"Bssss." In der Calle Banc de s'Oli in Palma ist das Geräusch der Tätowiernadel schon von Weitem zu hören. Vor dem Studio "Carnivale Finest Electric Tattooing" hat sich am Samstag die Tattoo-Community auf Mallorca zum dritten Tattoo Festival in Palma zusammengefunden.
Im Rahmen der Veranstaltung will Ladenbesitzer Ivan Alvarez die Hintergründe der Körperkunst in den Fokus stellen. Am Donnerstag und Freitag zeigte er Dokumentarfilme, am Samstag konnten sich Kunden in seinem Geschäft zu Sonderpreisen klassische Tattoo-Motive stechen lassen.
Damit liegt das Studio derzeit im Trend, wie Alvarez erklärt: "Es erfolgt gerade die Rückbesinnung auf alte, traditionelle US-Motive." Dazu gehören vor allem Schiffe und Anker, wie sie die Marine-Soldaten früher getragen haben.
Die Ursprünge des Tätowierens gehen aber sehr viel weiter zurück in der Geschichte. Die frühesten Funde von tätowierten Menschen stammen von Ureinwohnern Chiles vor etwa 7000 Jahren. Im Mittelalter verbreiteten sich christlich-religiöse Körperbilder, obwohl die Bibel das Tätowieren, beziehungsweise die "geätzte Schrift", verbietet.
Im 20. Jahrhundert wandelte sich die Bedeutung von Tattoos: Während Tätowierungen zunächst Matrosen und ehemalige Gefängnisinsassen stigmatisierten, nutzten seit den 1980er Jahren vor allem Jugendliche die Körperkunst als Abgrenzungsmechanismus und Ausdruck von Exklusivität. Piercings und Tattoos gingen mit einer gewissen Protesthaltung einher, die oft auch Teil der Subkultur bestimmter Musikstile wie Rock'n'Roll waren.
Relativ schnell wurden Tattoos zum Mainstream, was an dem Aufkommen von Henna- und Klebetattoos als Modeaccessoires zu beobachten war.
In Deutschland flaut der Trend bisher nicht ab: Zwölf Millionen Deutsche, also jeder Sechste, sind tätowiert.
Zum 21. Mal findet in Frankfurt vom 22. bis zum 24. März die Internationale Tattoo-Convention statt, auf der mehr als 600 Tätowierer aus aller Welt zu Gast sind.
An solchen Fachtagungen mangele es auf Mallorca, beklagt Claudia Schmitt, die auf der Insel lebt und bis vor einigen Jahren in Deutschland als Tätowiererin arbeitete. "Es gibt keine gescheiten Tattoo-Conventions, die wirklich gute Tätowierer auf die Insel bringen würden." Ende Mai ist ein erstes internationales Treffen von Tätowierern im Pueblo Español geplant. Qualitativ hochwertige Studios täten sich aber bislang auf Mallorca schwer, sagt Schmitt. Viele der über 20 Tätowier-Geschäfte lebten von Touristen, die sich im Sommer ein Urlaubsandenken stechen lassen. Die Einheimischen seien eher selten tätowiert, beobachtet die ehemalige Tätowiererin.
Generell gehe der Trend momentan hin zu großflächigen Tätowierungen. Die Motive hätten sich kaum verändert, vor allem florale und verspielte Zeichnungen, aber auch die sogenannten "tribals" - verschnörkelte Muster, die an indigene Stammesbemalungen erinnern sollen - und asiatisch angehauchte Bilder würden weiterhin bevorzugt.
Ivan Alvarez, Besitzer von "Carnivale Finest Electric Tattooing", schätzt die Lage auf der Insel anders ein: "Gerade weil auf Mallorca viele Internationale leben, verbreiten sich Tattoos hier schneller als auf dem eher rückschrittlichen spanischen Festland."
Unter den Tätowierern herrscht aber Einigkeit, dass vor dem Stechen eine eingehende Beratung der Kunden erfolgen müsse. Dann würde später nichts bereut. Die auf Mallorca ansässige Dermatologin Dr. Cordula Ahnhudt hat in den vergangenen zehn Jahren etwa 100 Tattoos mittels Lasertechnik entfernt. Die Zahl der Eingriffe hat in der jüngsten Vergangenheit ihrer Einschätzung nach zugenommen.
Ahnhudt rät nicht grundsätzlich von Tätowierungen ab: "Wenn sie nach allen Regeln der Kunst sauber gestochen wurden, stellen sie nicht unbedingt ein gesundheitliches Risiko dar." Allerdings würden manche die Entscheidung für ein dauerhaftes Tattoo zu leichtfertig treffen. "Und dann sind die Leute erstaunt, wie langwierig, schwierig und teuer die Entfernung des Tattoos ist."
1 Kommentar
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Carnivale - sehr gutes Custom-Studio mit internationalen Tätowierern. Arbeiten hygienisch einwandfrei und beraten toll. Auf der Insel leider nicht immer so zu finden. So wird ein Tattoo zum Teil der Person, nicht zum Stigmata oder Style-Element. Weiter so - voran mit gutem Beispiel!