganz so eng gesehen. (jog)

Nähere Infos finden Sie hier

(aus MM 3/2018)