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Ein Hubschrauber kreist über der Tramuntana-Küste, leicht setzt der Helikopter auf - doch nicht etwa auf dem Land, sondern auf der Megayacht "Vava 2", die in der Bucht vor Sa Foradada liegt. Das 96 Meter lange Schiff gehört dem schweizerisch-italienischen Unternehmer Ernesto Bertareli. Ein Hubschrauberlandeplatz lässt den gemeinen Zuschauer noch stauen, entlockt dem Experten nur ein Schulterzucken: "Ab 80 Meter Länge gehört das zum Standard", sagt Marcus Krall, Chefredakteur von "Boote Exclusiv". Die Fachzeitschrift ist das wichtigste Expertenblatt auf dem Gebiet der Luxusyachten und bringt unter anderem regelmäßig eine Liste der "200 größten Motoryachten der Welt" heraus.

Die "Vava 2" ist keineswegs ein Einzelfall in mallorquinischen Gewässern. Mehr und mehr solcher Superyachten mit einer Schiffslänge von über 30 Metern sowie Megayachten, die es auf eine Länge von mindestens 60 Metern bringen, befahren das Mittelmeer. "Mallorca hat sich zu einem der drei Hotspots der Superyachten weltweit entwickelt", sagt Anne Sterringa, zuständig für das Yachtchartergeschäft im Nautikunternehmen Camper&Nicholsons in dessen Büro in Palma. Neben Florida und der französischen Südküste ist Mallorca Heimathafen zahlreicher Luxusyachten. Seit 2013 erlebt das Segment einen Boom, damals wurden steuerrechtliche Unklarheiten beseitigt und somit Spanien und die Balearen konkurrenzfähiger.

Insgesamt 6000 Yachten mit einer Länge über 30 Metern sind weltweit unterwegs, weiß Marcus Krall von "Boote Exclusiv". Spanienweit stehen 100 solcher Luxusyachten zum Chartern bereit, heißt es seitens Camper&Nicholsons, der größte Teil davon auf Mallorca. 50 Superyachten haben dauerhaft einen Liegeplatz auf Mallorca, schätzt die Werft "Astilleros de Mallorca" mit Sitz in Palma. "Ibiza ist eine Urlaubsdestination, Mallorca ist der Heimathafen der Superyachten", sagt Yachtmakler Arne Ploch von Camper&Nicholsons. Er verkauft die Luxusschiffe an solvente Kunden. Nicht nur die Zahl der Yachten wächst, die Schiffe werden auch immer größer. Mittlerweile liegt der Durchschnitt bei 35 Metern. Gerade in diesem Sommer konnten Schiffsliebhaber etliche Luxusboote vor den Balearen beobachten.

Beliebt sei Mallorca zum einen wegen des stabilen Wetters im Sommer und der gewachsenen Serviceindustrie auf der Insel. "Palma ist ein guter Standort, dort hat sich eine bedeutende Zulieferindustrie angesiedelt", sagt Marcus Krall. 350 Handwerksbetriebe und Unternehmen haben sich auf die Anforderungen der Yachten spezialisiert - gleichbedeutend mit 3000 Arbeitsplätzen. Die Nautikbranche klagte zuletzt darüber, nicht genügend qualifiziertes Personal zu finden.

Eine bedeutende Werft für Superyachten ist "Astilleros de Mallorca". Die Werft repariert und baut besonders in den Wintermonaten Superyachten sowie historische Schiffe um und aus. Allein in der Werft betreut das Unternehmen 110 Schiffe jährlich, hinzu kommen 150 weitere auf dem Gelände des Unternehmens "Servicios Técnicos Portuarios". "Die Yachten ab 30 Metern Länge sind alle an die Wünsche des Kunden angepasst", heißt es aus der Pressestelle von "Astilleros de Mallorca".

Zu den spektakulärsten Umbauten bei Yachten gehören unter anderem der Einbau von Whirlpools auf als auch unter Deck und die Heck-erweiterung, die dem Schiff ein neues Aussehen verpasst. Groß in Mode am Yachtheck sind sogenannte Beach-Clubs, Plattformen, die sich teilweise sogar ins Meer absenken lassen, auf denen Sonnenliegen aufgestellt werden und auch die Wasserspielzeuge wie Jetski, Banane, Seabob und ähnliches Platz finden. Die Werft macht sich allerdings auch dafür stark, neue Technik und Motoren in die Yachten einzubauen, um so spritsparender und umweltschonender unterwegs zu sein.

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"Schon seit einiger Zeit hat sich Mallorca von einer reinen nautischen Touristendestination zu einem wichtigen Standort der Schiffsindustrie entwickelt", heißt es von Seiten "Astilleros de Mallorca". Die Insel liege strategisch günstig im Mittelmeer, das im Sommer als Yachtdestination angesteuert wird, und auf dem Weg in die Karibik, wo die Schiffe eher im Winter gefahren werden.

In diesen Tagen war ein weiterer Bestandteil des Luxusnautiksektors vor Mallorca zu bestaunen: Die "Danzigergracht" hatte wertvolle Ladung an Bord. Das Frachtschiff einer holländischen Reederei brachte zwölf Luxus-yachten auf die Insel. Diese werden in den exklusiven Häfen der Insel, dem Club de Mar, Port Adriano und Puerto Portals, mithilfe eines Spezialkrans ins Wasser gesetzt. Im Winter bringt sie die Yachten sicher in die Karibik.

Auch die Nautikmesse "Boat Show Palma" hat sich auf die ganz großen Schiffe spezialisiert. Der Fokus liegt auf Yachten über 24 Metern; unter den 170 ausgestellten Booten in diesem Jahr befanden sich 65 Superyachten - darunter auffällig viele Segelschiffe. "Mallorca ist ein Mittelpunkt für Segel-yachten", weiß der Journalist Marcus Krall. Sind weltweit lediglich zehn bis 15 Prozent aller Superyachten mit Segeln bestückt, macht dieser Anteil auf der Insel die Hälfte aus. Ein Grund dafür sind die guten Windbedingungen rund um die Balearen. Besonders Deutsche segeln gerne auf großen Yachten. Die Crème de la Crème der Megasegler ist jährlich beim "Super Yacht Cup" vor Palma zu sehen, einer höchst exklusiven Regatta.

Doch die Yachten sind nicht nur Spielzeuge der Superreichen, sondern stellen zunehmend einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor für die Insel dar. So kann jede dritte Megayacht gechartert werden. Pro 100.000 Euro Mietkosten bleiben 30.000 bis 35.000 Euro auf der Insel für Liegeplatzgebühr, Speise- und Getränkekosten und Ähnliches. Dabei kostet der Urlaub auf einer gemieteten Superyacht zwischen 50.000 und einer Million Euro pro Woche. "Das ist der exklusivste Tourismus, den wir haben können", betont Anne Sterringa.

Auch eine gekaufte Yacht sorgt später für Arbeitsplätze. So kommen auf zehn Besatzungsmitglieder im Sommer 70 Personen, die im Winter an Instandhaltung und Reparatur beteiligt sind. Zehn Prozent der Anschaffungskosten muss der Schiffseigner jährlich für den Betrieb seiner Yacht hinblättern. Und das bei Kaufpreisen von zweieinhalb Millionen für eine gebrauchte und bis zu 100 Millionen Euro für eine nach persönlichen Wünschen des Käufers neu gebaute Luxusyacht.

(aus MM 35/2016)