Hinter den Sozialisten kam die konservativ-liberale Partei Junts des im belgischen Exil lebenden Separatistenführers Carles Puigdemont nach den vorläufigen amtlichen Ergebnissen mit 35 Sitzen auf Platz zwei. Der 61-Jährige hat aber keine echte Chance, genug Unterstützung für eine Regierungsbildung zu sammeln. Die ebenfalls separatistische Republikanische Linke (ERC) des bisherigen Regionalpräsidenten Pere Aragonès belegte mit 20 Sitzen (gleich 13 weniger als bisher) nur den dritten Platz. Zusammen kamen die vier Separatisten-Parteien nur auf 61 Sitze. Sie verloren 13.
Großer Triumph für Sánchez
Der Wahlausgang wurde von Analysten unisono vor allem als ein großer Triumph der linken Zentralregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez im 600 Kilometer entfernten Madrid bewertet. Mit seiner Aussöhnungspolitik und seinen Zugeständnissen habe Sánchez den Konflikt in Katalonien weitgehend entschärft und den Separatisten - die Madrid traditionell als „Feind Nummer eins“ betrachten - den Wind komplett aus den Segeln genommen, hieß es in einer Talkrunde des Fernsehsenders RTVE am späten Sonntagabend.
Für Sánchez ist wiederum die Unterstützung der separatistischen Parteien im Nationalparlament in Madrid überlebenswichtig. Wohl auch deshalb hat er neben anderen Maßnahmen zur Beschwichtigung allen „Catalanistas“, die im Zusammenhang mit den Unabhängigkeitsbestrebungen in Konflikt mit dem Gesetz geraten sind, eine Amnestie zugesichert. Das Gesetz, das von der konservativen Opposition scharf kritisiert wird, hat noch nicht alle parlamentarischen Hürden überwunden. Es könnte es aber schon im Juni in Kraft treten - und würde auch eine Rückkehr des Justizflüchtlings Puigdemont, der den Wahlkampf von Frankreich aus führen musste, nach Spanien ermöglichen.
„Heute haben auch die Amnestie und die Aussöhnung gewonnen“, sagte der Journalist Juanma Lamet, dessen Arbeitgeber, die renommierte Zeitung „El Mundo“, nicht gerade zu den Sánchez nahestehenden Medien zählt. Die Schriftstellerin Berna González Harbour, die als Kolumnistin für das Sánchez-freundlichere Blatt „El País“ arbeitet, stellte fest: „Wir alle wussten schon, dass der "Procés" (die Trennungsoffensive) zu Ende war. Nun wissen es auch die Separatisten.“ Sie seien „kläglich abgestürzt“.
Nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und einem Beschluss zur Abspaltung von Spanien war Katalonien im Herbst 2017 unter der Ägide Puigdemonts ins Chaos gestürzt. Puigdemont konnte damals mit weiteren Regierungsmitgliedern ins Ausland fliehen. Mehrere der im Land gebliebenen Mitstreiter wurden zu Haftstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt, später aber begnadigt. Unter den Folgen des chaotischen Trennungsversuches - politische Instabilität sowie eine Unternehmens- und Kapitalflucht - leidet Katalonien noch heute.
Wahlsieger Illa verspricht Aussöhnung und Aufschwung
Illa setze in seiner Siegesrede den Aussöhnungskurs des Sozialisten-Chefs Sánchez fort und versprach: „Kein Katalane wird von dieser neuen Etappe, die heute beginnt, ausgeschlossen werden.“ Er wolle Regionalpräsident werden, damit Katalonien wieder zur führenden Wirtschaftsregion Spaniens werde. Unter dem lauten Jubel seiner Anhänger rief Illa „Erstmals hat die Sozialistische Partei die Wahlen in Katalonien nach Stimmen und nach Sitzen gewonnen!“
Für die Wahl zum Regionalpräsidenten im Parlament in Katalonien benötigt Illa vor allem und unbedingt die Unterstützung der Republikanischen Linken, die sich noch nicht klar dazu äußerte. Parteichef Aragonès meinte zunächst, man werde in die Opposition gehen, aber das würde eine Duldung der Sozialisten nicht ausschließen.
Unabhängig davon, was in den nächsten Wochen passiert, war die Freude im Madrider Regierungspalast Moncloa sehr groß. „Historisches Ergebnis“, schrieb Sánchez auf der Online-Plattform X. „Heute beginnt in Katalonien eine neue Ära, die das Leben der Bürger verbessern, die Rechte erweitern und das Zusammenleben stärken soll.“
Die Freude und Hoffnung der Sozialisten scheinen berechtigt, nicht nur wegen des Gewinns von neun Sitzen. Kritiker aus dem konservativen Lager hatten Sánchez immer wieder vorgeworfen, mit der Appeasement-Politik und Abhängigkeit seiner Minderheitsregierung von Separatisten werde er den Separatismus stärken und die Einheit Spaniens gefährden. Tatsächlich hatten die Separatisten auch nach Beginn der Zusammenarbeit mit Sánchez von der Zentralregierung unter anderem grünes Licht für ein legales Referendum über die Unabhängigkeit gefordert. Das werden sie wohl auch in Zukunft weiterhin tun - allerdings mit deutlich schwächerer Stimme als bisher. (dpa)
2 Kommentare
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Hajo HajoPrima, Sie haben es wieder mal auf den Punkt gebracht. Darüber denkt hier keiner nach sehr komisch.
Gott sei Dank, dass diese Herschaften nicht zum Zuge kommen. Stellt Euch mal vor, die würden Katalonien von der Gemeinschaft abtrennen und einen eigenen, neuen 195. Staat, mit neuer Verfassung und Antrag zur Anerkennung in der Völkergemeinschaft/UNO gründen, was dass dann für uns und die ganze EU bedeuten würde? Die könnten uns in der Schlüsselposition drangsalieren wie es ihnen gerade einfällt. Die Karte zeigt uns, dass dieser neue Staat eine Schlüsselposition einnehmen würde, zwischen Frankreich und Spanien. Der Zoll wäre fällig und das EU-Recht gilt nix mehr. Alle müßten dann durch das Nadel-Öhr "Neu-Katalonien" und bezahlen. Was dass für ein Theater an Grenzkontrollen gäbe, sehen wir ja am Brexit und Folgen für Europa, vor allem der Wirtschaft und das produzierende Gewerbe nach sich gezogen hat. Der gesamte Güter- und Personenverkehr wäre behindert und in die Zeit zurück fallen, als es nicht mal die EWG gegeben hat. Auch müssten sie eine neue Währung schaffen und wir dauernd Geld wechseln. -- Was der VW.Konzern dazu sagt, wenn seine Tochter "Seat" nicht mehr in der EU wäre, kann man sich ja vorstellen. Gilt ebenso für andere Konzerne. - Ob die Touristen dann noch kämen, fraglich? Fazit = da haben wir ja nochmal Glück gehabt.