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Spätestens seit Studien vorliegen, die eine grundlegende Veränderung des Reiseverhaltens der Menschen voraussagen, müssten auf Mallorca die Alarmglocken schrillen. Deutsche, britische und skandinavische Touristen, die ihren Urlaub in Zukunft lieber in der Heimat verbringen, weil der Balearen-Sommer unerträglich heiß geworden ist und die meisten Badestrände im quallenverseuchten Meer versunken sind - dieses Szenario könnte Mallorcas von der Urlaubsindustrie abhängiges Wirtschaftssystem in seinen Grundfesten erschüttern. Noch aber lässt eine angemessene Reaktion auf sich warten.

"Wir müssen zunächst einmal genau erforschen, wie sich der Klimawandel auf den Balearen überhaupt auswirken wird", sagt Magdalena Estrany, Generaldirektorin der Abteilung "Klimawandel" im balearischen Umweltministerium. Erst wenn diese Grundlagenarbeit erledigt sei, könne man darangehen, sich über die geeigneten Maßnahmen zu verständigen. Jetzt ist zumindest ein erstes Etappenziel erreicht: In der vergangenen Woche stellte Estrany gemeinsam mit Forschern der Balearen-Universität (UIB) eine Studie zu den Folgen des Klimawandels auf Mallorca vor. Ergebnis: Die Höchsttemperaturen könnten im Laufe der nächsten 90 Jahre um sechs, im Sommer sogar um acht Grad steigen. "Wenn man bedenkt, dass die Temperaturen in dem ungewöhnlich heißen Sommer 2003 nur um zwei bis drei Grad über den normalen Temperaturen lagen, dann wird klar, dass eine Steigerung um acht Grad besorgniserregend ist", sagt Romualdo Romero, Physiker und Leiter des Forschungsteams an der UIB. Der damaligen Hitzewelle fielen in Spanien wie in anderen Ländern auch mehrere Hundert, wenn nicht Tausend Menschen zum Opfer.

Trotz dieses erschreckenden Szenarios wird der Klimawandel vielerorts noch immer kleingeredet. Manch einer verweist gar hoffnungsfroh darauf, wärmere Wintertemperaturen könnten doch den Mallorca-Tourismus in der Nebensaison ankurbeln. Auch Álvaro Middelmann, Chef der Tourismusförderung auf der Insel, ist kein Freund von Panikreaktionen. Er plädiert dafür, die möglichen Klimaszenarien zunächst gründlich zu prüfen. "Trotzdem muss aber alles Mögliche getan werden, um die Umwelt zu schützen", sagt er.

Während sich die Balearen-Regierung also noch schwertut mit Handlungsvorgaben, hat die Zentralregierung in Madrid bereits einen "Nationalen Plan zur Anpassung an den Klimawandel" vorgelegt. Darin werden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Playa de Palma als "kritisch" bezeichnet. Sieben bis 14 Meter Strand könnten hier durch das bis 2057 um voraussichtlich 15 Zentimeter steigende Meer verloren gehen. Der Plan sieht darum die jährliche Aufschüttung der Playa de Palma mit Sand vor. Noch besorgniserregender sind die Folgen, die durch eine Veränderung der Wellenstärke und -richtung verursacht werden könnten, die der Bericht prognostiziert: "Um 128 Meter könnte sich die Küste der Bahía de Palma ins Landesinnere verschieben", heißt es in dem Bericht wortwörtlich. "Das wäre ja der Wahnsinn", staunt Magdalena Estrany.

Trotz solcher Prognosen will man sich beim Konsortium für die Reform der Playa de Palma noch nicht festlegen: Bevor man genau planen könne, wie das Großprojekt dem Klimawandel angepasst werden muss, sei eine Studie nötig, die man beim Forschungsinstitut Imedea beantragt habe, so eine Sprecherin. "Wie soll man einen neuen Paseo Marítimo planen, wenn man nicht weiß, wie stark das Meer steigen wird?", fragt sie. Der Studie aus Madrid lägen keine lokalen Daten zugrunde, also seien die Ergebnisse nicht wirklich brauchbar - eine Auffassung, der Agustí Jansà widerspricht. Der Leiter des Meteorologischen Zentrums der Balearen betont: "Der Klimawandel ist ein globales Phänomen. Man kann ihn nicht auf lokaler Ebene analysieren, sondern nur, wenn man weltweite Faktoren im Blick hat." Für die Balearen lägen außerdem bereits zahlreiche Studien über die Folgen des Klimawandels vor.