Viele Straßen und Gassen in Valldemossa sind hübsch geschmückt und aufwändig bepflanzt. | Melike Yasaroglu

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Eigentlich ist es ein Skandal, wenn man zugeben muss: "Ich lebe seit vier Jahren auf Mallorca, aber war noch nie in Valldemossa." Doch die Autorin dieser Zeilen nahm nicht nur die Schande auf sich, sondern war fest entschlossen, diese nicht auf sich sitzen zu lassen. Also geht es auf zu dem Erstbesuch in Valldemossa – mitten im mallorquinischen Hochsommer.

Wer Resident ist, meidet erfahrungsgemäß vor allem zwischen Anfang April und Ende Oktober Orte, an denen sich viele Urlauber aufhalten. Das fußt nicht auf Antipathie, es ist vielmehr eine weise Voraussicht und man hat wenig Lust auf überfüllte Strände und Einkaufsstraßen in der schwülen Hitze. Doch wenn aus Deutschland die Familie oder Freunde zu Besuch sind, mutiert man unfreiwillig zum Fremdenführer. So kam auch die MM-Redakteurin in den Genuss, einmal Touristin in dem beschaulichen Berg-dorf Valldemossa zu sein. Doch, und das ist das Besondere, mit der Erfahrung einer Residentin.

Deshalb ging die Tour von Palma aus um 9 Uhr morgens los. Bei der Ankunft um kurz vor halb 10 Uhr war die Parkplatzsuche so einfach, dass man sogar noch einen Schattenplatz ergattern konnte. Ganz zaghaft erwachte das Dorf aus seinem Schlaf, gerade war noch die Straßenreinigung mit ihren surrenden Wagen unterwegs, die Stühle und Tische der Restaurant-Terrassen wurden erst nach draußen getragen, aufgebaut und abgewischt.

Dass die Kartause und das Chopin-Museum zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Ortes gehören, ist bekannt. Doch was gab es noch zu entdecken? Die Besucherinnen begeben sich in einen der wenigen bereits geöffneten Souvenirladen und fragen nach kostenlosen Erlebnissen in dem Tramuntana-Dorf. Die Antwort ist zuerst ein schallendes Lachen. Dann folgt die Erklärung: "Wir sind auf Mallorca, meine Liebe. Hier ist nichts umsonst!", entgegnet die Einheimische auf Katalanisch.

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Damit lässt sich die MM-Autorin nicht abspeisen. So führt die kostenlose Valldemossa-Tour zuerst durch die Jardines Rey Juan Carlos. Diese sind aber nicht nur Gärten, sondern zugleich eine Skulpturenmeile. Doch die Besucher scheint das wenig zu interessieren. Vielmehr scheint es ihnen wichtig zu sein, das schönste, möglichst perfekte Foto für Facebook und Instagram zu machen. Kein Wunder also, dass man alle paar Meter Zeuge wird, wie die immergleichen Posen aufgenommen werden.

valldemossa
Idyllisch und morgens noch ziemlich verschlafen ist das Bergdorf Valldemossa.

Danach geht es weiter in die katholische Kirche San Bartolomé, wohin sich augenscheinlich kaum ein Urlauber verirrt. Beim Schlendern durch die morgendliche Ruhe der hübschen Gassen kann man einen Blick in pittoreske Innenhöfe werfen. Wie sehr die Welt hier noch in Ordnung ist – trotz der Touristenströme, die langsam die Straßen füllen – erkennt man vor einer Haustür: In einem großen Weidenkorb werden einheimische Zitronen aus eigener Anzucht in Bio-Qualität angeboten, dabei ist die Bezahlung unbewacht und auf Vertrauensbasis.

Der Familienbesuch aus Deutschland staunt und fotografiert, was das Zeug hält. "Wann machen wir denn endlich eine Pause?", ertönt es bald von hinten. Um den Füßen endlich ein wenig Ruhe zu gönnen, geht es zurück ins Herz des Ortes, an die Plaça Cartoixa. Ein kritischer Blick auf die Aufmachung eines Cafés verrät, welche Betriebe Touristenfallen sind und höchstwahrscheinlich Wucherpreise verlangen.

So fällt die Entscheidung auf die eher schlichte Bar Ca’n Molinas. Schnell muss der Besuch aus Deutschland noch ermahnt werden, keinen überteuerten Cappuccino zu bestellen, sondern sich für einen Café con leche zu entscheiden, der dem italienischen Klassiker in Nichts nachsteht und nur die Hälfte kostet. Dazu noch eine traditionelle Coca de Patata, die einem deutschen, gezuckerten Milchbrötchen nahekommt. Zugegebenermaßen: Schön, sich als Resident einmal kurz wie ein Urlauber fühlen zu können.