Die Wiederwahl Rajoys war nach fast einem Jahr des politischen Stillstandes möglich geworden, weil sich die Sozialisten bei der Wahl enthielten. Kurz vor der Abstimmung hatte Pedro Sánchez, bis vor wenigen Wochen Widersacher Rajoys, sein Mandat als Abgeordneter niedergelegt. Er wollte das Abstimmungsverhalten seiner PSOE nicht mittragen. Die Balearen-Abgeordneten brachen ebenfalls den Fraktionszwang und stimmten wie angekündigt mit Nein. Der Abstimmung waren zwei Parlamentswahlen – beide hatten für keine klaren Mehrheiten im Abgeordnetenhaus gesorgt – sowie monatelange politische Grabenkämpfe vorausgegangen.
Rückblick: Aus den Kongresswahlen im Dezember 2015 war Rajoys Partido Popular (PP) zwar als stärkste hervorgegangen, konnte aber keinen Koalitionspartner für sich gewinnen. Der Versuch des sozialistischen Spitzenkandidaten Pedro Sánchez (PSOE), sich mit Hilfe der Stimmen der liberalen Ciudadanos (C's) zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen, scheiterte ebenfalls in Ermangelung einer Mehrheit. Rajoy und sein Kabinett blieben geschäftsführend im Amt, Neuwahlen mussten her. Diese sorgten im Juni dieses Jahres aber wieder nicht für klare Verhältnisse, sodass auch Rajoys Versuch einer Regierungsbildung scheiterte.
Seine Wiederwahl möglich machte schließlich die Enthaltung der Sozialisten. Diese hatten sich nach einem internen Kampf, der unter anderem Pedro Sánchez das Amt des Parteichefs gekostet hatte, zu diesem Schritt entschieden – wohl auch unter dem Eindruck einer drohenden Niederlage bei einer neuen Parlamentswahl, die am 25. Dezember stattgefunden hätte. Einen Regierungspakt mit Rajoy schließen will die PSOE zwar nicht, viele politische Beobachter sprechen aber wegen des Abstimmungsverhaltens trotzdem von einer "Großen Koalition".
In den kommenden Tagen muss Mariano Rajoy nun sein Kabinett bilden. Wie viele der alten Minister – die Regierung ist seit 2011 im Amt – auch dem neuen Stab angehören werden, ist noch unklar. In jedem Fall wird Rajoy einer Minderheitsregierung vorstehen und damit im Verlauf der Legislaturperiode auf der Suche nach Mehrheiten viele Kompromisse eingehen müssen.
4 Kommentare
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Pack schlägt sich, Pack verträgt sich! Allesklar?
Hallo,Carlo M. ich sehe das auch so. Aber kennst Du eine bessere Lösung ? Abgesehen davon, daß die PSOE im Bezug auf Korruption kaum besser war!
Traurig ja, aber die Spanier hatten es in der Hand. Ich weis aus eigener Erfahrung, dass sich sehr viele null für Politik interessieren und der Rest mediengläubig ist. Von daher sehe ich keinen Unterschied z.B. zu Deutschland.
Ein Trauerspiel, dass die Sozialisten den PP-Rajoy wieder ran gelassen haben. :-(