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Wer in diesen Tagen mit Experten aus dem Nautiksektor spricht, bekommt nur ratlose Gesichter zu sehen. Seit Wochen herrscht Unklarheit bei Charterfirmen, Nautikschulen und Bootseignern darüber, wo man in balearischen Gewässern legal ankern darf.

Mit der Ankündigung eines neuen Gesetzes hat die Balearen-Regierung die Verwirrung komplett gemacht. „Fragen Sie mich nicht, wie der Stand der Dinge ist", sagt ein erfahrener Kapitän und Betreiber einer Nautikschule inPalma. „Ich blicke da nicht mehr durch."

Schuld an dem Durcheinander ist die Posidonia: Ankernde Boote sind eine der größten Gefahren für das sogenannte Neptungras, das an vielen Stellen in den balearischen Küstengewässern wächst und herausragende Bedeutung für das ökologische Gleichgewicht hat. Naturschützer kämpfen seit Jahren für drastische Maßnahmen zurBewahrung der Posidonia-Vorkommen.

Mit Erfolg. Denn imFebruar 2011 hat die spanische Zentralregierung die Posidonia oceanica, wie das Neptungras wissenschaftlich heißt, in die Liste der gefährdeten Arten aufgenommen – wie etwa auch den vom Aussterben bedrohten Iberischen Luchs oder den Kaiseradler. Seitdem gilt für die Posidonia Folgendes: „Es ist verboten, sie einzusammeln, abzuschneiden, zu beschädigen, auszureißen oder mit Absicht zu zerstören" – so steht es im entsprechenden Gesetz.

Der Generaldirektorin für Umweltfragen der Balearen-Regierung, Neus Lliteras, geht diese Regelung viel zu weit: „Ich halte diese Regelung für exzessiv." Denn bei strenger Auslegung sei damit nicht nur das Ankern auf Posidoniawiesen verboten, sondern sogar das Wegräumen der abgestorbenen und an den Strand gespülten Neptungrasreste.

Selbst Bauern dürften die getrocknete Posidonia nicht mehr traditionell in der Landwirtschaft einsetzen. Denn das Gesetz verbietet auch den „Besitz, den Transport, die Ausfuhr und den Handel mit lebenden oder toten Exemplaren sowie deren Überresten".  Bei Verstößen drohen 500 Euro Geldstrafe.

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Generaldirektorin Lliteras plant nun, diese Regelung abzuschwächen. „Die Hauptgefahr für die Posidonia-Vorkommen ist nämlich die Wasserverschmutzung, nicht das Ankern." Also will sie innerhalb der nächsten Wochen den Entwurf eines Dekrets vorlegen, der das Ankern auf Posidoniawiesen unter bestimmten Voraussetzungen wieder erlaubt.

Konkret sollen Boote von einer Länge bis zu zwölf Metern ausgenommen sein. Ankern diese in Zukunft auf Neptungrasvorkommen, dann werde dies nicht mehr als „absichtliche Zerstörung" gewertet.

Glücklich ist mit dieser geplanten Neuregelung niemand so recht. Während Umweltschützer fordern, das Ankern auf Posidoniawiesen müsse weiterhin strikt verboten bleiben, befürchten Vertreter der Nautikbranche negative Folgen für die Balearenwirtschaft. „Dass von beiden Seiten Kritik kommt, zeigt vielleicht, dass wir einen Mittelweg gefunden haben", sagt Lliteras.

UND DIES SIND DIE REGELN FÜRS ANKERN:

Grundsätzlich nicht ankern sollte man auf Posidoniawiesen, da diese unter Artenschutz stehen. Auch innerhalb der mit gelben Bojen markierten Badebereiche an den Stränden haben segel- oder motorbetriebene Wasserfahrzeuge nichts verloren. Um an Land zu gelangen, müssen hier die markierten Wasserstraßen genutzt werden (in denen wiederum das Baden verboten ist).

An Stränden, an denen kein Badebereich markiert ist, gilt innerhalb einer 200-Meter-Zone für Wasserfahrzeuge eine Höchstgeschwindigkeit von drei Knoten. An Küstenabschnitten, die nicht als Strände gelten, reduziert sich dieser Bereich auf 50 Meter. Ankern ist hier nicht ausdrücklich untersagt.

Auf sandigem und felsigem Meeresgrund ist das Ankern erlaubt, außer in markierten Badebereichen (siehe oben) sowie in Gegenden, in denen spezielle Regelungen gelten, wie Häfen oder geschützte Bereiche – zum Beispiel im Nationalpark Cabrera. Dort stehen Bojen zur Verfügung, an denen Yachten festmachen können (in Zukunft kostenpflichtig). Auch in acht speziellen Schutzzonen vor der balearischen Küste sind Bojen installiert (gratis nutzbar). Buchbar sind die Bojen über http://fondeos.caib.es.