An diesem Dienstag startet in Berlin die Reisemesse ITB. Das Bild zeigt den Eingang zum Berliner Messegelände bei der Ausgabe des vergangenen Jahres. | Robert Lehmann/ITB Pressefotos

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Autobesitzer kennen das. Einmal im Jahr muss das gute Stück zum Tüv. Sind die Reifen noch tauglich? Funktionieren die Bremsen denn noch tadellos? Verliert der Motor doch Öl? Auch die Tourismusbranche muss sich jedes Jahr einer ähnlichen, wenngleich auch freiwilligen Inspektion unterziehen. Der Prüfstand heißt ITB, die europaweit größte und bedeutendste Fachmesse der internationalen Reisebranche, die am Dienstag beginnt und bis zum 7. März in der deutschen Hauptstadt stattfindet. Dort präsentieren auch Mallorca und die Balearen erneut ihr aktuelles Urlaubsangebot. Doch ist man auf den Inseln für die Herausforderungen und Kundenwünsche der Zukunft ausreichend gerüstet? Und wie sehen die überhaupt aus?

Künstliche Intelligenz

Eine der größten Herausforderungen für die mallorquinische Tourismusbranche ist sicherlich die Frage, in welcher Form Künstliche Intelligenz (KI) ins eigene Business implantiert werden kann. Während Reiseveranstalter in Deutschland vor kurzem damit begonnen haben, eigene Chatbots als virtuelle Reisebüro-Agenten auf ihren Webseiten einzusetzen, investieren Hoteliers auf der Insel aktuell in den Ausbau ihrer Internetpräsenz. Ziel ist es, sich von der Abhängigkeit gängiger Buchungsplattformen wie Booking oder Tripadvisor zu befreien.

Die Berliner Reisebörse findet (mit Ausnahme der Pandemiejahre) stets auf dem Messegelände im Westen der Haupstadt statt.

„Wir haben im vergangenen Jahr eine gestiegene Zahl von Direktbuchungen auf unseren Webseiten registriert”, erklärt Manel Nicolau vom örtlichen Hoteliersverband in Cala d’Or. Aus diesem Grund hätten er und seine Mitglieder damit begonnen, die eigenen Homepages zu verbessern und aufzurüsten, um in Zukunft noch mehr Direktkunden zu generieren. „Wir wissen, dass die Modernisierung mit erheblichen Investitionskosten verbunden ist, im Gegenzug können wir aber durch den Wegfall von Provisionen an Vermittlungsportale unsere Zimmerpreise attraktiver gestalten”, so Nicolau.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit

Klimaschutz und Nachhaltigkeit stehen ebenfalls auf der Liste der wichtigsten Herausforderungen für die Tourismusbranche auf Mallorca und den Nachbarinseln. In den vergangenen beiden Jahren haben die großen Hotelketten wie Melià und Iberostar damit begonnen, hauseigene Umweltmanage-mentbüros zu etablieren. Ziel ist es, in den kommenden Jahren die Menge an anfallendem Müll in den Hotels auf ein Minimum zu reduzieren. Aber auch kleinere Unterkünfte engagieren sich verstärkt in Sachen Umweltschutz. So unterstützt beispielsweise das an einer Steilklippe liegende Luxushotel Cap Rocat im Gemeindegebiet von Llucmajor verschiedene Naturschutzprojekte und Kulturstiftungen auf der Insel mit Spenden von ihren Gästen. Jeder gesammelte Geldbetrag wird von der Hotelleitung verdoppelt, um nach einem Jahr an die jeweilige Organisation übergeben zu werden.

Volle Insel aber kaum Personal

Zum vielleicht größten Problem der balearischen Tourismusbranche zählt die Massifizierung in der Hochsaison. Übervolle Strände, ständig belegte Restauranttische, verstopfte Verkehrsadern und Shoppingmeilen verärgern nicht bloß Einheimische, sondern mittlerweile auch die Touristen selbst. Ein heillos überlaufenes Reiseziel macht keinem von beiden so richtig Spaß. Eine kurzfristige Lösung für das Problem ist allerdings vorläufig nicht in Sicht. Der Versuch, attraktive Reise- und Hotelangebote auch in der Nebensaison oder gar in den Wintermonaten auf die Insel zu schaffen, hat im vergangenen zu einer leichten Saisonentzerrung geführt. Dass die Insel im Juli und August aus allen Nähten platzt, konnte die Situation aber auch nicht ändern.

Hoteliers sowie Restaurant- und Barbetreiber monieren seit Jahren die steigende Personalknappheit auf der Insel. Grund dafür, warum sowohl Fachkräfte als auch Saisonkräfte immer öfter Mallorca meiden, sind die explodierten Wohnungs- beziehungsweise Mietpreise. Um dem Mangel an Arbeitskräften in der Branche entgegenzuwirken, haben sich viele Hoteliers in diesem Jahr dazu entschlossen, eine größere Zahl ihrer Zimmer in Angestellten-Unterkünfte zu konvertieren. Allerdings können sich das in der Regel nur größere Hotelketten leisten, Betreiber von kleineren Unterkünften, insbesondere in Ferienorten am Meer, dürften in diesem Jahr erneut unter Personalmangel leiden.

Mallorcas Hotelverband Fehm sieht in dem Problem vor allem einen drohenden Verlust der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Konkurrenzdestinationen wie der Türkei oder Kroatien. „Ohne ausreichend geschultes Personal werden wir kaum in der Lage sein, uns in ein qualitativ noch höherwertiges Reiseziel zu verwandeln”, erklärte vor wenigen Tagen Fehm-Chefin María Frontera gegenüber der spanischen MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora”. Auch hier ist eine schnelle Lösung derzeit nicht denkbar. Die von der früheren Landesregierung angedachte Mietpreisbremse scheiterte an zahlreichen gesetzlichen Hürden. Dass die balearische Urlaubsbranche aufgrund dieser Handicaps durch die diesjährige ITB-Prüfung fällt, ist vor dem Hintergrund des Buchungsbooms dennoch unwahrscheinlich.