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Wie war das in Alcúdia vor dem Tourismusboom? Eine Lokalforscherin der Gemeinde hat es einmal so ausgedrückt: "Die eine Hälfte im Dorf arbeitete für den Energieversorger Gesa, die andere für den Gasversorger Butano."

Tatsächlich ist der Gasversorger, wo die orangefarbenen Metallflaschen mit per Schiff eintreffendem Butangas befüllt werden, noch immer aktiv. Seine Fabrik samt Werkssiedlung befindet sich zwischen dem Hafen von Alcúdia und der Wohnsiedlung Alcanada.

In direkter Nachbarschaft dazu befindet sich auch die sogenannte Gesa-Werkssiedlung. Sie ist so tot wie das Kraftwerk mit den Doppeltürmen auf der anderen Straßenseite. Fast alle der 29 Arbeiterhäuser haben zugemauerte Fenster und Türen, die einstigen Gärten drum herum sind verwildert. Der Eigentümer befindet sich in einem Rechtsstreit mit letzten Hausbesetzern, die offenbar noch nicht verwiesen werden konnten.

"Das Gesa-Dorf war einst eine Vorzeige-Siedlung", schwärmt der Alcúdia-Einwohner José Aguiló. Jeder, der in dem Kohlekraftwerk einen Job erhielt, war stolz darauf. Neben den Mitarbeiterhäusern wies die 1957 errichtete Siedlung eine Kirche, einen Lebensmittelladen, einen Spiel- und Tennisplatz sowie das Freibad auf, das heute vom kommunalen Schwimmverein auf dem Hafengelände gepachtet wird.

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"Und es gab herrlich gepflegte Gärten und einen Waldbereich, den auch die übrigen Anwohner nutzen durften", schwärmt Aguilós Frau Magdalena Cerdá. Abgeschaltet wurde das Kraftwerk in den 1990er Jahren, als wenige Kilometer entfernt das neue Kohleheizkraftwerk Es Murterar II in Betrieb genommen wurde.

Derzeit soll das Gesa-Dorf verkauft werden, für 3,1 Millionen Euro. Doch die Siedlung ist denkmalgeschützt. Ein neuer Besitzer muss sich verpflichten, das Areal wieder originalgetreu herzurichten. Bis dieser Kaufinteressent gefunden ist, verfällt die Immobilie samt Industrieanlage weiter vor sich hin.

Pläne, das zu ändern, gab es schon mehrfach. 2008 wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, um das Heizkraftwerk in ein "Museum der Künste und Wissenschaften" zu verwandeln. Im vergangenen Jahr griff Mallorcas Inselrat die Pläne erneut auf. Der Wille, mit der Industrieanlage etwas anzufangen, ist durchaus vorhanden. Woran es aber nach wie vor fehlt, sind die dafür notwendigen finanziellen Mittel.

(aus MM 51/2016)