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Es ist nicht allzu einfach, zum Landgut „El Onsareño” zu gelangen. Südlich des wenig anheimelnden Palmesaner Vororts Son Ferriol zweigt eine Straße ab, die bald zu einem schlaglochübersäten und teils schlammigen schmalen Weg wird. Ganz am Ende, direkt am Zaun des Flughafens Son Sant Joan, lebt Sergio Galdón. Er arbeitet bereits in dritter Generation für ein Gewerbe, das das seit dem Jahr 2015 auf den Balearen regierende Linksbündnis kurzerhand verbot: Der 28-Jährige züchtet en gros Kampfstiere. Er ist der Einzige, der das auf Mallorca noch macht.

„Die Stiere, die Sie hier sehen, werden 2019 drei Jahre alt und kommen erst nach Valladolid und dann in den westlich davon gelegenen Ort Simancas”, sagt Sergio Galdón, während er auf ein Gehege mit einigen dieser imposanten braun-schwarzen Tiere zeigt. Es handelt sich um Stiere für sogenannte „Novilladas sin picar”. Das bedeutet, dass es sich um Jungstiere handelt, die nicht unter Einsatz von berittenen Torero-Helfern, sogenannten „Picadores”, kämpfen. „Wir züchten und verkaufen nicht ältere Stiere, sondern allein junge Tiere”, so Sergio Galdón, dessen ebenfalls auf dem Hof lebender, aus Jaén in Andalusien einst nach Mallorca übergesiedelter Vater weiterhin aktiv bei der Zucht ist. In die erste Liga des Stierkampfes haben sie es nicht geschafft, was sie aber nicht stört: „Wir backen eher kleinere Brötchen und sind bislang nicht in großen Arenen wie der Maestranza in Sevilla oder Las Ventas in Madrid vertreten”, so Sergio Galdón.

Obwohl das Geschäft auf den Inseln weggebrochen ist, merkt der Züchter das nicht. „Das hat uns glücklicherweise wirtschaftlich nicht tangiert”, sagt er. Moralisch habe die Gangart der linken Parteien ihn, Galdón, jedoch zutiefst erschüttert. Angesichts dessen fielen Verbalattacken und Drohungen, die ihm Tier-Aktivisten in den vergangenen Jahren entgegengeschleudert hätten, nicht so sehr ins Gewicht.

25 männliche und 25 weibliche Tiere wachsen beim letzten Kampfstierzüchter von Mallorca pro Jahr heran, ein fünfjähriges Tier kann immerhin bis zu 4500 Euro in die Kasse spülen, jüngere 2000 bis 3000 Euro. Doch ob ein „Novillo” so viel wert ist, entscheiden Toreros, die eigens nach Palma geflogen kommen, um in der Mini-Stierkampfarena der Galdóns zu überprüfen, ob ein Stier würdig ist, im Kampf sterben zu dürfen, oder ob er lediglich für den Schlachthof taugt. Bei der Erinnerung an die Stierkämpfer, die bei ihm auftauchten, bekommt Sergio Galdón fast feuchte Augen: „Victor Puerto war hier und viele andere”, haucht er.

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Neben den Jungstieren befinden sich zwei weitere Areale, wo jeweils ein ausgewachsener, liebevoll gepflegter Zuchtbulle mehreren Weibchen zugeordnet ist. „Lege ich zwei oder mehr große Bullen mit Weibchen zusammen, wäre das ein großer Fehler, denn sie werden garantiert aufeinander losgehen und sich verletzen”, sagt Sergio Galdón. Dann könnten sie nicht mehr verkauft werden.

Worauf der Züchter ebenfalls achtet, ist, zwei streng getrennte Blutlinien zu respektieren. Durch Vermischung von Exemplaren aus diesen beiden „Familien” verhindert er, dass gestörte und daher unverkäufliche Tiere mit Erb-Defekten geboren werden können.

So intensiv sich Sergio Galdón in die Stier-Aufzucht hineinkniet, seinen Lebensunterhalt kann sie nicht sichern. Und das, obwohl sein seit 1992 existierendes Gut 36 Hektar und dazu noch 1800 Schafe umfasst. „Im Hauptberuf bin ich Fahrer von überregionalen TIB-Bussen”, sagt er.

Doch Sergio Galdóns Herz schlägt nunmal für den Stierkampf. Um dieses derzeit auf den Balearen in schwierigem Fahrwasser befindliche urspanische Vergnügen in Ehren zu halten, plant er im Hauptgebäude seines Guts etwas Kreatives, das einige stören dürfte. Unter Stierkampf-Werbeplakaten von anno dazumal und dem an die Wand genagelten Kopf seiner Lieblingskuh, die ihn jahrelang als Kind begleitete, will er ein Museum einrichten.

(aus MM 45/2018)