Der Gottesdienst findet am Strand vor dem Megapark statt. | Anja Schmidt

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Niels Petersen hat Gott im Knast getroffen. Allerdings nicht am Strand von Mallorca. Der Norddeutsche wurde wegen Kokainschmuggels in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá für zwei Jahre ins Gefängnis gesteckt. Als es ihm so richtig dreckig ging, sei Petersen „die Erleuchtung” gekommen. „Es war alles auf einmal so klar! Gott hat mich gefunden und kam zu mir”, sagt der 40-Jährige überzeugt. Und nun bin ich ‚Hope- statt Dope-Dealer’”, witzelt der riesige Kerl und fährt sich mit dem wuchtigen und tätowierten Arm über seine Glatze, während er zu hunderten Feierfreudigen am Balneario sechs spricht.

„Warum sollte Jesus also nicht auch hier am Ballermann sein?”, fragt Petersen in die Runde, als er am Strand der Playa de Palma gegenüber vom Megapark eine Predigt hält. Der Sohn Gottes ginge schließlich mit der Zeit und sagte laut Bibel selbst: „Wo zwei oder drei zusammenkommen, die zu mir gehören, bin ich mitten unter ihnen”. Dann muss er rein theoretisch auch hier am Balneario sechs auf der Suche nach seinen verlorenen und betrunkenen Schäfchen sein.

Diese sind leicht zu finden. Sie sind an ihren Fußballtrikots, Bierkönig-T-Shirts, schrägen Sonnenbrillen und einer Kombi aus weißen Tennissocken und Adiletten schnell erkennbar. Aber lassen die, die sich auf dem Weg zum Biertempel verlaufen haben, sich auch so schnell einfangen? Wenn man sich umschaut, stehen einige zumindest in Schockstarre an der Promenade und hören sich den Beachgottesdienst an. Nachdem der heutige „Hope-Dealer” Petersen ein paar flotte Reime über Jesus und den Heiligen Geist gerappt hat, tritt noch eine junge Band auf und bringt mit fetziger, Gott bejahender Musik Stimmung in die Herde. Bereits gefundene und gerettete Schäfchen in weißen T-Shirts verteilen die Songtexte. Und siehe da, die Menge wippt und singt mit. Halleluja.

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Es sind hunderte Leute, die sich die Show ansehen. Die Jünger der unabhängigen christlichen Organisation „Reach Mallorca” verteilen kleine Party-Bibeln, die in verständlichen Worten das neue Testament beschreiben. Einige Zuschauer reden mit den zahlreichen christlichen Teilnehmern über ihren Glauben oder erklären, warum sie diesen verloren haben. „Was habt ihr von dem Event? Für welche Kirche sucht ihr Anhänger?”, fragt eine ältere Dame misstrauisch. „Für gar keine. Wir sind alles Christen, gehören aber alle zu anderen Kirchen oder Freikirchen. Manche sind in keiner Kirche. Darum geht es uns auch nicht. Wir wollen nur die christliche Gemeinschaft fördern”, erklärt eine Frau in weißem Shirt mit gelbem „Reach Mallorca”-Aufdruck. „Wir haben unser Flugticket nach Mallorca sogar selbst bezahlt. Wir verdienen nichts mit der Aktion.”

Im Sand steckt ein Schild mit der beleuchteten Aufschrift „Beach-Gottesdienst”, ein paar Meter weiter steht ein großes Kreuz mit heller LED-Umrahmung. Im Meer lässt sich gerade jemand von Johannes taufen. Allerdings von Johannes Baumann, der als würdiger Nachfolger des Täufers an diesem Tage die Aufgabe übernommen hat. Als Organisator von Reach Mallorca steht er bereits das zehnte Mal an der Playa. „Wie in den anderen Jahren läuft es prima. Sogar die Gastwirte haben mit uns gesprochen und gesagt, dass es an den Abenden, an denen unser Gottesdienst stattfindet, viel friedlicher und weniger chaotisch zugeht als sonst”, sagt Baumann glücklich.

„Ich finde es sehr schön, dass die jungen Leuten noch einmal an den Glauben herangeführt werden. Man merkt richtig, dass sie sich tatsächlich angesprochen fühlen”, sagt Nadine aus Stuttgart. Die 46-jährige ist zwar gläubig, lehnte aber eine Segnung durch dritte ab. „Das war mir ein bisschen ‚too much’”, sagt sie und lächelt.

Bis zum 13. August finden zweimal täglich Beach-Gottesdienste statt. An einem Tag schippern sie sogar mit DJ und Gott auf einem Party-Boot nach Cala Rajada. Dann geht es sozusagen mit Jesus übers Wasser.