14.7. – Mallorcas Politiker äußern sich
wohlwollend über das Projekt. Zweifel melden dagegen Experten wie
der Ex-Manager von Formel-1-Star Michael Schumacher, Willi Weber,
und der Vorsitzende des Motorsportverbandes Pep Yuste an. Ein
zahlungskräftiger Investor ist nämlich nicht in Sicht. Die neue
politische Führung scheint nicht abgeneigt zu sein, hat aber kein
Geld.
In einem Punkt sind sich alle einig: Fänden auf Mallorca
tatsächlich eines Tages Formel-1-Rennen statt, wäre das ein Gewinn
für die Insel. Die weltweit wichtigste Motorsportveranstaltung
würde Zehntausende Zuschauer auf die Insel locken und hätte
obendrein weltweite Werbewirkung. Laut Formel-1-Angaben verfolgten
in der vergangenen Saison weltweit 527 Millionen TV-Zuschauer die
19 Rennen.
"Das wäre wunderschön, wenn es das vor meiner Haustür gäbe",
sagt etwa der Ex-Manager von Formel-1-Star Michael Schumacher,
Willi Weber, der einen Wohnsitz in Camp de Mar hat. Dass das
ehrgeizige Projekt tatsächlich Wirklichkeit werden kann, daran
glauben vor allem drei Männer: Vom Architekten Gabriel Palmer
stammen die vorläufigen Pläne (siehe Grafiken), Toni Grau ist für
das Sportliche zuständig und Agustín Arbex koordiniert das
Projekt.
Arbex war 1983 spanischer Rally-Meister, betreibt eine
Motorsportanlage auf Menorca und verfügt offenbar über exzellente
Kontakte in der Formel-1-Szene. Nach eigener Aussage hat er
Gespräche mit verschiedenen Rennställen, mit dem spanischen
Automobilverband RACC, mit Reifenhersteller Pirelli und mit dem
Medienkonzern Mediapro geführt. Die Pläne eines Rundkurses auf
Mallorca seien grundsätzlich positiv aufgenommen worden, sagt er.
Mit Philippe Gurdjian, Experte für Formel-1-Strecken und enger
Mitarbeiter von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, habe er sich das
Gelände vor Ort angesehen. Gurdjian sei angetan gewesen.
Das gilt auch für Mallorcas Politiker, die sich in ungewohnter
Eintracht hinter das Projekt stellen (siehe Zitate). Derzeit läuft
ein Genehmigungsverfahren, das die Umwidmung des für den Bau
vorgesehenen Grundstücks zu Bauland ermöglichen soll. Es geht um
das Gelände direkt gegenüber der bestehenden Rennstrecke
("Rennarena") an der Flughafenautobahn, das zu Llucmajor gehört.
Die Erteilung der Baugenehmigung durch die Gemeinde ist laut Arbex
nur noch Formsache.
Auf dem Gelände soll nach den bisherigen Planungen ein
komplettes Rennsportzentrum entstehen, mit Strecken für
verschiedene Motorsportdisziplinen, Tribünen für 90.000 Zuschauer,
Parkplätzen und Hubschrauberlandeplatz. Die Gesamtfläche umfasst
430.000 Quadratmeter, die Hauptrennstrecke soll knapp fünf
Kilometer lang sein. Das Problem: Kosten würde das Ganze rund 200
Millionen Euro.
"Es laufen Verhandlungen mit verschiedenen Investoren", sagt
Arbex, der sich bewusst ist, dass es für das Projekt kein Geld von
der öffentlichen Hand geben wird. Die Kassen sind leer. Allerdings
hat die Balearen-Regierung die Verabschiedung eines Gesetzes in
Aussicht gestellt, das die Privatinitiative bei der Veranstaltung
von Großereignissen mittels Steuervorteilen begünstigen soll.
Laut Agustín Arbex würde sich das Formel-1-Projekt für
Investoren rechnen. Der Business-Plan, der dem Mallorca
Magazin vorliegt, sieht Einnahmen durch den Verkauf der
Eintrittskarten in Höhe von 30 Millionen Euro an einem
Formel-1-Wochenende vor. Der Rechnung liegen Eintrittspreise ab 150
Euro zugrunde. Zum Vergleich: Ein Wochenendeticket für den
bevorstehenden Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring vom
21. bis zum 24. Juli ist ab 89 Euro zu haben.
Der größte Posten auf der Ausgabenseite wäre dagegen die
Antrittspauschale, die Formel-1-Boss Bernie Ecclestone kassiert.
Diese variiert stark, liegt aber in der Regel zwischen zehn und 20
Millionen Euro - für ein Rennwochenende wohlgemerkt. Arbex gibt
sich dennoch überzeugt, dass sich mit der Formel 1 auf Mallorca
Geld verdienen ließe. "In fünf Jahren könnte die Anfangsinvestition
amortisiert sein", sagt er. Schließlich könne man die Rennstrecke
das ganze Jahr über auch für andere Motorsportveranstaltungen
nutzen (und so Mieteinnahmen erzielen), zum Beispiel für das
Deutsche Tourenwagen-Masters. Einer der großen Vorteile der Insel
sei zudem, dass die Infrastruktur mit Flughafen, Häfen und
Hunderten Hotels für ein solches Großereignis bereits vorhanden
sei. Hier pflichtet ihm auch Willi Weber bei. Unstrittig ist auch,
dass Mallorca als Standort aufgrund der Beliebtheit bei Touristen
aus Großbritannien und Deutschland geeignet wäre - zwei
motorsportbegeisterte Länder.
Sinn machen würde ein Mallorca-Grand-Prix allerdings nur im
Frühjahr oder Herbst. Schließlich ist einer der Hintergedanken der
Politiker, die das Projekt jetzt offen befürworten, die Ausweitung
der touristischen Saison auf die besucherschwächeren Monate. Arbex
findet, Mallorca würde sich im Formel-1-Rennkalender als Abschluss
der europäischen Serie gut machen - also nach dem Großen Preis von
Italien in Monza (September).
In seiner Vorstellung nimmt das Projekt also bereits Formen an,
in der Realität ist es bis dahin noch ein weiter Weg - ein Weg mit
unüberwindlichen Hürden, glaubt Formel-1-Kenner Weber. "So gerne
ich das hätte, ich bin doch eher skeptisch", sagt er. "Ich halte
das ganze Projekt für eine Illusion, wegen der Finanzierung." Es
werde nicht gelingen, einen Investor zu finden, der bereits sei,
200 Millionen Euro in eine Formel-1-Rennstrecke auf Mallorca zu
stecken. "Außerdem ist die Formel 1 ein Minusgeschäft", sagt er.
Die Veranstalter könnten die zu erwartenden 20 Millionen Euro
Antrittsgeld niemals durch den Verkauf von Eintrittskarten wieder
hereinbekommen. "Ich halte das für ein Hirngespinst."
Skeptisch ist auch Pep Yuste, der Vorsitzende des balearischen
Motorsportverbandes. Seit Jahren kämpft er für eine Rennstrecke,
die die vielen motorradbegeisterten Inselbewohner nutzen können.
"Dort müssen auch Autorennen stattfinden, um die Finanzierung zu
gewährleisten", sagt er. Ursprünglich gehörte auch er zu den
Befürwortern eines Formel-1-Rundkurses. Vom jetzigen Megaprojekt
distanziert er sich jedoch. "Ich bin dagegen, Investoren von
außerhalb zu suchen", sagt er. Yuste favorisiert eine
"mallorquinische" Lösung, eine 50-Millionen-Rennstrecke finanziert
von lokalen Geldgebern.
All dies ficht Agustín Arbex nicht an. Der Menorquiner gibt sich
überzeugt, dass Mallorca spätestens im Jahr 2014 zum Rennkalender
der Formel 1 gehören wird. "Dies ist das größte Projekt in der
Geschichte der Insel", sagt er.
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