Zu viele für einen runden Tisch: Die balearische Regierungschefin Marga Prohens (Bildmitte) mit Teilnehmern des Forums, das sich zum Ziel gemacht hat, den Tourismus auf den Balearen völlig neu aufzustellen. | Jaume Morey

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Mehrere Dutzend hochrangige Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft haben sich am Mittwoch auf Mallorca versammelt, um sich gemeinsam auf die Suche nach einem zukunftsorientierten Tourismusmodell zu machen. Die Parole hatte Gastgeberin und Ministerpräsidentin Marga Prohens (Volkspartei PP) bereits vor Tagen öffentlich ausgesprochen: Angesichts zunehmender Unzufriedenheit mit den gegenwärtigen Verhältnissen in der Bevölkerung müsse ein Umdenken stattfinden, befand die balearische Regierungschefin mit ungewöhnlich offenen Worten. Ein Weiter-so könnten sich die Inseln nicht leisten.

Auf ihre Worte ließ Prohens rasch Taten folgen. Mit der Konstituierung eines Debattenforums – der Begriff runder Tisch kommt angesichts der hohen Zahl geladener Gäste nicht mehr infrage – habe die Konservative am Montagvormittag eine Art Paradigmenwechsel eingeläutet, so die MM-Schwesterzeitung “Ultima Hora”. Und nach ihren Worten zu urteilen, ist es Prohens durchaus ernst mit der Sache. “Unter der Massifizierung leidet unsere Wettbewerbsfähigkeit.” Zugleich bat sie die Bewohner Mallorcas und der Nachbarinseln um Geduld. Ein seit Jahrzehnten etabliertes Modell wie das bestehende könnte nicht “in zwei oder vier Jahren” grundlegend reformiert werden.

Der Sinneswandel bei den Konservativen kommt für viele Politbeobachter überraschend, ist die Volkspartei PP doch bekannt für ihre Nähe zu Unternehmen. Und die hatten und haben noch immer mehrheitlich ihre Bilanzen im Auge und weniger die Bedürfnisse der Gesellschaft. Doch Prohens, die noch nicht einmal ein Jahr im Amt ist, scheint gewillt zu sein, mit dieser heiligen Allianz zu brechen. Sie machte am Montag keinen Hehl daraus, dass der bevorstehende Wandel vielleicht ein wenig spät eingeläutet wird. In Zukunft sollen auf der Prioritätenliste nicht mehr ausschließlich die Gewinnmargen der Unternehmen stehen, sondern “das Wohlergehen der Menschen”.

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In ihrer leidenschaftlich geführten Rede vor mehr als hundert geladenen Forumsteilnehmern zog Prohens eine durchaus kritische Bilanz der Vergangenheit. In Politik und Wirtschaft hätte man bislang “Wachstum und Quantität” alles andere untergeordnet. Als Folge dieses von Umsatzsprüngen getriebenen Denkens sei man “unfähig” gewesen, die Lebensqualität und Bedürfnisse der Inselbewohner zu berücksichtigen. Nun gelte es, so zitierte die Zeitung aus Prohens’ Rede, "die Auswüchse des Massentourismus zu erkennen und Maßnahmen einzuleiten, diese abzustellen”. In einem Punkt wollte sich die balearische Regierungschefin allerdings nicht missverstanden sehen: Der Tourismus dürfe nicht verflucht werden, ein harmonisches Miteinander von Gästen und Inselbewohner sei durchaus möglich.

Ferner wies Prohens darauf hin, dass es sich beim angestrebten Umbau des Tourismus nicht um ein exklusives Bestreben ihrer Volkspartei handele. Vielmehr sei es ein Vorhaben, das des Rückhalts der gesamten balearischen Gesellschaft bedürfe. “Ich möchte nicht, dass es ein Projekt der PP oder meiner Regierung ist.” Zumal ein derart tiefgreifendes Umdenken nicht in Legislaturperioden gemessen werden könne. “Ein Tourismusmodell lässt sich nicht alle vier Jahre ändern”, sagte Prohens.

Wie geht es nun weiter? In einem ersten Schritt, so Prohens am Montag, soll in einer großen Meinungsumfrage die Gemütslage der Inselbewohner gemessen werden. Die klagen seit Jahren insbesondere über unbezahlbar gewordenen Wohnraum, chronisch verstopfte Straßen und rücksichtslose Lärmbelästigung. Doch die Liste der Unannehmlichkeiten, die der beständig wachsende Tourismus mit sich bringt, ist länger. Gleichzeitig will die Politik im bevorstehenden Sommer eine Vielzahl von Daten sammeln, um diese später in Expertenteams auswerten zu können: die Verkehrsbelastung auf den wichtigsten Straßen, die Besucherzahlen an ausgesuchten Urlaubszielen und die Beobachtung noch zu bestimmender Naturräume.

Nun obliegt es den Teilnehmern des Debattenforums, das offiziell den Namen Mesa pel Pacte Polític i Social per la Sostenibilitat Econòmica, Social i Ambiental de les Illes Balears trägt, Ideen und Verbesserungsvorschläge zu Papier zu bringen. Ist die erste Version der touristischen Zukunft Mallorcas und Co. erst einmal in Schriftform gegossen, muss es den ersten Filter passieren: Ein Expertenkomitee unter Leitung des Ökonomen Antoni Riera soll nach dem Willen von Prohens darüber befinden, welche Punkte der nächsten Stufe würdig sind. Einen Denkanstoß gab die Ministerpräsidentin am Montag den Teilnehmern des Forums gleich mit auf den Weg. Sie wünsche sich beispielsweise Ideen, wie sich die Balearenwirtschaft künftig diverser aufstellen lasse. Also weg von der Monokultur Tourismus.