Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine fliehen auch immer mehr Bürger aus Osteuropa auf die Baleareninseln. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und die Balearen-Präsidentin Francina Armengol hatten das militärische Eingreifen Moskaus in dem Nachbarland nach dem 24. Februar massiv verurteilt. Armengol forderte unmittelbar nach Kriegsausbruch die Europäische Union auf, einen Flüchtlingskorridor auf den Balearen für die Menschen aus der Ukraine einzurichten. Sie schrieb dazu bei Twitter „Wir stehen zur ukrainischen Gemeinde, die auf den Balearen lebt. In Kriegen sind es immer dieselben, die verlieren, nämlich die Unschuldigen. Es sind die Menschen, die keinen Krieg wollen, die dann unter ihm leiden müssen.”
Mittlerweile haben über 300 ukrainische Flüchtlinge auf den Balearen internationalen Schutz beantragt. Die Nationalpolizei erhielt zudem insgesamt 117 Aufenthaltsanträge, davon 68 auf Mallorca, 43 auf Ibiza und sechs auf Menorca. Für die Aufnahme von Tausenden von Kriegsflüchtlingen hat Spanien eigens einen neuen Rechtsrahmen geschaffen. Der neue Erlass des spanischen Innenministeriums sieht vor, dass die Bearbeitung des vorübergehenden Schutzes in weniger als 24 Stunden erfolgt und es den Bürgern automatisch ermöglicht, sich im Land aufzuhalten und zu arbeiten.
Untergebracht ist ein Großteil der ukrainischen Flüchtlinge derzeit in dem ehemaligen Corona-Hotel Palma Bellver. Dort halten sich derzeit 240 Personen auf. Die Zusammenarbeit mit dem Hotel endet allerdings Ende März und die Familien werden die Herberge verlassen müssen. Für diese Geflüchteten wurden bereits neue Vereinbarungen mit privaten Einrichtungen getroffen, um sie aufzunehmen. Die Kirche auf Mallorca stellt der Regierung der Balearen 100 Plätze für die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge zur Verfügung. Viele der geflüchteten Ukrainer konnten auch bei Familienmitgliedern unterkommen. Die ukrainische und russische Gemeinde auf den Balearen ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Lebten 1998 lediglich 68 Russen und sechs Ukrainer auf dem Archipel, waren es im vergangenen Jahr 2040 russische und 2135 ukrainische Staatsangehörige.
Insgesamt zeigt sich die Insel solidarisch. Das wird sichtbar, etwa wenn das Schloss Bellver in den ukrainischen Nationalfarben gelb und blau angestrahlt wird. Neben Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine werden vor allem verstärkt Hilfsinitiativen gestartet. So rufen zahlreiche gemeinnützige Organisationen zu Lebensmittel- und Sachspenden auf. Zu ihnen zählen unter anderem die ukrainische Kirche, Hope Mallorca, die Rafael Nadal Fundación, der Lions Club Mallorca sowie die HMH-Kunstgalerie in Andratx. Zudem können beinahe in jeder Gemeinde Sachspenden abgegeben werden.
Auch im Bildungswesen wurde ein Zeichen gegen den Krieg in Osteuropa gesetzt: An zehn katholischen Schulzentren hielten Schüler am vergangenen Freitag, 18. März, eine Schweigeminute in Gedenken an die Opfer des Ukraine-Kriegs ab. Zudem bastelten sie Handabdrücke in gelber Farbe.
Diverse Insulaner treten in Eigenregie die lange Reise an die ukrainische Grenze an, um gespendete Lebensmittel, Medizin und Kleidung persönlich abzugeben und hilfsbedürftige Menschen auf den Weg nach Spanien zu begleiten. So plant eine Gruppe mallorquinischer Feuerwehrleute, mit einem Reisebus und fünf Kleintransportern an die Grenze zur Ukraine zu fahren, um bis zu 125 Flüchtlinge aufzunehmen. Der Konvoi soll von Ärzten und mehreren Freiwilligen begleitet werden.
David Codina, Inhaber des Tiergeschäftes Kverd, ruft derzeit zu Futterspenden für Haustiere in der Ukraine auf. Die Idee kam Codina während einer Autofahrt. „Nicht nur die Menschen, auch die Tiere brauchen jetzt unsere Unterstützung.” Im Rahmen des Hilfsprojekts der Organisation „Fundación Escribano” begleitet der Spanier daher am 9. April einen Transport mit Lebensmitteln und Tiernahrung zur polnischen Stadt Przemysl an der ukrainischen Grenze. Die Rückkehr nach Mallorca ist für den 17. April vorgesehen.
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