Das hübsch geschminkte Gesicht verzieht sich zu einer
Leidensmiene: „Irgendwie hab ich Bammel, dass ich gehen muss“, sagt
Serap mit belegter Stimme, „und ich würd doch so gerne bleiben...“
Die 33-jährige Berlinerin ist in dieser Woche nominiert, sitzt auf
gepackten Koffern. Stimmen die Teilnehmer heute gegen sie, heißt es
einsteigen, abfahren, abfliegen. Das Ende ihrer Zeit auf der
schmucken Finca bei Binissalem.
Die ist seit Anfang Oktober fest in der Hand des Fernsehsenders
Kabel 1: Gedreht wird die zweite Auflage der Reality-Show „Biggest
Loser – Abnehmen im Doppelpack“. Weil das Zuschauerinteresse bei
der ersten Staffel hinter den Erwartungen blieb, wurde am Konzept
gefeilt: Statt Einzelpersonen treten nun acht Paare gegeneinander
an – Serap und ihre Nichte Gamze sind eines von ihnen. Für sie gilt
es zahlreiche Wettkämpfe zu bestehen – betreut werden diese
„Challenges“ von der ehemaligen Boxweltmeisterin Regina Halmich –
sie ersetzt Katharina Witt, als prominentes Gesicht der ersten
Staffel.
Abnehmen und in ein neues Leben starten, das ist das tägliche
24-Stunden-Progamm der Teilnehmer. Wer durchhält ohne rausgewählt
zu werden, wird am Ende der glückliche Gewinner sein. Es geht um
Sport, Selbstfindung und Ernährungsumstellung: Kohlenhydrate
morgens, mittags Eiweiß – viel Müsli mit Obst, vier bis fünf
ausgepresste Zitronen am Tag. Die Teilnehmer sollen vom Wissen um
eine ausgewogene Ernährung auch nach dem Camp profitieren –
deswegen kocht jeder selbst.
Mit 197 Kilo stieg Serap aus dem Flugzeug, 31 hat sie schon
runter. Ihre Nichte Gamze hat von 101 auf 83 Kilo abgespeckt, „in
dieser Woche hab ich 4'3 Kilo geschafft“ ruft diese und ihre Stimme
überschlägt sich vor Jubel, „als ich das gesehen hab´, konnt ich
gar nicht mehr aufhören zu grinsen...“ Harte Tage hat sie hinter
sich – in der Woche zuvor hatte sich der Zeiger der Waage kein
Millimeterchen nach unten bewegt. Sondern nach oben: plus 500
Gramm. Niederschmetternd.
Die Kameras scheinen beim Kampf gegen den inneren Schweinehund
das kleinste Problem: „Ich will schlank werden“, erklärt Gamze mit
fester Stimme, „und da kann von mir aus auch die ganze Welt
zuschauen.“
Große Tropfen Schweiß laufen Andreas Büdeker übers Gesicht. Er
kommt vom Boxtraining mit den Teilnehmern. „Vor mir haben sie alle
Angst“, sagt er mit gespielter Dramatik, verfällt dann ins Lachen.
Damit hat er nicht ganz Unrecht. Sein Geheimrezept: Mit Worten zum
Erfolg peitschen. Harte Ansagen, deftige Kommentare, nicht nur ein
Hauch von Militär: Der Name „Drill Instructor“, mit dem der Inhaber
des „Recover Fight-Club“ in Essen einst auch Schwung ins Big-
Brother-Haus brachte, kommt nicht von ungefähr. „Ich bekomme sie
alle“, sagt er schmunzelnd. Wenn er die Teilnehmer zum Robben im
Matsch antreibt, hat das psychologische Hintergründe. Denn ganz
nebenbei gelingt es ihm, verschütteten Kampfgeist neu zu entfachen,
alte Blockaden zum Einsturz zu bringen. „Erst fühlen sie sich
hilflos, dann platzen die Wunden auf. Das Dicksein hat ja einen
ernsten Hintergrund, keiner hat sich das freiwillig
angefressen.“
Ist Büdeker so etwas wie der Bad Guy, dann ist Silke Kayadelen
der gute Gegenpol im Trainerteam: Sie setzt auf Pilates, den
Gymnastikball und Elemente aus dem Kampfsport – die Fitness- und
Ernährungsexpertin, die zwei Bücher zu diesem Thema veröffentlich
hat, ist ehemaliges Mitglied der Teakwondo-Nationalmannschaft.
„Bewegung muss Spaß machen“ ist ihr Motto – und: „Körpergefühl
ist wichtig.“ Übergewichtige hätten die gefühlte Bindung zu ihrem
Körper irgendwann gekappt. „Sie glauben, dass das Fett nicht zu
ihnen gehört, darum tun sie sich so schwer damit, dagegen etwas zu
unternehmen.“ Kayadelen weiß, wovon sie spricht: Einst brachte die
drahtige Frau, der man ihre 40 Jahre nicht ansieht, selbst 80 Kilo
auf die Waage.
Noch bis Anfang Dezember läuft das Camp – ausgestrahlt
werden soll dann im Frühjahr 2010.
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