Wenn um 6.45 Uhr die Führung für Neugierige beginnt, ist in Palmas Fischbörse der Handelstag schon fast abgeschlossen. Zeit genug für einen Blick auf die letzten Kisten mit Schwertfisch, Seeteufel oder Roten Gambas bleibt trotzdem. Dank Mallorcas Gastro-Verband können Außenstehende nun erstmals den Weg des Fangs vom Fischerboot bis in Küchen und Restaurants miterleben.
Möglich macht es eine von drei neu eingerichteten gastronomischen Routen für Touristen und Gourmets. Die Fisch-Tour "Ruta del Pescado" führt vom Paseo del Borne zur Fischbörse auf der Alten Mole gegenüber der Kathedrale und weiter in die ehemaligen Fischerviertel Santa Catalina und Lonja.
"Wir verkaufen hier jeden Tag mehr als zehn Tonnen Fisch", sagt Bernat Bonet von der Organisation OP Mallorca Mar, in der sich knapp 200 Berufsfischer zusammen geschlossen haben, um die Fischbörse zu betreiben. Während es bis vor einigen Jahren ein Monopol für Großhändler gab, sind mittlerweile auch Einzelhändler und Gastronomen zugelassen.
"Es ist aber nicht jedermanns Sache, bis Mitternacht im Restaurant zu stehen und um 5 Uhr morgens selbst die Ware einzukaufen", meint Pilar Carbonell vom Gastro-Verband, die die Besichtigungstouren initiiert hat. Sie selbst bezieht frischen Fisch für ihr Restaurant lieber von einem Händler ihres Vertrauens im Olivar-Markt.
Die digitale Auktion in der Fischbörse ist zwar einfacher als vor dem Jahr 2003 - damals riefen noch 50 Marktfrauen die Preise aus -, aber dennoch eher etwas für Händler als für kleine Gastronomen.
Geboten wird auf holländische Art mit sinkenden Kursen und einem elektronischen Piepser. Größte Schwierigkeit ist der Überraschungseffekt bei den Fischsorten, die bewusst durcheinander gewürfelt werden, statt sie nacheinander aufs Band zu legen. Auch die angelieferten Mengen bleiben geheim. Margen von 100 Prozent und mehr für die Weiterverkäufer sind deswegen keine Seltenheit.
Man kann aber auch Pech haben: Die letzte Kiste mit extragroßen Roten Gambas aus Sóller wird in der Fischbörse am Dienstagmorgen für 40 Euro das Kilo gehandelt, ist eine halbe Stunde später aber schon für 60 Euro im Santa-Catalina-Markt zu haben. "Es gibt zurzeit sehr viele", sagt die dortige Händlerin etwas enttäuscht.
Wehe, wenn ein Teil der sonst sehr begehrten Ware liegen bleiben sollte. Die restliche Lieferung mit Seeteufeln, Drachenköpfen oder den ersten Llampugas der Saison hat vor der Eröffnung der Stände um 9 Uhr noch nicht einmal einen Preis, auch nicht auf persönliche Nachfrage. "Da muss ich mir erstmal den Lieferschein genau anschauen", so die unverbindliche Auskunft.
Klar geregelte Höchstpreise, die in der bis 1518 zurückreichenden Markttradition der Stadt anfangs von einem Aufseher mit dem arabischen Namen "Mostassaf" festgelegt wurden, gibt es heute nicht mehr. Dafür aber jede Menge Fischerromantik in den morgens noch menschenleeren Straßen.
Es ist erst einige Jahrzehnte her, dass in Santa Catalina noch Boote repariert und Netze geflickt wurden. Wer mehr Fakten und Seemannsgarn hören will, sollte sich zu einer der Führungen anmelden, die auch auf Deutsch stattfinden.
Das ist nicht nur etwas für Frühaufsteher: Um 12 Uhr gibt es eine Route mit mallorquinischen Häppchen und ab 9 Uhr eine Ensaimada-Tour durch Backstuben und Bäckereien, die unter anderem von Ruheständler Miquel Pujol aus dem legendären, aber mittlerweile geschlossenen Forn Can Miquel bestritten wird.
FISCH, TAPAS ODER ENSAIMADAS
Alle drei Gastro-Routen sind in deutscher Sprache buchbar.
Die Fisch-Tour beginnt um 6.45 Uhr, die Ensaimada-Route um 9 Uhr und eine Tour mit Tapas um 12 Uhr.
Zeitrahmen: jeweils zwei Stunden und 15 Minuten mit Imbiss.
Die Fisch-Route (20 Euro) führt in die Bar Marítimo und ins Restaurant BLD.
Tapas (20 Euro) gibt es in der Bar España im Olivar-Markt und im La Tasca de Blanquerna.
Die Ensaimada-Tour (17 Euro) umfasst Backstuben und ein Frühstück im Café Can Joan S’Aigo.
Anmeldung in den Hotels sowie unter Tel. 971-713348 oder www.restauracio.org
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