Michael Heinemann ist seit April Leiter der Ausbilderteams im Callcenter CCES24 in Palmas Gewerbegebiet Son Castelló. | Foto: Patricia Lozano

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Dicht an dicht sitzen die Mitarbeiter an ihren Tischen, jeder Arbeitsbereich ist durch schalldämpfende Trennwände abgeteilt. Mit aufgesetzten Kopfhörern und einem Mikro am Mund sind die rund 50 Männer und Frauen intensiv am Sprechen, während sie gleichzeitig den Computerbildschirm im Blick haben und Tasten bedienen.

Die Geräuschkulisse ist für einen Außenstehenden überraschend hoch, aber für die Dienstleister, die mit den Anrufern online telefonieren, sind dank der Technik einzig sie selbst und der jeweilige Gesprächspartner zu hören. Willkommen im Arbeitsbereich des deutschen Telekommunikationsanbieters "Communication Center España" (CCES24), das seine Pforten im April 2012 eröffnete und seitdem auf Mallorca über 400 Arbeitsplätze geschaffen hat. Und dies mit Festanstellungsverträgen, wie die Geschäftsführung wiederholt betont hat.

Es gibt wohl kaum ein anderes Unternehmen, das im krisengeschüttelten Spanien innerhalb eines Jahres im Verhältnis so viele Jobs geschaffen hat wie CCES24. Bei einem Mitarbeiteranteil von 80 Prozent dürfte der Betrieb der größte Arbeitgeber für Deutsche auf der Insel sein.

Das schwindelerregende Wachstum, das CCES24 in den vergangenen Monaten versprach und auch verwirklichte, ist ungebrochen. Noch bis Ende dieses Jahres soll auf Mallorca ein zweiter Standort errichtet werden. Der Grund: Die bisherige Niederlassung in Palmas Gewerbegebiet Son Castelló gelangt allmählich an die Grenzen ihrer räumlichen Auslastung. Hinzu kommen neben dem Hauptkunden, dem Internet-Anbieter 1&1, neue Auftraggeber, die auf die Dienstleistungen von CCES24 zurückgreifen möchten. Bereits im Februar hatte das Callcenter angekündigt, bis Ende 2013 rund 500 Beschäftigte zu zählen.

"Wir suchen Mitarbeiter und haben für die neuen Projekte einen Personalbedarf im dreistelligen Bereich", sagt Michael Heinemann, seit April Leiter des Ausbildungsteams. Der neue Standort werde entweder im Raum Palma oder im Norden der Insel eingerichtet werden, "weil viele unserer Mitarbeiter im Norden leben".

Heinemann hat nach eigenen Worten von Anfang an am Aufbau der CCES24-Niederlassung in Palma mitgewirkt. Allein für 1&1 bildeten Heinemann und seine Trainerkollegen in Kursen von jeweils vier Wochen Dauer 250 Mitarbeiter aus, die nun für den Internet-Anbieter im Callcenter sitzen. Hat ein 1&1-Kunde technische Probleme mit Internet und Gerät, wählt er die Telefon-Hotline und landet mit seinem Anruf auf Mallorca. Hier versuchen die Ratgeber-Mitarbeiter per Telefon-Diagnose den Internetzugang des Kunden wieder zum Laufen zu bringen.

Heinemann räumt ein, dass Callcenter allgemein häufig einen schlechten Ruf besitzen, da sie in der Vergangenheit mit unsauberen Tricks in juristischen Graubereichen arbeiteten und die Verbraucher mit Anrufen samt Verkaufsangeboten und "Schnäppchen" nervten. Ganz anders agiere hingegen sein jetziger Arbeitgeber: "Wir halten uns strikt an die gesetzlichen Vorgaben und Datenschutzrichtlinien", betont Heinemann.

Neben dem "Support"-Service für Kunden mit Technikproblemen (Englisch für unterstützen, Rat geben) setzt CCES24 auch auf die Vermarktung von Waren per Telefon. Diese "Telesales" (Verkäufe per Telefon) seien von der Abteilung der Technik-Ratgeber getrennt. Telesales machten darüber hinaus mit zehn Prozent nur einen kleinen Anteil des Gesamtvolumens auf.

Die Telesales funktionieren laut Heinemann folgendermaßen: Ein Auftraggeber, etwa ein deutscher Autozulieferer, stellt CCES24 seine Kundendatei zur Verfügung. Die Telefonverkäufer sollen dann beispielsweise Autowerkstätten über die neuen Produktentwicklungen informieren und die Waren auch an den Mann bringen.

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In der Regel haben die Kunden des Autozulieferers bereits durch frühere Kaufverträge ihr Zustimmung gegeben, über Neuheiten in Kenntnis gesetzt zu werden. "Wir telefonieren hierbei einzig die Datensätze des Auftraggebers ab", versichert Heinemann.

Der Vorteil, etwa für den Autozulieferer: Er spart sich den Aufwand an Personal und Technik, kann aber auf qualifiziertes Verkaufspersonal zurückgreifen, das zuvor in die technischen Besonderheiten der Waren eingewiesen worden ist - egal, ob es sich um Zündkerzen, Softwareprogramme oder Telekommunikationsgeräte handelt. Für den Telesales-Bereich hat CCES24 jetzt neue Projekte von Auftraggebern in Spanien, England und Frankreich in der Pipeline.

Nach Heinemanns Worten beziehen Support-Mitarbeiter im Callcenter (Vollzeitkräfte) ein monatliches Grundgehalt von 1150 Euro, Telesales-Angestellte 1100 Euro. Für Letztere gibt es bei qualifizierten Abschlüssen Provision. "Es kommt durchaus vor, dass Telesales-Mitarbeiter am Monatsende insgesamt 2000 bis 2500 Euro nach Hause tragen."

Als das Unternehmen den Betrieb aufnahm, betrug das monatliche Grundgehalt für Vollzeitkräfte nach den Worten des Verwaltungsratsvorsitzenden Markus Frengel noch 1350 Euro brutto. Heinemann erklärt den Unterschied so: Die seit Juni 2013 für neu hinzukommende Mitarbeiter geltende Modifizierung des Grundgehalts solle die Motivation der Beschäftigten fördern, das Qualitätsniveau und die Zielvorgaben schneller zu erreichen, und gleichfalls ermöglichen, über das hauseigene Bonussystem ein höheres Gehaltsniveau über 1350 Euro hinaus zu erreichen.

CCES24 zahlt nach den Worten des Ausbildungsleiters Wochenend- und Feiertagszuschläge. "Wir sind eine spanische Firma und halten uns an die spanischen Gesetze." In Anbetracht der Unternehmensgröße entwickeln Geschäftsführung und Betriebsrat derzeit einen Haustarif, der alle Seiten zufriedenstellen soll. "Es ist in unser aller Interesse, die Arbeitsplätze zu halten und als Unternehmen gemeinsam mit den Mitarbeitern erfolgreich zu wachsen", so Heinemann.

Tatsächlich hat CCES24 viele Mallorca-Deutsche in Lohn und Brot gebracht, die vorher auf der Insel keine geregelte Arbeitssituation besaßen. Rund 40 Prozent der Mitarbeiter waren vom balearischen Arbeitsamt (SOIB) vermittelt worden.

Patricia K. etwa hatte lediglich in den Sommermonaten einen Job als Kellnerin, im Winter fehlte ihr ein Auskommen. Für die junge Mutter war dies eine Stresssituation im Dauerzustand. Auch die Erzieherin Heike N. (54) war zuletzt lange arbeitslos gewesen, dachte über eine Rückkehr nach Deutschland nach. Jetzt arbeitet die Frau in der "Splitterschicht" von 8 bis 12 und von 16 bis 20 Uhr, beantwortet 30 bis 60 Anrufe von Technik-Ratsuchern am Tag.

Der gelernte Koch Dino P. hatte schon früher in Callcentern gearbeitet, kennt die Branche inwendig. "Diese Arbeitsstelle ist sauber", sagt der 48-Jährige in Bezug auf die Einhaltung der juristischen Vorgaben. Grundgehalt und Provision bezeichnete der Telesales-Mitarbeiter als "sehr gut".

Ausbilder Michael Heinemann findet reichlich lobende Worte über das hohe Engagement der Mitarbeiter, die pro Woche 15.000 bis 20.000 Support-Anrufe mit Technikproblemen lösen. Mancher, der vorher keinerlei Kenntnisse in Sachen Internet hatte, entwickelte sich zum wahren Experten, andere, von eher schüchternem Naturell, entdeckten ihr Dienstleistungs- oder Verkaufstalent. Die Mitarbeiter erfuhren durch die persönlichen Erfolgserlebnisse ein gänzlich neues Selbstbewusstsein. Die Fluktuation im Unternehmen sei gering, sie betrug im ersten Jahr zehn Prozent, Mitarbeiter, die meist in die Gastronomie zurückkehrten. "In Callcentern in Deutschland beträgt die Jahresfluktuation 50 bis 100 Prozent."

Patricia K. hatte anfangs "Bange", am Telefon mit Ratsuchenden zu sprechen. Heute geht sie in ihrem Job auf, wie sie sagt. "Wenn du das Problem gelöst hast, freuen sich die Internet-Kunden so sehr, dass du dich einfach mit ihnen freust."