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4. August – Das Projekt zur Wiederinbetriebnahme der Zugstrecke Manacor-Artà ist vorerst gestoppt. Die Bauarbeiten ruhen seit vergangener Woche. Das 190 Millionen Euro teure Vorhaben – eines der Prestige-Projekte der Vorgänger-Regierung – ist den Sparplänen zum Opfer gefallen.

Das Geld, das die Zentralregierung in Madrid zur Verfügung stellen sollte, sei nicht da, teilte Ministerpräsident José Ramón Bauzá in der vergangenen Woche mit. Wie es nun weitergeht, ist völlig offen. Die neue Balearen-Regierung kündigte für die kommende Woche eine Pressekonferenz zu dem Thema an.

Seit Monaten hatten Bauarbeiter die teilweise völlig zugewucherte historische Strecke freigelegt, verbreitert und für die Verlegung der neuen Gleise vorbereitet. Die Züge, die dort einst fahren sollen, sind bereits angeschafft (Kosten: fast 30 Millionen Euro), beinahe 100 Anwohner wurden teilenteignet (an Entschädigungen zahlte die Balearen-Regierung mehr als drei Millionen Euro). Welche Geldsumme insgesamt bereits investiert wurde, ist beim Verkehrsministerium derzeit nicht zu erfahren.

Im Inselosten regt sich nun Protest gegen die Entscheidung, die Bauarbeiten einzustellen. Die Umweltschutzgruppe GOB etwa fordert, weiterhin auf den Nahverkehr zu setzen und die Bahnstrecke fertigzubauen. Der geplante Ausbau des Straßennetzes werde ja auch nicht abgesagt, so die Argumentation.

Auch die Bürgermeister der Gemeinden Sant Llorenç, Son Servera, Artà und Capdepera wollen für die Fertigstellung kämpfen – weil sie einerseits von der Notwendigkeit des Nahverkehrsprojekts überzeugt sind und andererseits befürchten, Geröllhaufen, Bauzäune und gesperrte Zufahrtswege könnten nun zur Dauereinrichtung im Inselosten werden.

Das ist auch die Hauptsorge der betroffenen Anwohner, die sich zum Großteil mit der Wiederinbetriebnahme der Strecke abgefunden zu haben scheinen. Nicht so die Deutsche Claudia Gelabert, die ein Haus direkt an der Bahnstrecke hat und 2008 eine Interessenvereinigung gründete (Alternativa al Tren/Alternative zum Zug).

Die Vereinigung hat eine Verwaltungsklage gegen das Projekt eingereicht. „Zufrieden sind wir erst, wenn eine endgültige Entscheidung gegen den Zug gefallen ist”, sagt sie. Vorerst seien ja nur die Bauarbeiten gestoppt.

Gelabert und ihre Mitstreiter weisen seit Jahren darauf hin, dass die Wiederinbetriebnahme des Zuges nicht rentabel sei. Man solle lieber das Busnetz ausbauen.

Obendrein seien Fehler bei der Umsetzung gemacht worden, weshalb das Projekt „null und nichtig” sei. Auch die von offizieller Seite den Wirtschaftlichkeitsberechnungen zugrunde gelegte jährliche Passagierzahl des Zuges (639.000) sei zu hoch angesetzt.

Recht gibt den Bahngegnern in diesem Punkt eine Studie der mallorquinischen Handelskammer, die mehr als ein Jahr alt ist, aber erst jetzt von der Tageszeitung „Ultima Hora” publik gemacht wurde: Die Handelskammer geht von jährlich 252.000 Nutzern aus – was die Sinnhaftigkeit des Projekts grundsätzlich in Frage stellt.

Die etwa 30 Kilometer lange Bahnstrecke war in den 70er Jahren wegen mangelnder Rentabilität stillgelegt worden. Ein Teil der Bevölkerung im Inselosten forderte über Jahrzehnte hinweg die Wiederinbetriebnahme. Der Mitte-Links-Pakt, der bei der Regionalwahl im Mai die Macht verloren hat, nahm das Projekt in der vergangenen Legislaturperiode in Angriff. Seit der Stilllegung waren links und rechts der alten Gleise Dutzende Häuser gebaut worden.