Die sogenannte "algerische Route", die Migranten von der nordafrikanischen Küste auf die Balearen führt, hat sich nach Angaben der Regierungsdelegation in Palma in diesem Sommer zur am stärksten frequentierten Migrationsroute im westlichen Mittelmeer entwickelt. Allein im August erreichten 59 Boote mit insgesamt 1060 Migranten die Inseln.
Mit insgesamt 2370 Migranten, die bis Ende August in 187 kleinen oder größeren Booten auf den Balearen landeten, wurden die Ankunftszahlen des gesamten Vorjahres bereits übertroffen. Die wirkliche Zahl dürfte aufgrund der Dunkelziffer von nicht entdeckten Booten wahrscheinlich noch höher ausfallen. „Das Phänomen, das lange von den staatlichen und regionalen Behörden vernachlässigt wurde, hat sich mittlerweile zu einer ernsthaften Bedrohung für die Stabilität und Sicherheit der Balearen entwickelt“, schreibt die in Palma erscheinende „Gaceta Nautica“.
Nach einem Bericht der Zeitung kontrollieren algerische Mafia-Banden das Geschäft mit der illegalen Migration über diese Route. Aufgrund des Zögerns der spanischen Regierung, gegen diese Netzwerke in internationalen Gewässern vorzugehen, hätten die kriminellen Organisationen ihre Gewinne exponentiell steigern können. Bis zu 3000 Euro pro Überfahrt würden laut Polizeiquellen pro Person verlangt, somit hätten die Schleuserbanden in diesem Jahr bereits über vier Millionen Euro auf der Balearen-Route eingenommen.
Die von der Regierungsdelegation der Balearen bereitgestellten Informationen bleiben indes spärlich. Zwar meldet das Innenministerium jede einzelne Anlandung der Boote, doch Details zu den Migranten wie Geschlecht, Alter oder genauen Ortung der Boote werden nicht veröffentlicht. Dies erschwert es, das volle Ausmaß des Problems zu erfassen. Fest steht jedoch, dass die meisten Migranten, die nicht als minderjährig identifiziert werden, aufgrund fehlender diplomatischer Beziehungen zwischen Spanien und Algerien lediglich eine nicht vollstreckbare Ausweisungsverfügung erhalten. Die diplomatische Blockade, die sich durch die Covid-Pandemie sowie den zwischen Madrid und Algier schwelenden Konflikt um die Westsahara verschärft hat, führt dazu, dass seit vier Jahren kein irregulärer Migrant, der auf den Balearen ankam, nach Algerien zurückgeführt werden konnte.
„Vor der Pandemie war es noch relativ einfach, Migranten zurückzuführen“, sagt José María Manso, ehemaliger Chefinspektor der Ausländerbrigade der Nationalpolizei auf den Balearen in einem Interview mit dem Radiosender „Es Radio“. Die Route von Algerien auf die Balearen sei bis 2020 nur vereinzelt genutzt worden. Doch seit dem Beginn der Pandemie und den damit verbundenen internationalen Einschränkungen habe die Zahl der Boote und Migranten stark zugenommen. „Was früher fast eine Randnotiz war, ist heute ein ernsthaftes Problem. Die algerische Route ist nicht mehr nur eine Einreiseroute für Algerier, sondern auch für Menschen aus Subsahara-Afrika und sogar Asien“, so Manso weiter.
Die sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die dieser Migrationsstrom mit sich bringt, seien vielfältig. Neben Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind, kommen laut Manso auch Kriminelle, die in ihren Heimatländern Verbrechen begangen haben und das spanische Rechtssystem als relativ mild betrachten. Die Aussicht auf schnelle Gewinne durch illegale Aktivitäten in Spanien sei für viele eine zusätzliche Motivation, sich den Schleusern anzuvertrauen.
Ein Vorschlag der konservativen Oppositionspartei PP in Madrid, die Marine zur Kontrolle der Seegrenzen einzusetzen, wird derzeit kontrovers diskutiert. Während einige Experten der Meinung sind, dass Patrouillen in den spanischen Hoheitsgewässern kaum Abhilfe schaffen würden, sprechen sich andere für eine entschiedene Kontrolle in internationalen Gewässern aus. Ein hochrangiger Offizier der spanischen Streitkräfte, der in Gaceta Nautica zitiert wird, plädiert für Operationen 13 Meilen vor der algerischen Küste. Bereits dort müssten Flüchtlingsboote abgefangen und in den nächsten sicheren Hafen an der algerischen Küste geschleppt werden. Nur so könne man verhindern, dass die kriminellen Organisationen weiterhin ungehindert agieren.
Die Balearen standen in ihrer Geschichte noch nie vor einem derartigen Migrationsdruck. Experten wie Manso sind sich einig, dass das Problem nur durch eine Zusammenarbeit mit den Maghreb-Ländern gelöst werden kann. Doch angesichts der aktuellen diplomatischen Verwerfungen zwischen Spanien und Algerien sind schnelle Fortschritte nicht in Sicht. Sollte sich die Lage nicht bald entspannen, könnte die algerische Route im Mittelmeer zum neuen dominierenden Schauplatz der Migration werden – mit weitreichenden Folgen für die Balearen.
4 Kommentare
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… versuche es noch einmal mit der Meinungsfreiheit.. Statt in jedem Kreisel die Einheimischen das Geld durch multas aus den Taschen zu ziehen, sollten lieber GC oder Polizei die Meeresgrenzen überwachen..
… es ist einfacher an jedem Kreisel die Einheimischen zu kontrollieren und denen das Geld aus den Taschen zu ziehen, als vernünftige Kontrollen auf See durchzuführen… ein Armutszeugnis
Da sollte man jetzt ganz ruhig bleiben. Die Urlauber werden künftig die Balearen ohnehin wegen der touristenfeindlichen Proteste der mallorquinischen Aktivisten eher meiden und infolge schafft das viel Raum für die Unterbringung der kommenden Migrationswellen. Die Unterbringung von Migranten in Viersternehotels ist in Teilen von Europa inzwischen Usus, insbesondere im UK. Natürlich wird sich auch hier auf den Inseln einiges ändern, aber solche Umbrüche fanden schon häufiger in der Vergangenheit statt.
Satire = Irgendwer muss ja die vertriebenen Touristen ersetzen. -- Und falls nicht, beteht die Gefahr, dass die trotzdem wegbleiben, wenn sich die Befürchtung ein 2. Lampedusa zu werden, erfüllen sollte. So hilft das Schicksal die Wünsche der Demonstranten zu erfüllen. - Und WAS dann ??