Bilder wie aus einer anderen Zeit: Gewaltige Holzfässer säumen die Wände, Kupfergeschirr hängt hinter dem Tresen, im Ofen brutzelt auch an einem warmen Frühlingstag ein deftiges Spanferkel. Die Cellers in Inca sind ein Stück Kulturerbe aus der Weinbaugeschichte der Gemeinde in der Inselmitte.
Wo ursprünglich Wein gekeltert und bei konstanten Temperaturen gelagert wurde, entstanden mit der Zeit Schankwirtschaften im urigen Stil einer Taverne. "Die Tradition reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Zu Glanzzeiten waren über 100 Cellers zu verzeichnen. Verfeindete Clans sorgten im 14. und 15. Jahrhundert zeitweise für Mord und Totschlag", sagt Historiker Miquel Pieras, der interessierte Bürger einmal im Jahr in katalanischer Sprache durch das Marktstädtchen führt und dabei auch einige der ehemaligen Standorte zeigt. Nur noch fünf der Kellerlokale locken bis heute zum Schmaus zwischen alten Pressen und Fermentierbecken, nachdem die Reblausplage im 19. Jahrhundert der Rolle Incas als Weinbauhochburg ein Ende bereitet hatte. Die Weine der einzigen um die Jahrtausendwende wiedergegründeten lokalen Bodega Son Bordils sind natürlich in den Cellers erhältlich. "Früher kamen die Leute, um einen Krug Wein abfüllen zu lassen und mit nach Hause zu nehmen. Oft setzte man sich unter Freunden und Bekannten dann noch zu einer kleinen Brotzeit zusammen", sagt Miquel Pieras.
Inzwischen ist die Kost reichhaltiger geworden: "Zu unseren Spezialitäten gehört mit Sobrassada-Wurst und Auberginen gefüllte Schweinshaxe", sagt Bernardino Matemalas vom Celler Can Marrón, in dem ein Hauptgericht um die 13 Euro kostet. Etwa 30 Euro werden für eine vollwertige Mahlzeit mit Wein fällig.
Sein Bruder Paco Matemalas im Celler Can Lau ist einen Tick preiswerter und verlangt pro Person insgesamt etwa 20 Euro. Spanferkel sowie die Kartoffelpfanne Frito Mallorquín mit Lamm, Sepia-Tintenfisch oder Innereien (ab 7,50 Euro) sind mit die gefragtesten Gerichte. Als Konkurrenten sehen sich die Brüder übrigens nicht: "Wir verstehen uns bestens. Je mehr Gastronomie, desto besser läuft das Geschäft", meint jedenfalls Bernardino Matemalas.
Auf "Frito Mallorquín" setzt auch Küchenchef Toni Rigo, der seit 31 Jahren im Celler Can Ripoll am Herd steht. "Vom 9. bis 17. April haben wir das Gericht mit besonders reichhaltigen Schlachtzutaten im Angebot", sagt der Koch. Während abends stets à la carte gegessen wird, gibt es unter der Woche auch ein Mittagsmenü zum Preis von 11,95 Euro (zuzüglich Getränke). Can Ripoll verfügt zudem über einen kleinen Gastgarten.
Ähnliches gibt es bei Antonio Gutierrez Onieva im Celler Sa Travessa für 10,99 Euro inklusive Wein. Der gebürtige Andalusier ist in Inca aufgewachsen und beherrscht Inselspezialitäten wie Lammschulter, Stockfisch (Bacalao) oder Schweine-rücken mit Kohl (Lomo con col) aus dem Effeff.
Das wohl bekannteste Kellerlokal der Stadt ist unterdessen wohl der Celler Can Amer. Eine Reservierung ist nicht nur am Wochenende empfehlenswert, da das Lokal auch von Reisegruppen per Bus angesteuert wird. Inhaber Tomeu Torrens und Seniorchefin Antonia Cantallops empfehlen unter anderem die mit Sobrassada und Auberginen gefüllten Lammschulterrouladen. Das Gericht wird über mehrere Stunden hinweg von beiden Seiten gegart. Inklusive Wein kommt man für eine Mahlzeit etwa auf 35 Euro pro Person. Das Vier-Gänge-Tagesmenü (zuzüglich Wein und Mehrwertsteuer) kostet 24 Euro.
Zwar werden die Cellers in den meisten Monaten des Jahres vor allem vom einheimischen Publikum geschätzt und haben teilweise im Juni und Juli einige Wochen Betriebsferien. Dennoch sieht Kulturstadtrat und Vizebürgermeister Antoni Rodríguez auch Fremdenverkehrspotenzial in den urigen Tavernen. "Wir können hier nicht mit Strand und Sonne glänzen, aber die Altstadt von Inca ist nicht nur kulinarisch einen Besuch wert", sagt der Politiker der grünregionalen Partei Més. Die historischen Routen durch die Stadt, die etwa zehnmal im Jahr stattfinden und 50 bis 80 Bürger zusammenbringen, wurden unter seiner Regie in Form von Broschüren dokumentiert. "Unser Ziel ist es, diese Inhalte auch in Sprachen wie Deutsch und Englisch zu übersetzen und bei den Inselgästen bekannter zu machen", erklärt der Stadtrat. Bei Palmesanern ist diese Werbung nicht unbedingt notwendig: Viele Familien pflegen den Brauch, mindesten einmal im Jahr an einem Sonntag zum Mittagessen nach Inca zu fahren.
Das einzige Fass, das über Dekorationszwecke hinaus zum Zapfen von Hauswein verwendet wird, befindet sich übrigens im Celler Can Ripoll. Praktisch ist das nicht unbedingt. Um das 300 Jahre alte Stück zu reinigen, muss ein Mitarbeiter über das kleine Guckloch nach innen klettern.
ADRESSEN:
Celler Can Amer: C/. Pau 39, Tel. 971 50 12 61, SO abends geschlossen.
Celler Can Lau: C/. del Roser 5, Tel. 971 50 62 89, SO abends und MO geschlossen.
Celler Can Marron: C/. Rector Rayo 7, Tel. 971 50 41 60, SO geschlossen.
Celler Can Ripoll: C/. Jaume Armengol, 4, Tel. 971 50 00 24, SO abends geschlossen.
Celler Sa Travessa: C/. Murta, 16, Tel. 971 50 00 49, FR geschlossen.
(aus MM 11/2017)
1 Kommentar
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Tolle Sache! Doch wie kommt man Heim? Von den Urlaubsorten ist die Stadt nur mit dem Auto zu erreichen und ein Essen ohne Wein ist nur halb so schön.