Eine außergewöhnliche Ausstellung zeigt die Fundació Miró Mallorca in Palmas Vorort Cala Major. Präsentiert werden fast ausschließlich Werke aus der eigenen Sammlung, viele davon sind unvollendet. „Miró, 1983“ lautet ihr schlichter Titel, der auf das Todesjahr des katalanischen Jahrhundertkünstlers verweist. Gewählt hat ihn Enrique Juncosa, Schriftsteller, Kunstkritiker und Kurator, ehemals Direktor des Irish Museum of Modern Art, zuvor stellvertretender Leiter des Instituto Valenciano de Arte Moderno und des Reina Sofía in Madrid, außerdem Vorstandsmitglied der Stiftung Miró und Großneffe von Mirós Gattin Pilar Juncosa.
Just diese personifizierte Kompetenz in Sachen Kunst und Miró sagt: „Es war nicht einfach, diese Ausstellung zu machen.” Was er damit meint: Der Künstler stiftete den bedeutendsten Teil seiner Werke der Fundació Miró in Barcelona. Über die Sammlung in Cala Major teilt Juncosa dagegen mit: „Die Bilder sind quasi alle unvollendet, und es gibt einen erheblichen Teil an vorbereiteten Zeichnungen.”
Eben diese Werke machen den Großteil der 141 Exponate aus: Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Grafiken, illustrierte Bücher, die Miró ab den 1960er Jahren bis kurz vor seinem Tod schuf, nicht zu vergessen seine letzten beiden Keramikarbeiten, die in Zusammenarbeit mit dem deutschen Keramiker Hans Spinner entstanden. All diese Stücke geben Einblick in die letzte Phase von Mirós künstlerischer Entwicklung. Der Schau liege „die Idee einer Zeitkapsel” zugrunde, erklärt Juncosa seinen Ansatz, zu zeigen, woran der Künstler, der mit 90 Jahren starb und noch bis 88 aktiv war, bis zum Schluss arbeitete.
Die Ausstellung ist entlang dreier Achsen strukturiert: fertige Werke, die mit einem schwarzen Punkt gekennzeichnet sind, unfertige Werke, markiert mit einem weißen Punkt, und Werke, von denen man nicht weiß, ob sie fertiggestellt wurden oder nicht. Ihre Beschriftungsschilder enthalten Punkte, die halb weiß, halb schwarz sind.
Der Rundgang beginnt mit „Personnage, oiseaux” aus dem Jahr 1976, eine Collage aus Sandpapier, Holz und Nägeln. Für Juncosa ist sie das bedeutendste Stück der Sammlung. „Es hat keine Ähnlichkeit mit Mirós Gemälden, sondern ist mit seinen frühen Konstruktionen verwandt”, konstatiert er und fügt hinzu: „Es scheint, dass es irrtümlich in Palma blieb, weil es etwas anders und ungerahmt ist und versteckt war zwischen Papierarbeiten.”
Zu sehen sind auch zwölf Monotypien, die so gar nicht der bekannten Miró’schen Bildsprache entsprechen. „Ich fand sie interessant, weil sie sehr experimentell aussehen und Miró sie noch im Alter von 88 Jahren machte”, erklärt Juncosa. Das Problem: Weil sie nicht signiert sind, ist ihre Ausrichtung nicht bekannt. „In dieser Epoche malte er viele Personen, und in den Werken tauchen einige Formen auf, die wie Köpfe aussehen”, begründet der Kurator, warum er sie vertikal hängte.
Der Reiz des Unvollendeten besteht vor allem darin, in unterschiedlichen Variationen den Schaffensprozess Mirós bis zum fertigen Werk beobachten und nachvollziehen zu können. Der Rundgang endet mit vollendeten Werken des Künstlers. Die allerdings stammen aus der Sammlung der Nachfahren des Künstlers. Die Ausstellung dauert bis 31. Dezember 2025. (mb)
Infos über Eintrittspreise und Öffnungszeiten: miromallorca.com.
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