In Peru und auf Mallorca zuhause: Vizekönig Oms y de Santa Pau | Wikipedia

TW
0

Als Spanien ein Riesen-Imperium war, da erging es Vertretern des jeweiligen Königs wie heute Diplomaten: Einige Jahre arbeitete man an einem Ort, weitere ganz woanders. Manuel Oms y de Santa Pau amtierte von 1681 bis 1688 als Vizekönig („virrey”) in Palma. Nach Stationen in Lissabon und Paris wurde der als Schöngeist und Intimus von Bourbonen-Regent Felipe V. (1683-1743) geltende Mann mit der unverwechselbaren Johann-Sebastian-Bach-Perücke mit einem der Filetstücke des Weltreichs belohnt: Im Jahre 1707 trat der Katalane sein neues Amt als Vizekönig des 1531 unter Führung des bluttrunkenen und dazu noch schreibunkundigen Schweinehirten Francisco Pizarro eroberten Gold-Protektorats Peru an.

it251124001 (16).jpg
Einer der Innenhöfe der San-Marcos-Universität in Lima

Das ferne Gebiet war für Spanien sehr wichtig, denn hier hatten die Inka über Jahrhunderte ihre Goldschätze gehortet, die erbeutet und auf Schiffen über den Pazifik, den mückenverseuchten Panama-Isthmus und den tosenden Atlantik nach Sevilla geschafft wurden – in das Reich, in welchem die Sonne laut dem legendären Imperator Karl V. niemals unterging ...

Der von Wüstensand umzingelten Stadt Lima drückte Oms y de Santa Pau alsbald seinen Stempel auf: Es heißt, dass er in dem eher unwirtlichen Gebiet südlich des Äquators versucht habe, den zumeist derben Kolonisten feines Gesellschaftsleben nach französischem Vorbild zu verordnen. Und eine literarische Akademie gründete der feinsinnige Diplomat, der auch musikalisch bewandert gewesen sein soll, ebenfalls. Selbstredend ging Manuel Oms y de Santa Pau in der ältesten Hochschule Lateinamerikas, der 1551 gegründeten San-Marcos-Universität, ein und aus.

it251124001 (17).jpg
CEin Hauch von Sixtinische Kapelle: So sieht es in der San-Marcos-Universität aus

Was für ein Hauch vergangener imperialer Größe noch immer durch die mit hölzernen Bänken ausgestatteten Hör- und Versammlungssäle und mit plätschernden Springbrunnen vollgestellten Innenhöfe wabert! Keines der zahlreichen Erdbeben konnte diesen ehrwürdigen Bauten je etwas anhaben ... Beim MM-Ortstermin redet sich der ehemalige Soziologieprofessor Viliontino Vallejo Viñas fast in Rage, wenn er auf Details aus der Geschichte seiner Alma Mater zu sprechen kommt. „Sämtliche große Geister Perus wurden hier unterrichtet”, weiß der Gelehrte. Genau 45.151 Studenten waren hier im Jahr 2023 eingeschrieben, die Fächerbreite ist enorm, während des MM-Rundgangs übt ein junger Mann in einem der mit hölzernen Kassettendecken ausgestatteten Lehrsäle lautstark klassischen Gesang, während das Wasser eines Springbrunnens leise nach unten perlt.

it251124001 (5).jpg
Die beeindruckende Kathedrale von Lima

Überhaupt ist die Innenstadt von Lima eine Art Freilichtmuseum, das die Macht des früheren spanischen Imperiums fühlbar macht: Man kann nachempfinden, wie Manuel Oms y de Santa Pau über die Plaza de Armas und durch die angrenzenden Gassen lustwandelte, die umherhuschenden Indios mit vielleicht scheelem Blick beäugte und ansonsten womöglich vom fernen Hofe zu Madrid träumte. „Die Spanier bauten Lima generalstabsplanmäßig aus”, sagt Alt-Professor Vallejo Viñas. Was früher eine übersichtliche Kommune war, ist allerdings heute ein von Armensiedlungen umzingelter, abgasverseuchter Zehn-Millionen-Einwohner-Moloch, der jeden Tag in zahllosen permanenten Verkehrsstaus ertrinkt.

it251124001 (7).jpg
Die Pazifikküste von Lima

Das alte spanische Weltreich lebt trotz der brachialen Vergrößerung der Metropole irgendwie weiter: Zahlreiche alte sakrale und religiöse Gebäude und Komplexe, in etlichen Museen ausgestellte Gemälde und darüber hinaus Grabstätten zeugen von dieser Vergangenheit, von der sich Peru am 28. Juli 1821 durch die feierliche Unabhängigkeitserklärung des Befreiers José de San Martín löste. Seitdem existiert der Andenstaat wie andere süd- und mittelamerikanische Länder weiter im Schatten der „madre patria”, wie Spanien dort genannt wird: der Mutter des Vaterlandes. Die Verbindungen sind zwar lockerer geworden, wurden aber emotional von vielen Menschen nie gekappt – erst recht nicht von denjenigen Einwohnern, die mit den im Land dominierenden Indigenen oder Halbindigenen nichts zu tun haben. In Clubs wie dem „Centro Español del Perú” oder dem „Centro Cultural de España”, dem „Centro Vasco”, der „Casa Catalá de Lima”, oder dem „Centro Andaluz del Perú” wird dem fernen Land der Vorfahren kulinarisch und anderweitig gehuldigt.

Dass es in der peruanischen Hauptstadt im kolonialen Künstlerviertel Barranco sogar ein sechsstöckiges Wohnhaus namens „Edificio Mallorca” gibt, verwundert angesichts der Hingabe, mit der Spanien in Ehren gehalten wird, nicht. Was da wohl der einst in Palma wirkende und 1710 in Lima plötzlich gestorbene Manuel Oms y de Santa Pau sagen würde ...